Review: Terry Gilliam hat Christoph Waltz für “The Zero Theorem” den Kopf rasiert

Christoph Waltz als Qohen Leth mit Existenzängsten in Terry Gilliams

Christoph Waltz als Qohen Leth mit Existenzängsten in Terry Gilliams “The Zero Theorem” / © Concorde

Was hat sich Terry Gilliam nur bei diesem Titel gedacht? Wer soll denn bitteschön The Zero Theorem aussprechen ohne dabei einem spontanen Anfall von Lispeln zu erliegen? Vermutlich führt es ohnehin nur dazu, dass der Film des Monty Python Mitglieds hierzulande viele unterschiedliche Titel bekommt, variierend je nach Aussprache. Ebenso verrückt wie der Titel ist der Film selbst. Man verliert sich in einer Handlung, in der eine Formel gefunden werden soll, mit der der Beweis erbracht werden kann, dass das Leben keine tiefere Bedeutung besitzt.

So etwas wird in den Händen Gilliams natürlich zu einer skurrilen Zukunftsdystopie. Gilliam, Regisseur von Sci-Fi Filmen wie Brazil und 12 Monkeys, beherrscht die surrealen Trips in eine ferne Zukunft, in der es mal bunt (Brazil), mal äußerst depressiv (12 Monkeys) zugeht, immer aber mehr als nur einer Prise Gesellschaftskritik geübt wird. So kommt nun auch The Zero Theorem daher, der dennoch ein flaues Gefühl von Langeweile im Magen aufkommen lässt. Gilliam arbeitet scheinbar mit Maulkorb umgeschnürt, kann den Biss seiner bisherigen Sci-Fi Werke nicht beibehalten.

Das entspringt allerdings meiner eigenen Sicht auf die Filme von Terry Gilliam: Im Sci-Fi, trotz Trubel und Jubel um Brazil und 12 Monkey, konnte mich Gilliam bisher nur wenig überzeugen, während er bei mir die Begeisterung durch seine tagträumerischen Fantasiewerke wie Tideland oder Das Kabinett des Dr. Parnassus beflügelt hat. Davon ist hier nun einmal nichts mehr zu spüren. Hier wirkt alles formschön verpackt, als hätte man Gilliam an die Studioleine gelegt.

Immer großartig: Tilda Swinton als Psychiaterin Dr. Shrink-ROM

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Natürlich darf er seinen Hauptdarsteller Christoph Waltz kahlgeschoren mitsamt der Augenbrauen durch eine bunte Werbewelt wandern lassen, die gar nicht so sehr Zukunft sein soll, als ein in die Zukunft übertragenes Bild unserer gegenwärtigen sogenannten digitalen Revolution. Das geht auch schöner, selbst im Direktvergleich innerhalb des Films. Einmal sitzt Christoph Waltz auf einer Parkbank an einem Spielplatz, hinter ihm ragt eine gigantische Wand empor, geschmückt mit zahlreichen abstrusen Verbotsschildern. Für die Gesamtentfaltung dieser Szenerie wird man den Film für Daheim benötigen, wo hier einmal die Pausetaste betätigt werden darf, um den ganzen Witz zu Gesicht zu bekommen.

Es sind nun einmal solche Kleinigkeiten, die wirksamer sind als die großen, unmissverständlichen Anprangerungen, quasi der Zaunpfahl, der direkt vor der Kamera aufgestellt wird. Es könnte auch schlicht daran liegen, dass es das Drehbuchdebüt von Pat Rushin ist, einem Dozenten für kreatives Schreiben an der Universität von Central Florida. Dozieren und tatsächlich ein filmreifes Drehbuch fabrizieren sind dann wohl doch gänzlich andere Welten.

So ganz möchte hier auch der Funke von Christoph Waltz nicht auf uns überspringen. Irgendwie erscheint er fehl am Platz im Gilliamschen Universum mitsamt seinen schwarzen Löchern, in die Qohen Leth (Waltz) immerzu hinein schaut. Die große Leere ist was ihn kümmert und interessiert, er ist immerhin dafür verantwortlich das Zero Theorem zu finden, besagte Formel die beweisen soll, dass das Leben keinen Sinn hat. Qohen spricht von sich selbst stets in der königlichen Wir-Form, leidet unter Existenzängsten – kein Wunder für einen Mann, der den Unsinn des Lebens beweisen soll – und wartet auf einen Anruf, der ihm Antworten auf all seine Lebensfragen geben soll. Dieser seelisch gebrochene Zustand sorgt immerhin für einen grandiosen Auftritt Tilda Swintons als digitale Psychiaterin Dr. Shrink-ROM, scheinbar geradezu ihrem fantastischen Spiel in Snowpiercer entliehen.

Qohen Leth wünscht sich, sich mal anders zu fühlen. Einzigartig zu sein. Das trifft zumindest auf den Film an sich zu. Das dabei allerdings nur Kleinigkeiten hervorstechen und Gilliam nach vier Jahren Abstinenz nicht mehr zu bieten hat, wirkt sich eher enttäuschend auf die Erwartung aus, die man nur zu gerne mit diesem Regisseur verknüpft.

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