Fakten:Sture Böcke (Hrútar)IS, 2015. Regie & Buch: Grimur Hákonarson. Mit: Sigurður Sigurjónsson, Theodór Júlíusson, Charlotte Bøving, Jon Benonysson, Gunnar Jónsson, Þorleifur Einarsson, Sveinn Ólafur Gunnarsson u.a. Länge: 93 Minuten. FSK: Freigegeben ab 6 Jahren. Im Kino.
Story:Die kleine Gemeinde rund um die zerstrittenen Brüder Gummi und Kiddi beschäftigt eigentlich nur eines – ihre Schafe. Ihr ganzes Leben widmen sie der Aufzucht und Pflege ihrer geliebten Tiere, als jedoch eine unheilbare Krankheit die Herde befällt, müssen sich die verfeindeten Brüder zusammenschließen um ihre Schafe zu retten.
Wer hat den schönsten Bock?
Lange Bärte, wilde Frisuren, auf eine passende Weise hässlich selbstgestrickte Pullover und alte Männer, die mit ihren Händen prüfend auf den Rücken und Füßen ihrer Schafe herumtasten. Das sind die ersten Eindrücke, die der Zuschauer von den eigensinnigen Figuren des Films bekommt. Ihre Lebensweise mag vielen verschroben vorkommen, Existenzgrundlage und Objekt einer unvergleichlichen Liebe sind ihre Schafe, die sie auf eine elterliche Weise verehren. Doch das ist nicht das einzige was sie auszeichnet, ihre langsame Lebensweise ist geprägt von einer simplen und geradlinigen Emotionalität, einer Liebe zu den Mitmenschen und einem Drang füreinander zu sorgen. Der Kameramann Sturla Brandth Grovlen (völlig zu Recht für seine Kameraarbeit in „Victoria“ gefeiert) schafft es dieses Lebensgefühl in seinen Bildern einzufangen, langsame und kühle Einstellungen in denen jedoch eine Spur von Wärme und Geborgenheit schlummert. Die majestätischen Landschaftsaufnahmen stehen im Kontrast zu den plump auftretenden Figuren und sorgen dadurch für eine herrliche Ambivalenz. Es sind auch die simpel gestrickten Charaktere, die in ihrem Verhalten immer wieder für Lacher, die unfreiwillig komisch anmuten, jedoch vom Regisseur genau so beabsichtigt waren. Ein tragisch-komischer Blick hinter die Fassade in der vor allem eines, nämlich die Menschlichkeit, nie zu kurz kommt.Arschkalt, aber die Aussicht passt!
Man muss jedoch auch den deutschen Verleih loben, denn der sorgte mit dem deutschen Titel „Sture Böcke“ für einen auf doppeldeutige Weise herrlich amüsanten und aussagekräftigen Titel. Sind damit etwa die über alles geliebten Schafe (in der männlichen Version: Bock) oder doch die verfeindeten und sturen Brüder gemeint? In nur zwei Wörtern gelingt es dem Titel den Inhalt des Films perfekt zusammenzufassen und somit schon vieles vorweg zu geben. Die arge Vorhersehbarkeit der Geschichte tut dem Film aber keinen Abbruch, denn dass die beiden verfeindeten Brüder wieder zueinander finden steht schon zu Beginn außer Zweifel. Vielmehr ist das 'wie' entscheidend und das löst Regisseur Hakornarson äußert geschickt. Es ist die Liebe zu den Schafen, die sie auf den oberflächlichen Blick verbindet und letztlich auch zusammenführt. Erst in dieser Verbundenheit erkennen die Beiden, dass ihr Leben mehr zu bieten hat als nur die Aufzucht von Schafen und dass es wichtigeres gibt als diese zu schützen. Wenn die Schafe letztlich im Schneesturm verschwinden ist das sinnbildlich für das Loslassen der alten Feindschaft und schließt damit beide Handlungsstränge zufriedenstellend ab.„Sture Böcke“ ist sicherlich kein Film für Jedermann, denn man muss gewillt sein sich auf die langsame und spannungsarme Erzählstruktur einzulassen und sich in den kühl distanzierten Bildern zu verlieren. Wer das jedoch schafft, bekommt ein emotional zurückgefahrenes, aber genau deshalb so mitreißendes, Stück Geschwisterliebe und einen einzigartigen Einblick in die grün-nasse Welt Islands.
7 von 10 Fahrten in einer Baggerschaufel