Pandorum
BRD, UK. 2008. Regie: Christian Alvart. Buch: Travis Milloy. Mit: Ben Foster, Dennis Quaid, Antje Traute, Cam Gigandet, Wotan Wilke Möhring, Norman Reedus, André Hennicke, Cung Le, Friederike Kempter, Eddie Rouse u.a. Länge: 109 Minuten. FSK: freigegeben ab 16 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.
Story:
Die Astronauten Payton und Bower erwachen aus dem künstlichen Tiefschlaf, innerhalb des Raumschiffs Elysium. Durch den Tiefschlaf leiden beide unter Amnesie, so dass sie nicht wissen, warum sie an Bord sind. Der Versuch Kontakt mit möglichen Befehlshabern aufzunehmen scheitert und auch die anderen erwachten Crewmitgleider wissen nicht, warum sie hier sind. Dies ist aber nicht das größte Problem, denn auf dem Schiff scheint es noch etwas Böses zu geben.
Da hätten wir ihn doch wieder, den guten, alten „Wer bin ich, wo bin ich und was mache ich eigentlich hier?“-Topos. Interessant ist diese High-Concept-Prämisse ohne Wenn und Aber, und wenn sie nicht mühselig an eine auf schwirrende Twists konzipierte Mindfuck-Dramaturgie verbraten wird, dann hat sie auch die Chance, ein knackiges Vexierspiel zu beherbergen, in dem sich der Zuschauer zusammen mit denen an (temporärem) Gedächtnisschwund leidenden Protagonisten zu fraternisieren. „Pandorum“ vom deutschen Filmemacher Christian Alvart, der durch den insgesamt eher misslungenen, aber in seiner filmischen Härte durchaus überraschenden „Antikörper“ von 2005 auch das Interesse der Traumfabrik auf sich ziehen konnte, ist so ein geglückter Fall. Selbstverständlich sind all die aufgewarteten Ingredienzien kaum von sinnstiftender Originalität, doch wenn man es versteht, derartig auf atmosphärische Suggestion zu bauen – und daraus auch noch Kapital zu schlagen -, dem kann man unter gehobenen Genre-Maßstäben kaum mit Groll begegnen.
Payton bekommt Stress mit der Crew, das ist aber das kleinste Problem
Nein, „Pandorum“ ist ein wirklich guter Streifen. An Bord des Raumschiffes „Elysium“ ohne Erinnerung erwachend, sind die Astronauten Bower (Ben Foster) und Payton (Dennis Quaid) dazu gezwungen, auf irgendeine Weise Kontakt zur Brücke respektive anderen Besatzungsmitgliedern aufzunehmen. Und bereits nach wenigen Minuten schafft „Pandorum“ es, diesen riesigen, durch die unendlichen Weiten treibenden Stahlkörper, den die „Elysium“ darstellt, auf die klaustrophobische Enge des Raumes herunterzubrechen: Während Payton an der Schaltzentrale hockt und Bower Anweisungen erteilt, ist dieser dazu gezwungen, sich durch die engen Schächte zu schrauben, um irgendwie Zugang zur Brücke zu finden, wenn es der herkömmliche Weg schon nicht erlaubt. „Pandorum“ lebt allein von seinen Illustrationen, seiner tiefschwarzen Stimmung und tränkt jede neue Einstellung in entkräftendes Monochrom: Die „Elysium“ treibt im Nirgendwo und wenn Bower keine Möglichkeit findet, Kontakt zur Außenwelt aufzunehmen, wird genau dieses Nirgendwo – in anderen Filmen einer transzendenten Erfahrung gleichkommende - alles mit einem Happs in sich aufsaugen.Später gesellen sich noch andere Mitreisende zu Bower, darunter auch die Biologin und Amazone Nadia (Antje Traue), ein unglaublich entbehrlicher Charakter, der, neben der zum Teil doch auffallend inkohärenten Narration, auch noch einmal belegt, dass „Pandorum“ mit Sicherheit nicht gänzlich rund läuft. Mehr eklektisch denn originell, stößt „Pandorum“ dennoch einen elektrisierenden Schwall der Kreativität aus seinen wuchtigen Fotografien: Die gestalterische Schubkraft erklärt „Pandorum“ zum stimmungsvollen Genre-Streich, der gepflegt die Gesetze der Logik torpediert und vielmehr durch seine wirklich knackig ausgenutzten Sets besticht. Ben Foster darf sich dabei immer mal wieder nahe dem Comic Relief bewegen, permanent bekommt er das Fressbrett aus- und eingerenkt. Dass anhand der sich auf Menschenfleischjagd befindenden Mutanten an Bord die obligatorische Hybris-Kritik nicht lange auf sich warten lässt, ist absehbar. Aber, ach, allein diese sich von flächendeckender Düsternis im dystopischen Korsett aufhaltenden Bilder sind ein wahres Fest.
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von souli