Fakten:
Rashomon - Das Lustwäldchen (Rashomon)J. 1950. Regie: Akira Kurosawa. Buch: Shinobu Hashimoto, Akira Kurosawa, Akutagawa Ryunosuke (Vorlage). Mit: Toshiro Mifune, Machiko Kyo, Masayuki Mori, Kichijiro Ueda, Takashi Shimura, Minoru Chiaki, Noriko Honma, Daisuke Kato, ua. Länge: 86 Minuten. FSK: freigegeben ab 16 Jahren. Auf DVD erhältlich.
Story:
Meinung:
Der arme Baum...
Kurosawa nutzt überaus geschickt die visuellen Möglichkeiten des Mediums und gestaltet seine dreilagige Geschichte überraschend flüssig, leicht identifizierbar und übersichtlich, dass man aus dem Staunen gar nicht mehr heraus kommt. Das wurde bedeutend später in der Filmgeschichte schon bedeutend schlechter gelöst. Zudem beeinflusste er damit ganz offensichtlich das allmählich aufkeimende New Wave-Kino und weltbekannte Filmemacher wie Steven Spielberg, Martin Scorsese oder Robert Altman. Tatsächlich lassen sich an „Rashomon“ einige interessante Formalien behandeln; so zum Beispiel der Einsatz visueller Stile in seiner Regiearbeit. Man achte einmal auf die Linienführung in den verschiedenen Episoden. Die Rahmenhandlung ist dominiert von vertikalen Linien, der endlose Regen ist da nur der Anfang. Die Gerichtsverhandlung wird ausschließlich in horizontalen Linien erzählt (was die Ausgeglichenheit und Gerechtigkeit des Gerichts suggerieren soll) und die pikanten Geschichten im Wald, von denen man nicht weiß, welche Version wahrhaftig ist, sind durchsetzt von Diagonalen, Horizontalen und Vertikalen. Sie sind quasi ein schönes Durcheinander. Das ist große Regie-Arbeit, so was lässt einen nostalgisch werden ob der beeindruckenden Zeit so vieler kreativer Spitzenkünstler, die es im heutigen Filmsystem alles andere als einfach hätten.Vor Gericht, aber glücklich
Natürlich aber ist „Rashomon“ mitnichten auf seine visuelle Ebene zu reduzieren. Tatsächlich ist der knapp anderthalbstündige Film ein ungemein vielschichtiger Film geworden, der wahrlich intelligent daherkommt, viel erzählt aber noch mehr erfahrbar macht und quasi als Parabel angesehen werden kann. Die Gerechtigkeit ist eines der großen Themen des Films. Die Frage nach ihr, die Frage, ob sie existiert. Ob Menschen überhaupt im Stande sind, sie zu erkennen und zu vollstrecken. Oder ob sie eine übergeordnete Instanz dafür benötigen - einen Gott, sofern er uns noch nicht verlassen hat. Immer wieder schaut der Bandit (Mifune) mit einer Mischung aus Wut und Sehnsucht in den Himmel. Auf der Suche. (Die Legende besagt, Kurosawa sei der erste gewesen, der in die Sonne gefilmt habe.) Hand in Hand mit der Thematik geht der zweite Komplex des Films, der als Glauben zusammenzufassen ist. Optimismus trifft auf Realismus, der Glauben wird mit Zweifeln konfrontiert (bzw. von ihm bedingt) und Hoffnung trifft auf Enttäuschung trifft auf Hoffnung. Der dritte thematische Stamm des Films behandelt die japanische Kultur selbst und verbindet somit traditionelle Kultur mit modern-westlicher Filmsprache. Die bittere Erbarmungslosigkeit, mit der Kurosawa schließlich den japanischen Ehrenkodex auseinandernimmt und seiner Zerbrechlichkeit preisgibt, hat etwas sehr Orientierungsloses. Japanisches Nachkriegskino eben. Mit „Rashomon“ hat Akira Kurosawa der Welt eines von vielen inszenatorischen Meisterstücken erbracht. Der Regisseur Robert Altman selbst sagte zu dem Werk, dass an ihm nichts und alles wahr sei, was den Film zu einem Gedicht mache. Tatsächlich ist der Film jedoch auch auf die visuelle Ebene äußerst interessant zu betrachten, nimmt der Postmoderne viel vorweg und erzählt eine Geschichte, deren vage Unbestimmtheit durchaus dazu führt, pessimistisch zu wirken. Und dennoch findet sie am Ende symbolisch zum Ziel, mündet in einem ruhigen Plädoyer für Menschlichkeit, Verantwortung und Respekt, bis auch der Regen verschwindet. Ein großartiger Film, der noch eine weitere Frage stellt, auf die es wohl keine Antwort gibt. Wie verstehen Japaner diesen Film wohl? 8 von 10 unzuverlässigen Erzählern