Review: ROBOCOP - Mensch oder Maschine?

Review: ROBOCOP - Mensch oder Maschine?
Fakten:
Robocop
USA. 1987. Regie: Paul Verhoeven. Buch: Edward Neumeier, Michael Miner. Mit: Peter Weller, Kurtwood Smith, Nancy Allen, Ronny Cox, Dan O’Herlihy, Miguel Ferrer, Ray Wise, Paul McCrane, Jesse Goins, Robert DoQui, Felton Perry u.a. Länge: 103 Minuten. FSK: freigegeben ab 18 Jahren (gekürzt), SPIO/JK-Freigabe (ungekürzte Fassung). Auf DVD und Blu-ray erhältlich.

Story:
In der nahen Zukunft gleicht Detroit heruntergekommenen Slums. Die Stadt, die neben der Kriminalität vom Großkonzern OCP beherrscht wird, versucht zwar mit polizeilichen Mitteln die Gewalt einzudämmen, doch dieses Unterfangen ist nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein. OCP versucht derweil mittels Robotern die Straßen der Stadt sicher zu machen, doch die Entwicklung dieser Kampfmaschinen ist geprägt von Rück- und Fehlschlägen. Als der frisc nach Detroit versetzte Cop Alex Murphy von einer Gang brutal ermordet wird, sieht OCP ihre Chance. Sie nehmen Murphys Körper und machen ihn zu RoboCop, der nun die Polizei unterstützen soll. Tatsächlich wird RoboCop ein erfolgreicher wie rigoroser Streiter gegen das Verbrechen, doch in dieser neuartigen Maschine steckt immer noch Alex Murphy und dieser ermittelt auch dort, wo es OCP nicht gerne sieht: in den eigenen Reihen.


Meinung:
Irgendwie ist er schon amüsant, der Werdegang des Paul Verhoeven in den Vereinigten Staaten. Aus der trauten Heimat rekrutiert, um der Traumfabrik mit seinem wunderbaren Verständnis für unterhaltsame Reißer die Taschen zu füllen, haben es die Studiobosse und das sensationsgeile Publikum nie wirklich geschnallt, dass hinter Verhoevens perfekt inszenierten Blut- und Gekröseorgien immer eine so direkte Kritik an dem Amerikanismus und seinen mehr als lächerlichen Abstrahleffekten auf nationaler Ebene steckte, dass man dem Holländer für seinen Mut vorbehaltlos auf die Schulter klopfen durfte und den Amerikanern für ihre Blindheit – Denn wenn etwas an den eigenen Traditionen kritisiert wird, ist die künstlerische Karriere schnell an ihrem Ende angekommen – mit einem hämischen Lächeln begegnen durfte. Dabei stellt „StarshipTroopers“ das Sahnestück in Verhoevens Vita dar, denn wie er den blinden Gehorsam, die operativen Mechanismen und den mehr als fragwürdigen Patriotismus durch satirische Mittel ad absurdum führte, war schon mehr meisterhaft.

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Murphy unmasked

Das Problem an „Starship Troopers“ war seiner Zeit jedoch das Feuilleton ohne jede Weitsicht: Denn wo die einen nur blutiger Trash erkennen wollten, schrie die andere Seite, dass Verhoeven hier ein waschechtes Propagandawerk erschaffen hat, dass seinen Irrsinn tatsächlich ernst meine. Verhoeven nahm es gelassen, auch wenn seine Karriere dort die ersten Stufen gen Qualitätsabsturz betrat, schließlich war es nicht seine Schuld, wenn man mit offensichtlich fungierender Symbolik nicht umgehen kann. Diese Reaktionen waren bei seinem Debüt in den Staaten kaum anders: „Robocop“ hieß das gute Stück. Und der Titel ließ schon verlauten, dass es hier wohl reichlich bekloppt zu Werke gehen wird. Liest man sich auch die Synopsis zum Film durch, scheint der despektierliche Verdacht tatsächlich fundiert zu sein: Ein Polizist wird bei einem Einsatz umgebracht und kehrt dann als der titelgebende Robocop wieder, der sich an seinen Mördern rächen will. Reaktionäre Gewaltverherrlichung! 

Aber genau das ist „Robocop“ eben nicht. Wenngleich sich der Film typisch für Verhoeven im Blut suhlt, ist der Holländer meilenweit davon entfernt, strunzdummen Action-Trash zu servieren, auch wenn sich viele an seiner oberflächlichen Brutalität – und „Robocop“ ist verdammt brutal – festsaugen und ihn letztlich auch einzig und allein auf genau diese reduzieren, ist Verhoeven ein Sci-Fi-Klassiker gelungen, dessen hintersinnige Substanz unverkennbar für jeden (mit-)denkenden Rezipienten mitschwingt. Es ist kein Geheimnis, dass Verhoeven nie der Mann für subtile Zwischentöne war, der ein System durch nuancierte Nadelstiche zu Boden zwingen wollte, mit Sicherheit nicht. Verhoeven macht keinen Hehl daraus, dass er Amerika, oder in diesem Fall das Amerika der Zukunft, jetzt mal so richtig schön den etablierten Dreck in die Fratze schmiert. In „Robocop“ äußert sich das in seiner ganzer Vehemenz in den fiktiven Werbespots, in dem es zum Beispiel bei einem familiären Spieleabend darum geht, andere Länder in Grund und Boden zu stampfen, während der Atompilz langsam über die Köpfe der Spieler schwebt.

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Diese Beine sind für das Gesetz, nicht für den Catwalk

Michael Miner und Edward Neumeier leisten in ihrer Drehbuchvorlage ganze Arbeit, selbst wenn gewisse Handlungsabschnitte – auch in Anbetracht von Robocops Psyche – etwas zu schnell abgehandelt wurde, ist das Endergebnis eben absolut kein platter Film. Und mit dem Innenleben des neumodellierten Polizisten, eingekesselt im mechanischen Exoskelett und mit einem computergeschützten Gedächtnis versehen, dass den ehemaligen Menschen Alex J. Murphy daran hindern soll, in seine Vergangenheit zu reisen und alte Wesenszüge und Erinnerungen aufzurufen, kommen wir auch zu einem weiteren interessanten Aspekt, der „Robocop“ problemlos vom Einheitsbrei des Action-Sujets abhebt. Denn während es in anderen Filmen reicht, den Charakter des Actionhelden in 5 Minuten zu definieren und ihm jede neue Facette zu verweigern, ist Robocop mit genau der Tiefe ausgestattet, die seine Figur auch braucht – Ohne sich zum Affen zu machen und über das eigentliche Ziel hinauszuschießen.

Wenn wir die religiösen Bezüge zur Auferstehung Jesu Christi mal außen vor lassen, bekommen wir mit Robocop einen Charakter, der sich fortwährend in einem brodelnden Sturm mit seinem unausgeglichenen Inneren befindet: Wo Murphy eigentlich daran gehindert werden sollte, Kontakt mit vergangenen Dingen – also auch mit sich selbst  - aufzunehmen, kämpfen die humanen Überresten im Inneren des Panzers gegen das stählerne Gefängnis und die neue Identität. Aber „Robocop“ ist ebenfalls, und auch das war ein Markenzeichen Verhoevens, im höchsten Maße unterhaltsam und vollkommen konzentriert auf seine Fähigkeiten: Der Zynismus, mit dem hier durch das futuristische Detroit gerauscht wird, dient einer progressiven Entlarvung, genau wie die überzogene Gewalt, die sich diesem Mosaik aus satirischen Stilmitteln und gnadenlos-kritischer Themenüberhöhung wunderbar anpasst. Obgleich am Ende nicht das gesamte Potenzial ausgeschöpft wurde, hat sich „Robocop“ seinen legendären Status in der Filmwelt vollkommen verdient, denn dummes BumBum-Kino sieht ganz anders aus.

7,5 von 10 Maschinengewehrsalven


von souli
Hier geht's zum ersten Trailer des "Robocop"-Remakes

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