Fakten:
Sicario
USA, 2015. Regie: Denis Villeneuve. Buch: Taylor Sheridan. Mit: Emily Blunt, Benicio del Toro, Josh Brolin, Jon Bernthal, Victor Garber, Daniel Kaluuya u.a. Länge: 121 Minuten. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. Im Kino.
Story:
Kate Macer arbeitet in Arizona für ein SWAT-Team, das sich auf Entführungen spezialisiert hat. Nach einem erfolgreichen Einsatz, bei dem jedoch unglücklicherweise zwei Kollegen ums Leben kamen, wird sie von Matt für einen geheimen Auftrag angeheuert. Zusammen mit dem Experten Alejandro sollen sie einen mexikanischen Drogenboss und Leiter eines Kartells aufspüren und verhaften. Ein actiongeladener Kampf zwischen den Grenzen der USA und Mexiko bricht aus und Kate wird immer mehr in einen Sumpf aus Korruption und Gewalt gesogen.
Meinung:
Spätestens seit „Breaking Bad“ erfreuen sich Filme mit, über und gegen Drogenkartelle steigender Beliebtheit. In den vergangenen Jahren haben wir dabei die unterschiedlichsten Blickwinkel und Herangehensweisen an diese Thematik bekommen, mit „Sicario“ liefert uns Denis Villeneuve jetzt eine möglichst authentische Darstellung aus der Sicht einer amerikanischen Agentin.
Alejandro ist ein echter Wolf
Villeneuve weiß einfach, wie man Filme inszeniert. Das hat der Kanadier in den letzten Jahren schon mehrmals bewiesen und tut es mit „Sicario“ erneut. Er weiß genau wo er die Kamera hinstellen, wann er schneiden und wie er den Sound aufdrehen muss. Er hat ein Gespür für die richtige Atmosphäre und ein Auge für Dynamik, aber vor allem versteht er sich darauf all diese Elemente zu verbinden um damit langsam Spannung aufzubauen und diese anschließend in einem intensiven Moment auf den Zuschauer zu entladen. Gleich zu Beginn präsentiert uns der Film dabei eine großartige Szene, die komplett ohne Hintergrund oder Wissen über die Charaktere funktioniert. Dazu kommen mit Emily Blunt, Benicio del Toro und Josh Brolin drei talentierte Darsteller, die ihre Charaktere glaubhaft und authentisch rüberbringen. Im Verlauf von „Sicario“ reizt Villeneuve diesen Spannungsaufbau dann immer mehr aus, minutenlang fährt ein Einsatzteam durch die Stadt, die Waffen im Anschlag, auf einen Knall lauernd. Es sind diese Momente, die dich als Kinozuschauer tief in deinen Sitz drücken, in denen du die Spannung förmlich in der Luft riechen kannst. Doch leider besteht „Sicario“ nicht nur aus diesen Momenten.Der Kampf gegen die Kartelle muss gut geplant sein
Es sind die ruhigeren Momente, die „Sicario“ letztlich das Genick brechen, genau dann wenn die Spannung ihren Höhepunkt erreicht hat und das Adrenalin langsam abbaut. Sobald der Film versucht sich mehr auf seine Charaktere zu konzentrieren werden seine Schwächen nur all zu deutlich. Zunächst sind es nur kleinere Störfaktoren wie etwa die übertriebene Abgebrühtheit von Benicio del Toro und Josh Brolin oder die fragwürdige Motivation von Emily Blunt. Je länger der Film dauert, desto klarer wird jedoch, dass sich hinten den Charakteren nicht viel verbirgt. Das wäre nicht weiter schlimm, würde sich der Film auf seine Stärken konzentrieren. Jedoch versucht er immer wieder tiefer in seine Charaktere einzudringen und das scheitert ganz einfach daran, dass sich hinter den schablonenartigen Figuren nicht sonderlich viel verbirgt. Vor allem die persönlichen Momente von Emily Blunt wirken für den Zuschauer ermüdend und nehmen einiges an Spannung. Dabei hätte man sie jederzeit weglassen können, denn sie fügen ihrem Charakter weder neue Facetten hinzu, noch ändern sie irgendwas an der Geschichte. Es sei an dieser Stelle noch löblich erwähnt, dass wenigstens versucht wurde die andere Seite des Krieges in Form eines korrupten mexikanischen Polizisten darzustellen, die Umsetzung dieser Idee ist wiederum weniger gelungen.„Sicario“ ist trotz einiger grandioser Szenen nicht das erhoffte Meisterwerk. Die Schuld dafür liegt jedoch weniger am Regisseur, denn Denis Villeneuve liefert auf inszenatorischer Ebene einen grandiosen Film ab, sondern vielmehr an Taylor Sheridan. Ein Mann, den wohl manche als Darsteller kennen, der mit „Sicario“ jedoch seine Premiere als Drehbuchautor feiert und dadurch eindrucksvoll unter Beweis stellt, dass er im Schreiben von Skripten wohl noch etwas Übung braucht. Durch die gelungene Optik und den bombastischen Sound ist der Gang ins Kino trotzdem zu empfehlen, vor allem dann wenn man es schafft über die Schwächen von „Sicario“ hinwegzusehen.
6 von 10 ermordeten Drogenbossen
von Vitellone