Fakten:
Room 237
USA. 2012. Regie: Rodney Ascher. Länge: 104 Minuten. FSK: freigegeben ab 16 Jahren. Auf DVD erhältlich.
Story:
Regisseur Rodney Ascher interviewt neun Fans des Films „The Shining“ von Stanley Kubrick. Dabei kommen allerhand Theorien zum Film beisammen, den eigentlich handelt „The Shining“ ja vom Genozid an den Indianer, oder geht es letztlich doch um die gefälschte Mondlandung?
Meinung:
Wussten Sie eigentlich schon, dass eine Dose Backpulver Stanley Kubricks Intention hinter „The Shining“ verrät? Oder das Kind Danny mit seinem Dreirad nicht bloß durch die Flure des Overlook Hotel rast, sondern gleich durch verschiedenen Dimensionen? Aber das Kubricks Stephen King Verfilmung eigentlich den Holocaust zum Thema hat, ist Ihnen aber schon längst aufgefallen, oder? Wenn Sie „The Shining“ von Kubrick gesehen haben, aber all dies nicht erkennen konnten, dann schauen Sie sich doch mal die Dokumentation „Room 237“ von Rodney Ascher an. Dieser lässt sogenannte Experten über den Horrorfilm von 1980 schwafeln, gibt ihnen Raum ihre Theorien ungehemmt und kommentarlos zu verbreiten und lässt einen nach gut 100 Minuten so ratlos wie vergnügt zurück.
Room No. 237 bedeutet eigentlich Moon Room
Eines muss klargestellt werden: die Betrachtungen die hier vorgenommen werden, haben herzlich wenig mit echten, seriösen Filmanalysen zu tun. Mehr sind es Fans, obsessive Theoretiker, die hier ihre Ansicht preisgeben und dabei teils wirklich interessante, teils aber einfach nur hanebüchene Theorien aufstellen, die in ihrer subjektiven Wahrnehmung oftmals sogar die Grenze zur Lächerlichkeit überqueren. Dabei gibt es ein Wiedersehen mit altbekannten Verschwörungstheorien, etwa das Kubrick einst die Mondlandung inszenierte, aber auch mit durchaus plausiblen schlüssigen und amüsanten Verweisen, z.B. wie Kubrick visuell Stephen King klar macht, dass er nun „The Shining“ in der Hand hat. Natürlich, wirklich objektiv beweisen kann niemand der hier sprechenden Experten seine aufgestellten Behauptungen und dennoch gibt es immer wieder Momente, in welchen der Enthusiasmus der Experten spürbar ist. Selbst wenn ihre Theorien vielleicht letztlich nur die Essenz aus Ignoranz gegenüber anderen, populären wie einfacheren Meinungen zu „The Shining“ sowie zu viel Freizeit sind, so ist ihre Konfrontation mit Kubricks Werk dennoch äußerst faszinierend.In dieser Dose Backpulver steckt die Antwort... vermutlich
Wo Faszination ist, sind störende Absonderheiten aber nicht fern und wenn einer der Interviewten darauf pocht mit „The Shining“ beweisen zu können, dass die Apollo 11 Mission nur ein Betrug war, wandelt sich bezaubernde Begeisterung rasch in erstklassige Fremdscham. „Room 237“-Regisseur Rodney Ascher löst dieses Problem nicht, versucht es aber mit der einfachsten aber wohl auch besten Mittel zu umgehen, bzw. zu entschärfen: er lässt die Experten partout im Anonymen agieren. Der Zuschauer erfährt den Namen, aber zu Gesicht bekommt er keinen der „Shining“-Freaks. Während andere Dokumentationen voll mit Interview-Shots sind, füllt Ascher seinen „Room 237“ mit einer mannigfaltigen Anzahl von Filmclips (meist aus anderen Kubrick-Werken) und entwirft somit ein durchaus hypnotisierendes cineastisches Mosaik. Im visuellen Höhenpunkt gipfelt diese Collage in einem durchaus ansehnlichen, interessanten und höchst bannendes Experiment, welches auf einer Hypothese eines „Shining“-Experte basiert, der sich leider nicht für den Film befragen lassen wollte: „The Shining“ wird übereinander projiziert. Einmal chronologisch laufend, einmal rückwärts. Dabei kommen wahrlich grandiose Bilder zu Stande. Ob da hinter die Lösung hinter Kubricks Horrorfilm steckt, bleibt aber wie jede andere Theorie bloße Spekulation.„Room 237“ funktioniert in vielen Bereichen. Als Abhandlung über das Faszinosum Kubrick, als Theorien-Best-of rund um „The Shining“, aber auch als Ansammlung von teils etwas wirr wirkenden menschlichen Stimmen, die meinen, mehr in etwas zu sehen, als es andere tun. Das ist teils spannend, oft amüsant, hin und wieder schleichen sich aber sogar bemitleidenswerte Gedanken hinein. Diese Experten, was müssen das für Menschen sein? Allesamt nur Freaks? Nur sture Fanatiker? Es gibt einen Moment, da bricht Regisseur Ascher dies auf. Einer seiner Gesprächspartner unterbricht kurz das Interview, um sich um seinen kleinen Sohn zu kümmern. Glück gehabt. Nur ein Mensch. Ein normaler Vater dessen Hobby eben nicht sein Motorrad oder Fantasy-Football ist, sondern eben „The Shining“. Aber war Jack Torrance nicht auch nur ein Vater…?
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