Review: QUARTETT – Klassentreffen der Dinosaurier

Erstellt am 9. Oktober 2014 von Die Drei Muscheln @DieDreiMuscheln

Fakten:
QuartettGroßbritannien. 2012. Regie: Dustin Hoffman. Buch: Ronald Harwood. Mit: Maggie Smith, Billy Connolly, Tom Courtenay, Pauline Collins, Michael Gambon, Sheridan Smith, u.a. Länge: 98 Minuten. FSK: Ohne Altersbeschränkung. Auf DVD und Blu-Ray erhältlich.
Story:
In einer Residenz ehemaliger Opernsänger und Musiker leben die einstigen Kollegen und Freunde Reg, Wilf und Cissy, die vor viele Jahren gemeinsam auf der Bühne standen. Um diese Einrichtung erhalten zu können, findet jährlich ein Konzert zu Guiseppe Verdis Geburtstag statt, bei dem die ehemaligen Stars auftreten. Als mit Jean, die schon zu ihrer aktiven Zeit als Diva galt, die vierte des ehemaligen Quartetts in das Altersheim einzieht, reift der Plan, beim Verdi-Konzert gemeinsam aufzutreten. Doch Jean weigert sich und bringt so viel Unruhe in den Tagesablauf der übrigen drei.


Meinung:
Was haben The Best Exotic Marigold Hotel, Michael Hanekes Liebe, die Actionkomödie R.E.D. und "Quartett" gemeinsam? Na, noch nicht drauf gekommen? Richtig, die Hauptfiguren und damit auch die Darsteller sind alt. Viele sind so alt, dass sie in einem alltäglicheren Job als Schauspieler schon längst in Rente gegangen wären und, Klischee Klischee, auf Parkbänken die Enten füttern und über die heutige Jugend schimpfen würden. Aber für Schauspieler gibt es in diesem Sinn keine Rente. Und darum entstehen in den letzten Jahren auch hier immer mehr Filme, die Senioren als Hauptdarsteller haben. Auch „Quartett“ ist ein solches Beispiel. Hier geht es um ein paar ehemalige Opernsänger und Musiker, die in einem gemeinsamen Altersheim leben und sich auf eine große Gala zu Ehren von Guiseppe Verdis Geburtstag vorbereiten. Dabei werden die Eigenheiten und Probleme des Altwerdens quasi nebenbei thematisiert, genauso wie einige Probleme und Hoffnungen, die sich zwischen den Figuren im Lauf der vielen Jahre aufgebaut haben.

Wird das Quartett tatsächlich wieder gemeinsam auftreten?

Das Durchschnittsalter in „Quartett“ liegt bei geschätzten 72 Jahren, zusammen brachten es die vier Hauptdarsteller auf gut und gerne 300 Lenze und über 200 Jahre Berufserfahrung, wobei die Senioren weitaus jünger und fideler daherkommen als sie aussehen und das merkt man schon in den ersten Minuten des kurzweiligen Films. Sie versprühen Witz und Leichtigkeit, wobei der Humor mal brachial auftritt, mal aber auch subtil und unterschwellig. Dem Cast merkt man den Spaß am Spiel zu jeder Sekunde an und der überträgt sich auch auf die Zuschauer. Manchmal wirkt es fast so, als würden wir hier ein großes Klassentreffen. Regie-Debütant Dustin Hoffman, selbst Jahrgang 37, lädt als Klassensprecher seine Freunde aus der Schulzeit ein und alle sind sie gekommen. Die leicht durchgeknallte Cissy (Pauline Collins), der Streber Reg (Tom Courtenay), das Küken Wilf (Billy Connolly) und die Klassenschönheit Jean (Maggie Smith). Hoffman, selbst ein großer Darsteller, weiß natürlich, wie er mit diesen alten Herrschaften richtig umgehen muss, gibt ihnen Freiraum zur Entfaltung, stellt dabei aber niemanden in den Vordergrund. Ein Zusammenspiel, das einfach angenehm und sympathisch wirkt und vor allem authentisch, was nicht zuletzt daran liegt, dass die schrulligen Nebenfiguren allesamt tatsächlich einst erfolgreiche Sänger und Musiker waren.

Bis dahin liegen noch einige Steine im Weg...

Auch optisch ist der Film ungemein harmonisch und fließend. Die Kamera ist sehr ruhig und die Bewegungen innerhalb einer Szene sind sehr sanft. Deswegen bleibt die Kameraarbeit dabei so unauffällig, dass es schon wieder sehr positiv auffällt in Zeiten immer mehr verwackelter Bilder. Die intensiven Farben und die in manchen Szenen fast schon übertriebene Helligkeit des Films symbolisieren die Lebensfreude der ehemaligen Opernstars und sollen den Eindruck verdeutlichen, dass sie trotz ihres hohen Alters noch nicht gänzlich zum alten Eisen gehören. Dass in einem Film über ehemalige Opernsänger in einem speziellen Altersheim auch die Musik nicht zu kurz kommt, das dürfte nun niemanden verwundern. Immer wieder werden weltbekannte klassische Melodien und Arien von meist italienischen Komponisten angespielt und bauen eine sehr stimmungsvolle Atmosphäre auf. Dazu erklingt die wahrscheinlich schönste Version von „Happy Birthday to you“, die ich bisher gehört habe.

Dennoch, das letzte Etwas fehlt und schlussendlich ist das Ende zwar rührend, aber auch hier vermisst man den Knalleffekt, das den Film zu etwas Besonderem gemacht hätte. So bleibt zwar ein charmantes, leicht- und lockeres Regiedebüt von Dustin Hoffman, das besonders durch seinen Witz und die schwungvolle Opernmusik enorm punkten kann (wie oft hört man schon so viele Stücke Verdis in nur einem Film), doch mit dem anderen aktuelleren Seniorenfilm „Best Exotic Marigold Hotel“ kann er es nicht aufnehmen, der hat nämlich ein noch größeres Kaliber.

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