Review: SIEBEN VERDAMMT LANGE TAGE - Totenwache mit immensen Gewichtsproblemen

Erstellt am 17. September 2014 von Die Drei Muscheln @DieDreiMuscheln

Fakten:
Sieben verdammt lange Tage (This Is Where I Leave You)
USA. 2014. Regie: Shawn Levy. Buch: Jonathan Tropper (Vorlage). Mit: Jason Bateman, Tina Fey, Corey Stoll, Adam Driver, Jane Fonda, Rose Byrne, Kathryn Hahn, Connie Britton, Timothy Olyphant, Abigail Spencer, Ben Schwartz, Dax Shepard, Debra Monk, Cade Lappin, Aaron Lazar u.a. Länge: 103 Minuten. FSK: freigegeben ab 12 Jahren. Ab 25. September 2014 im Kino.

Story:
Gerade eben noch hat Judd seine Liebste beim Sex mit seinem Chef erwischt, da wartet schon die nächste Hiobsbotschaft auf ihn: sein Dad ist tot. Ein Grund also wieder nach Hause zu fahren, wo bereits seine Mutter und seine Geschwister auf ihn warten. Doch ein Kurzausflug wird es nicht, denn sein Vater verlangte vor seinem Ableben, dass seine Frau und seine Kinder eine 7tägige Totenwache abhandeln sollen. Es werden sieben verdammt lange Tage.


Meinung:
Einen guten Roman für die Leinwand zu adaptieren bringt immer auch eine große Verantwortung mit sich. „Sieben verdammt lange Tage“ von Autor Jonathan Tropper gilt im Allgemeinen als gutes Buch und genau dieses wurde nun von Regisseur Shawn Levy („Nachts im Museum“) zu einem Spielfilm umgewandelt. Wurde aus lesenswerter Literatur nun auch ein sehenswerter Film? Nein, leider nicht.

Und jetzt haben alle gaaaaaanz viel Spaß - yay!

„Sieben verdammt lange Tage“ will viel, aber das wollen ja eigentlich alle Ensemble-Filme. nicht unbedingt durch ihre Geschichte oder Aussage, sondern vielmehr durch die Größe und Prominenz ihrer Besetzungsliste. Letztes Jahr erst gelang Regisseur John Wells mit „August: Osage County“ das Kunststück einen großen Cast, mit einer fast schon kammerspielartigen Inszenierung und wunderbar ausgewogenen Rollen zu vereinen. Davon ist Shawn Levy weit entfernt. Sein „Sieben verdammt lange Tage“ zerbricht an den Ambitionen des Stoffes, obgleich er viele davon erst gar nicht eine Bühne gibt. Der Film versucht die Dispute der Familie Altman aufzubauschen und dann via bulliger Apologie aufzulösen. Das Problem dabei ist allerdings, dass nichts wirklich ins dramaturgisch gekoppelte Kreuzfeuer genommen wird. In „Sieben verdammt lange Tage“ sind Probleme nur da, um gelöst zu werden. Sich ihnen aber mit ausrichtiger Ehrfurcht zu stellen, ohne anbiedernde wie simple Auswegsstrategien zu nutzen, fällt dem Film nie ein. Vielleicht aus mangelnder emotionaler Intelligenz oder aus Furcht das Publikum zu verschrecken. Hoch lebe die Seichtigkeit! Auch wenn „Sieben verdammt lange Tage“ gerne so tut, als ob er gewitzt und clever wäre.

Wendy und Judd im Problembewältigungsmodus

Im Zentrum des Films steht Judd Altman, den Jason Bateman gewohnt solide darstellt, der nicht nur das Fremdgehen seiner Frau, sondern auch den Tod seines Vaters verarbeiten muss. Letzteres muss er nicht alleine durchstehen, denn sieben Tage lang darf/muss er mit seinen Geschwistern sowie seiner Mutter im Elternhaus die jüdische Totenwache abhalten. Da sind Konflikte vorprogrammiert und selbstverständlich haben alle anwesenden Verwandten ihr ganz persönliches Problempäckchen zu tragen, welche nach und nach geöffnet werden. Da wäre die Schwester Wendy (Tina Fey), die mit einem gefühlkalten Workaholic verheiratet ist und eigentlich sei Kindheitstagen in den Nachbarsjungen Horry (Timothy Olyphant) verliebt ist. Bruder Paul (Corey Stoll), dem es nicht gelingt seine Frau Alice (Kathryn Hahn) zu schwängern und der narzisstische Bruder Philip (Adam Driver), der zur Totenwache mit seiner viel älteren Freundin (Connie Britton) erscheint, die dazu seine Therapeutin ist. Dazu kommt dann noch ein Rabbi (Ben Schwartz) der von den Altman-Kinder früher schon immer veralbert wurde und Mutter Altman (Jane Fonda) selbst, die hauptsächlich durch ihre großen Silikonbrüste auffällt. Ein Hort des normalen Wahnsinn also, voller verschiedene Charaktere und deren positiven wie negativen Eigenheit. Eine Konstellation, die jederzeit in Gefahr ist, unter ihrem Eigengewicht in tausend Teile zu zersplittern.

Nicht mal das Baby hat Spaß. Doofe Totenwache

Doch eigentlich scheint sich „Sieben verdammt lange Tage“ zu Beginn nur auf Judd zu konzentrieren und begleitet ihn mit eher müdem Witz durch seine Phase der Leere. Sobald es aber dann zur Totenwache kommt, verknüpft der Film die anderen Altman-Kinder mit der Narration. Bereits dann knirscht es gewaltig bei „Sieben verdammt lange Tage“. Dass dazu dann noch ein Haufen anderer Figuren kommt, die in zig verschiedenen Verbindungen zur Familie stehen, tut dem Film ebenfalls nicht gut. Nicht unbedingt wegen der puren Masse, sondern weil sie inessentiell für die Geschichte bleiben. Ihre Charakteristik ist weder marginal genug, um sie als reine Randnotizen abstempeln zu können, noch umfang- und facettenreich, um sie als ebenbürtige Probanden anzusehen. Autor Jonathan Tropper, der seinen eigenen Roman zum Drehbuch adaptierte, gelingt es nicht sich von Figuren des Romans zu trennen, die in der Belletristik wahrscheinlich einen funktionierenden Platz, bzw Bereich, in der Geschichte haben, im eingeschränkten Medium Film allerdings ungefähr so ergiebig und nützlich sind, wie Zungenküsse in der Quarantänezone. Dass Regisseur Levy das Ganze dazu noch weder spritzig, noch in irgendeiner Art und Weise originär einfängt, macht das Trauerspiel, welches „Sieben verdammt lange Tage“ letztlich ist, dann vollends komplett.

Die süße Nachbarin, Judds einzige Hoffnung

Shawn Levy erliegt darüber hinaus dem Trugschluss, dass jede dramatischen Spitze am besten ein Witz folgen sollte. Doch der Humor von „Sieben verdammt lange Tage“ ist zu anti-klimatisch und unauffällig, zu brav und einbremsend gegenüber der Dramaturgie, die am ehesten als seichte Hausmannskost beschrieben werden kann. Vielleicht liegt es auch gerade deswegen daran, dass die Darsteller meist immer etwas unterfordert wirken. Dabei ist die Besetzung auf dem Papier wirklich großartig und bietet Schauspielern wie der „Star Wars: Episode VII“-Mime Adam Driver (bekannt aus der großartigen Serie „Girls“) und Corey Stoll („House of Cards“) die Möglichkeit auch auf der großen Leinwand einmal ihre darstellerische Präsent unter Beweis zu stellen. Dass Jane Fonda außerdem sich endlich mal wieder die Ehre einer Kinorolle gibt, es natürlich auch ganz wunderbar, obwohl ihre Rolle diejenige ist, die am meisten an einen pseudo-komödiantischen Kontext gebunden ist (ein hoch auf die Plastikbrüste, sowie deren ständiger Präsenz). Es ist schon fast erstaunlich sowie wohltuend, aber es liegt nicht an den Darstellern, dass „Sieben verdammt lange Tage“ nicht funktionieren will, sondern wirklich am Drehbuch sowie Levys staubiger Regie. "Life is complicated", so lautet die wenig überraschende Aussage des Films, aber eigentlich wäre "To make a good ensemble-movie is difficult" die bessere Wahl gewesen.

„Sieben verdammt lange Tage“ scheitert nicht daran, dass er unter seinem Eigengewicht zerbricht, sondern mehr daran, dass er es nicht vermag aus seinen zur Verfügung stehenden Ressourcen mehr zu machen als säuseliges wie langatmiges Problembewältigungskino ohne Ehrgeiz, Courage und Esprit. „Im August in Osage County“ bietet da filmisch wahrlich die weitaus bessere Alternative. Oder einfach den Roman lesen, der ja angeblich sehr lesenswert sein soll, auch wenn der Film zum Buch dies nicht ansatzweise vermuten lässt.

2,5 von 10 Cindy Lauper-Songs