Review: STAND BY ME - DAS GEHEIMNIS EINES SOMMERS - Eine Ode an die Freundschaft

Review: STAND BY ME - DAS GEHEIMNIS EINES SOMMERS - Eine Ode an die Freundschaft
Fakten: Stand by Me – Das Geheimnis eines Sommers (Stand by Me)USA, 1986. Regie: Rob Reiner. Buch: Raynold Gideon, Bruce A. Evans, Stephen King (Vorlage). Mit: Wil Wheaton, River Phoenix, Corey Feldman, Jerry O’Connell, Kiefer Sutherland, Casey Siemaszko, Gary Riley, Bradley Gregg, Jason Oliver, Richard Dreyfuss, Marshall Bell, Frances Lee McCain, John Cusack u.a. Länge: 85 Minuten. FSK: Freigegeben ab 6 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.
Story:Im Sommer 1959 brechen vier 12jährige Jungs in ein großes Abenteuer auf. Gordie, Chris, Teddy und Vern wollen die Leiche eines vermissten Jungen finden, die angeblich einige Meilen entfernt an einem See liegen soll. Auf dem Weg dahin teilen sie Freud und Leid, flüchten vor bissigen Schrottplatzkötern, liefern sich ein Wettrennen mit einem Zug und überstehen einen hinterhältigen Blutegelangriff. Doch vor allem merken sie, wie unbezahlbar echte Freundschaft ist.

Meinung:„Ich hatte niemals wieder solche Freunde wie damals, als ich zwölf war. Aber bei Gott, wer hat die schon?“
Filme aus der eigenen Jugendzeit sieht man in der Regel mit anderen Augen. Sie haben einen in jungen Jahren geprägt, zum Lachen, Weinen oder Staunen gebracht. Unzählige Male hat man sie gesehen, an einigen auch sattgesehen. Sich Jahre oder gar Jahrzehnte später wieder an sie ran zu wagen, kann zu herber Ernüchterung führen. Den Film fand man wirklich mal gut? Immer gefährlich so was, aber das gehört nun mal zum Leben, zum Erwachsenwerden dazu. Doch manchmal gibt es sie noch: Diese Filme, die mit einem zusammen erwachsen werden. Egal in welchem Alter, sie erzeugen immer wieder die gleichen Gefühle in dir. Man selbst ist älter geworden, natürlich haben sich der Geschmack, die Wahrnehmung und auch die Perspektive verändert, während der Film selbstverständlich noch derselbe ist. Dennoch funktionieren sie, da sie einerseits das Kind in dir wieder wecken, andererseits eine altersunabhängige Botschaft vermitteln, die nie etwas von ihrer Relevanz einbüßen wird. Diese Filme erlauben einen Blick auf sie aus den Augen eines Kindes wie eines Erwachsenen, für die Einen auf Augenhöhe, für die Anderen mit der Erinnerung an die eigene Jugend im Herzen, beides in nahezu gleicher Qualität. Selten, dann dafür besonders schön.

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Dabei ist es keine Schreckschusspistole...

„Stand by Me“ ist so ein besonderes Exemplar. Rob Reiner macht aus Stephen King’s ordentlichen, wenn auch nicht ernsthaft bemerkenswerten Kurzgeschichte „Die Leiche“ eine Ode an die Freundschaft. Vier Jungs auf ihrer letzten gemeinsamen Reise, bevor der Sommer und auch ihre innige Gemeinschaft sich dem Ende neigen. Man wird sich auseinanderleben, wie es so oft und leider unvermeidlich ist. Freundschaften kommen und gehen, selbst die engsten Beziehungen überstehen nicht zwangsläufig die ganz normalen Gabelungen auf dem Weg zum Erwachsenendasein. Das ahnen sie bereits, zumindest einige von ihnen, doch dieses Abenteuer lassen sie sich nicht nehmen. Es wird für sie eine unvergessliche Erfahrung. Sie lernen füreinander da zu sein, sich Herausforderungen zu stellen und das oft der Weg das Ziel ist. Ihre Expedition ist, auch wenn es ihnen vielleicht nicht vordergründig bewusst sein mag, nicht nur eine reine Spaßveranstaltung. Eigentlich ist es auch eine Flucht. Aus ihrem Alltag, in dem es nicht nur die unbeschwerten Momente im Baumhaus gibt. Jeder von ihnen (vielleicht mit Ausnahme des naiven Vern) hat daheim einen schwierigen Stand, aus ganz unterschiedlichen Gründen. Nur in ihrer Gruppe können sie diese Sorgen hinter sich lassen, den kranken Vater in der Klapse oder den toten Bruder, dessen Geist wie eine tonnenschwere Bürde auf einem lastet und zum „Unsichtbaren“ werden ließ. Diese Last schleppen sie mit sich rum, über die verbotenen Schrottplätze und die gefährlichen Bahntrassen im beschaulichen Maine, wie einen bösen Fluch, der niemals gänzlich verschwinden wird, aber durch dieses Erlebnis zumindest geteilt und für den Moment nicht so wichtig erscheint.

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Vern, der Mann mit dem Plan.

Reiner - der vier Jahre später mit „Misery“ eine weiter gelungene King-Adaption abliefern sollte - lässt den Zuschauer von 8 bis 88 so nah ran an seine Figuren, dass sie einem zwangsläufig ans Herz wachsen und verstanden werden, unabhängig vom jeweiligen Lebensabschnitt. Wer da nicht mitgeht, kann keine natürliche Kindheit erlebt haben, zumindest schwer glaubhaft. Jeder sollte sich, mindestens zu kleinen Teilen, in einem der Jungs wiedererkennen. „Stand by Me“ ist nicht nur ein wundervoller Film über Freundschaft, Kindheit und die Schwelle zum Erwachsenwerden, er ist fast ein romantisches Relikt. Wäre so eine Geschichte transportiert in die heutige Zeit überhaupt noch vorstellbar? Wohl kaum. Kinder würden nicht für die Hoffnung auf kurzen Ruhm und Anerkennung einen beschwerlichen Fußmarsch auf sich nehmen, sie posten lieber irgendeinen peinlichen Quatsch auf Facebook und zählen die Likes oder rennen zur nächstbesten Castingshow, um sich dort im Rampenlicht zum Affen zu machen. Sie würden sich keine selbstausgedachten Geschichten am Lagerfeuer erzählen, sie würden sich YouTube-Videos auf dem Smartphone anschauen, draußen schon mal ganz und gar nicht, außer sie warten auf den Bus. Das klingt jetzt womöglich nach „früher war alles besser“, nicht unbedingt. Früher war vieles ganz anders und manches davon war gar nicht so verkehrt.
Es macht einfach immer wieder Spaß, dieses Quartett auf ihrem Weg zu begleiten. Damals wäre man am liebsten direkt das fünfte Rad am Wagen gewesen, heute lehnt man sich zurück und genießt einen Film, der das abgenudelte Prädikat „für Jung und Alt“ verdient wie kaum ein zweiter. Ein zeitloser Klassiker seiner Zunft, der „pädagogisch wertvoll“ nicht mit belehrendem Moralgeseusel verwechselt. 
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