Fakten:
Seelen (The Host)
USA. 2013. Regie: Andrew Niccol. Buch: Andrew Niccol, Stephenie Meyer (Vorlage). Mit: Saorise Ronan, Max Irons, Jake Abel, Chandler Canterbury, Frances Fisher, Diane Kruger, William Hurt, Emily Browning, Scott Lawrence. Länge: 126 Minuten. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. Im Kino.
Story:
In geraumer Zukunft ist beinahe die gesamte Erdballbevölkerung den sogenannten Seelen zum Opfer gefallen, die sich als extraterrestrische Lebensformen in die Menschen einnisten, um das Leben dieser Person weiterzuführen. Eine Handvoll Personen setzt ich jedoch gegen die Übergriffe der Seelen zur Wehr und verschanzen sich in den tiefen Höhlen der entlegenen Wüstenberge – Ihre Unterlegenheit ist allerdings rapide. Unter den Protestierenden befindet sich auch Melanie, die sich auf einer Fußreise durch die neue Welt Hals über Kopf in den Schönling Jared verliebt, weniger Sekunde später der sogenannten Sucherin in die Fänge geht. Melanies Körper wird annektiert und soll durch die Seele der Wanderer ersetzt werden, Melanie stemmt sich mit aller Kraft gegen die Verdrängung, um ihrem Schwarm Jared nicht zu verlieren. Zusammen mit Wanderer kann sie fliehen, doch auch Wanderer verliebt sich schon bald und es kommt zu innerkörperlichen Konflikten…
Meinung:
Der Name Stephenie Meyer zählt seit dem seit dem Jahre 2006 wohl zu den bekanntesten weltweit. Warum Frau Meyer eine derartige Popularität genießen und inzwischen auch genüssliche Bäder im überquellenden Geldbunker nehmen darf, lässt sich mit einem Wort auf den Punkt bringen: „Twilight“. Ihre florierende Tetralogie rundum die Dreiecksbeziehung zwischen Vampir Edward, Wolf Jacob und Mensch Bella war ein finanzieller Gassenhauer und konnte jede finanzielle Erwartungen problemlos sprengen. Selbstredend und mehr als verständlich waren auch die schnell folgenden Verfilmungen, die Robert Pattinson und Kristen Stewart zu Teenie-Idolen und Taylor Lautner zum Posterboy modellierten. Das Box-Office-Resultat stand am Ende für 5 Filme bei beachtenswerten 1,3 Milliarden Dollar und „Twilight“ hat sich seinen Rang als einer der erfolgreichsten Filmreihen aller Zeiten ohne Frage gesichert.
Junge Liebe im Nirgendwo
Stephenie Meyer hat nach diesen exorbitanten und mehrfach ausgezeichneten Kassenschlagern den Stift natürlich nicht aus der Hand gelegt und im Jahre 2008 ihren Sci-Fi-Liebes-Roman „Seelen“ auf den Markt gebracht. Es ist ein offenes Geheimnis, dass Erfolg nicht immer mit Qualität gleichzusetzen ist, dass ist aber natürlich nicht nur in Adaptionsbereichen der Fall, in dem ein erfolgreicher Roman auf die Leinwand manövriert wird, um die Kassen klingeln zu lassen, sondern auch im Filmgeschäft per se, man denke nur an die sämtlichen Bockbusterschinken, die sich von „Transformers“ bis „Battleship“ durch die Kinematographie bewegen und die Massen anziehen. Aus welchem Grund? Der Wunsch nach dumpfer Unterhaltung und großen Schauwerten siegt. Verwerflich ist das nicht, nur sollte ein derartiger Blockbuster doch einen Funken Seele besitzen und nicht nur als langweilige Materialschlacht über die Leinwände flimmern. Mit „Twilight“ (Buch und Film) war es natürlich ähnlich. So erfolgreich das Buch auch war, qualitativ hervorstechend und rhetorisch eindrucksvoll waren sie allesamt nicht. Im Fall von „Seelen“ scheint jedoch endlich Gerechtigkeit aufzuflammen: Der Film war ein kommerzieller Flop und hat sich diese Brandmarkung auch redlich verdient.Dabei ist es wieder ein äußert trauriger Anblick, wenn wirklich fähige Leute für ein unbrauchbar umgesetztes Format wie „Seelen“ vergewaltigt werden. Das fängt auf dem Regiestuhl mit Andrew Niccol an, der einst mit Filmen wie „Gattaca“ oder „Lord of War“ wirklich großartige Werke inszeniert hat und seinen Feinsinn für Atmosphäre und Dialoge eindrucksvoll unter Beweis stellen konnte. Sein Talent für Sci-Fi-Ornamente war es wohl auch, das ihm die zweifelhafte Ehre erweis, den Regiestuhl des „Twilight“-Epigonen „Seelen“ zu besetzen. Wenn man den Vergleich zwischen „Gattaca“ und „Seelen“ zieht, dann lasst sich leicht erkennen, dass Niccol mit „Gattaca“ eine eigene Vision besaß, der er die Sterilität dieses Zukunftsbildes hervorragend anpassen konnte, ohne geleckt oder aufgesetzt zu wirken. In „Seelen“ schreit die monochrome Asepsis nach Studiofront und artifizieller Kalibrierung, die jede Stimmung eliminiert. Gleiches gilt natürlich auch für das Ensemble, denn wo sich Saorise Ronan sichtlich bemüht agiert, dem schwachen Drehbuch aber unterliegt und William Hurt als bärtiger Rebellenanführer gänzlich verschenkt ist, frönt der restliche Cast mutwillig die Arbeitsverweigerung.
Mit der Sucherin (Diane Kruger) ist nicht zu spaßen
Die Ausgangslage ist dabei gar nicht mal so uninteressant, wie sie oftmals gemacht wird: Ein dystopischer Kontext, in dem die Bodysnatcher die Überhand gewinnen und dadurch einen seelischen Konflikt in einem Körper kreieren, der das Plateau für emotionale Kontroversen darstellt. Storytechnisches Potenzial ist vorhanden, nur kämpft „Seelen“ mit gravierenden Defiziten, die dem Film von Beginn an untersagen, wirklich etwas aus dem ansprechenden zu fabrizieren. Das große Problem ist, dass weder die Inszenierung noch die Schauspieler oder das Drehbuch es wirklich schaffen, Gefühle zu evozieren und dem Zuschauer zu verdeutlichen, dass er es hier mit Charakteren zu tun bekommt, die unter ihrer blassen Oberfläche affektive Schichten besitzen. Letztlich versagt auch „Seelen“ erneut an seiner Charakterisierung der Protagonisten, denn obgleich der Kampf um das Überleben beginnt, die zweisame Stille einkehrt, oder der Konflikt zwischen Melanie und Wanda wieder in den Mittelpunkt gerückt wird: Es ist einfach ausdruckslos und vollkommen indifferent. Ganz zu schweigen von sämtlichen Logiklöchern, der abgeschotteten Mormonenideologie und jeder Menge Schmalz, die in dieser Form aber wohl von Anfang an zu erwarten waren.Fazit: Wo sich der sehnsüchtige Wunsch nach formidablem Eskapismus in der adaptierten Belletristikperistase bereits nach wenigen Minuten jeden Reiz entzieht, weiß „Seelen“ weder seine Genre-Motive akkurat zu chiffrieren, noch die seelische Rivalität innerhalb der Fusion mit zwischenmenschlichem Gewicht auszuformulieren. Gefühle werden im prasselnden Regen vorgegaukelt, für den Zuschauer aber nie deutlich gemacht, genau wie die dystopische Grundbedrohung der Lage keinerlei Spannung aufkommen lässt, wenngleich sich die Inszenierung Niccols' zwar angenehm zurückhalten möchte, um nicht im tosenden Actiondonnerhall unterzugehen, die Kehrseite der Medaille jedoch ist, dass der Film sich über die gesamte Laufzeit in seiner ganzen Trägheit von A nach B schleppt und keinerlei Höhepunkte zu bieten hat. Die Belanglosigkeit siegt und wenn die Imagine Dragons ihren neusten Hit im Abspann jodeln durften, ist von den vergangenen 130 Minuten rein gar nichts Nennenswertes geblieben.
3 von 10 Knutschattacken im prasselnden Regen
von souli