Fakten:
Rogue – Im falschen Revier
Australien. 2007. Regie und Buch: Greg McLean. Mit: Radha Mitchel, Michael Vartan, Sam Worthington, John Jarratt, Mia Wasikowska, Carolin Brazier, Stephen Curry, Heather Mitchell, Barry Otto u.a. Länge: 89 Minuten. FSK: freigegeben ab 16 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.
Story:
Eine Touristentour mit dem Boot in der australischen Wildnis wird für alle Teilnehmer zu einem Kampf ums Überleben, als ein riesiges Krokodil die Gruppe eingreift und das Boot zerstört wird. Die Überlebenden können sich auf eine kleine Insel retten, doch diese wird bald, wenn die Flut kommt, verschwunden sein.
Meinung:
Wenn man einmal das vielfältige Tier-Horror-(Sub-)Genre überschlägt, dann wird man wohl frei weg diagnostizieren können, es schon einmal mit so ziemlich jeder Art von Viechern aufgenommen zu haben: Ob Affen („Link, der Butler“, „Der Affe im Menschen“), Insekten („Formicula“, „Phase IV“, „Tarantula“), Bären („Auf Messer's Schneide“, „Grizzly Park“) und natürlich allerhand schwimmfähigen Kreaturen („Anaconda“, „Octalus“ und natürlich „Der weiße Hai“). Doch egal mit wem sich (im Regelfall) eine Handvoll Menschen anlegen, in diesem qualitativ stark volatilen Segment sind es vor allem Krokodile respektive Alligatoren, die dem Homo sapiens mit Vorliebe das Leben so richtig schwer machen. Wie schwer aber muss es sein, einem Film, der ein gefräßiges Krokodil als Antagonisten vorstellt, mit der nötigen Ernsthaftigkeit zu begegnen, um als Genre-Werk mit dem gebührenden Respekt behandelt zu werden? Es benötigt schon einiges an Geschick und (Film-)Verständnis, um ein solches Projekt auf die Beine stellen zu können. Der Australier Greg McLean hat es geschafft.
Nachtbaden kann sehr gefährlich sein in Australien
Mit dem hinten raus reichlich fiesen Terror-Movie „Wolf Creek“ hat Greg McLean nicht nur bewiesen, dass es deftig-rohe Gewalt-Szene auf die Leinwände projizieren kann, sondern auch, dass ein ziemlich gutes Händchen für das Evozieren einer einnehmenden Atmosphäre besitzt, in dem er das Klima respektive die Aura des Territorium stetig in seinen Handlungsverlauf einbindet. Mit „Rogue – Im falschen Revier“ lässt er genau diese Stärke erneut aufleben, stützt sie aber im Gegensatz zu „Wolf Creek“ mit einer durchgehend temporeichen Inszenierung. McLeans Gefühl für Landschaften und fremdes Terrain zeigt sich schon in den ersten Minuten: Die Kamera gleitet durch den Kakadu Nationalpark, durch verwachsene Sümpfe, über stille Wasserflächen und verästelte Rankengewächse. Darüber werden unheilvolle Didgeridoo-Klänge gelegt, die die Gefahr erst sublim und dann mit dem schlagartigen Aufblitzen eines Krokodils greifbar macht: Hier ist der Mensch (zu Teilen nervige Touri-Vollidioten) die Beute und der Feind, oft unsichtbar und immer antizipierend, lauert überall.Herrlich an „Rogue – Im falschen Revier“ ist – und das zeichnet McLean eben als hervorragenden Genre-Regisseur aus – dass er sich niemals dazu gezwungen wird, den Film aufgrund von konkreter Überforderung als Trash durchgehen lassen zu wollen: Ausflüchte gibt es nicht. „Rogue – Im falschen Revier“ ist zweifelsohne ein B-Movie und gibt sich dieser Mentalität auch geschlagen, McLean aber holt so viel aus seinem – eigentlich – abgedroschen Stoff heraus, dass er es tatsächlich schafft, dem Sujet neue Akzente anzuheften. Mit der nötigen (Selbst-)Ironie, zündet „Rogue – Im falschen Revier“ als packendes Spannungskino hervorragend, überträgt die gar klaustrophobische Stimmung mit naturalistischem Nachhall und ist handwerklich generell, wie immer bei Greg McLean – absolut einwandfrei. Selbst das computergenerierte Krokodil wirkt nicht billig, sondern konsequent angsteinflößend – was natürlich letztlich auch wieder der wunderbar straffen Regie geschuldet ist. Selbstredend ist „Rogue – Im falschen Revier“ nicht so spektakulär wie „Der weiße Hai“ oder so nachhaltig wie „Phase IV“. Ein Highlight aber bleibt dieser Reißer.
6,5 von 10 weggerissenen Gesichtern
von souli