Fakten:Manhunter
USA, 1986. Regie & Buch: Michael Mann. Mit: William Petersen, Kim Greist, Joan Allen, Dennis Farina, Brian Cox, Tom Noonan, Stephen Lang, Benjamin Hendrickson, Dan Butler, Michael Talbott, David Seaman, Frankie Faison u.a. Länge: 121 Minuten. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.
Story:FBI-Profiler Will Graham hat die Verhaftung des Serienmörders Dr. Hannibal Lecktor fast mit dem Leben bezahlt und lebt seit dem mit seiner Familie zurückgezogen. Sein ehemaliger Vorgesetzte und Freund Jack Crawford bittet ihn nun um Hilfe. Ein Wahnsinniger hat bereits zwei Familien abgeschlachtet. Die Morde ereigneten sich bei Vollmond und alles deutet darauf hin, dass er demnächst wieder zuschlagen wird. Graham besitzt eine Gabe: Wie kein Zweiter kann er sich in die Gedankenwelt eines Mörders einfühlen und so dessen nächsten Schritte vorhersehen. Graham untersucht die Tatorte, sichtet die Beweise, doch will den entscheidenden Hinweis findet er nicht. Widerwillig greift er zum letzten Strohhalm: Den inhaftierten Dr. Lecktor um Hilfe bitten. Dieser lässt sich darauf ein, hat jedoch seine ganz eigenen Pläne. Meinung:Noch bevor "Das Schweigen der Lämmer" zu einem weltweiten Hit wurde, verfilmte Michael Mann den Vorgängerroman "Roter Drache" von Thomas Harris. Der Film floppte und geriet im Zuge des Erfolgs der Filme mit Anthony Hopkins fast in Vergessenheit. 2002 wurde - nun auch mit Hopkins als Hannibal Lecktor - ein Remake gedreht. Unter Kritikern gilt "Manhunter" dennoch als einer der besten Filme aus der Serie. Nicht ganz unberechtigt, doch er hat auch seine Schattenseiten.
Karneval im Irrenhaus, der 1. Platz.
Die große Stärke liegt eindeutig in der Inszenierung von Michael Mann, der zu der Zeit mit "Miami Vice" einen Straßenfeger im TV laufen hatte. "Manhunter" ist so unverkennbar 80er, durch und durch. Mann setzt nicht auf extreme Düsternis, seine Sets sind hell ausgeleuchtet, fast schon steril. Dabei jedoch elegant. Kühl-elegant. Die leichte Diskrepanz zwischen der eigentlich finsteren Handlung und deren Bebilderung erzeugt eine leichte Befremdung, hat dabei aber ungemein viel Stil und eine erstaunlich wirkungsvolle Ästhetik. Mann kreiert einige famose Szenen, die optisch schon einen leicht surrealen Touch haben. Zu markante Synthesizer-Klängen erzählt er die Jagd nach dem Serienkiller "Die Zahn-Fee" sehr konsequent aus Ermittlerperspektive und inszeniert seinen Protagonisten Will Graham als angeschlagenen, aber immer noch gierigen, einsamen Wolf, der sich ohne Rücksicht auf Verluste in den Fall verbeißt. Sein Charakter steht über allen anderen Figuren, die zu Randerscheinungen werden. Sei es seine Familie, Partner Crawford, der gejagte Killer oder auch Dr. Lecktor, der die späteren Geschichten als Hauptfigur tragen sollte. Zumindest bei Lecktor hält sich Mann dabei an die Vorlage von Thomas Harris, in der er (im Gegensatz zum Remake "Roter Drache", wo aus "Hopkins-Gründen" etwas mehr Hannibal eingebaut wurde) auch nur eine sehr kleine, wenn auch nicht unwichtige Rolle als böser Strippenzieher inne hatte. Klar zu schwach - womit wir bei einem der deutlichen Kritikpunkte wären - fällt die Darstellung des "Roten Drachen" a.k.a. "Die Zahn-Fee" aus. Über die Figur erfährt man nur das Notdürftigste, zudem nicht besonders eindrucksvoll von Tom Noonan verkörpert. Mann kürzt bei seinem Skript entscheidende Passagen der Vorlage, reduziert den Killer so zweckdienlich wie eben nötig. Speziell zum Ende hin fällt das sehr negativ ins Gewicht. Obwohl immer noch top inszeniert (In-A-Gadda-Da-Vida), der innere Konflikt des Killers, hervorgerufen durch die ungewohnte Beziehung zu seinem Opfer, kommt kaum zur Geltung. Vor allem enttäuscht, wie Mann alles enden lässt. Das wirkt sehr abrupt und wirklich unnötig, da es das Buch (wie auch das Remake) besser gemacht haben. Etwas unbegreiflich, warum Mann gerade hier die Schere ansetzte.Der Doktor hat nun für sie Zeit...
Schlussendlich, wenn man nun den naheliegenden Vergleich zur Version von 2002 betreibt, muss auch auf die Besetzung eingegangen werden. Da hat der Film von Brett Ratner die Nase weit vorn. Der Cast von "Manhunter" ließt sich beileibe nicht schlecht, gegen die Top-Besetzung von "Roter Drache" ist das die zweite Geige. Gerade die "Schurken"-Rollen mit Ton Noonan als Zahnfee und Brian Cox als Lecktor erscheinen sehr farb- und konturlos. Nicht nur im Bezug auf die Neuverfilmung. Sie können nicht das Bild vermitteln, welches beim Lesen des Buchs (auch wenn das natürlich rein subjektiv ist) im Kopf entsteht. Sicher, speziell bei Lecktor ist dieses geprägt von Anthony Hopkins (wenn man zuerst die Filme gesehen hat), er war allerdings auch die Idealbesetzung. Cox wirkt nicht ansatzweise so kultiviert, elitäre und gebildet, kann das Genie mit der Bestie in sich nie derart auf den Punkt bringen. Deshalb fällt die Bewertung von "Manhunter" etwas schwer. Ein sehenswerter Film ist es allemal. Allein die Geschichte und die dichte, atmosphärisch gelungene wie eigensinnige Inszenierung haben das verdient. Da hat der Film deutlich mehr Stil als das Remake. Nur die unglücklichen Plot-Änderungen und die etwas faden Nebenfiguren stören das Gesamtbild deutlich. 6,5 von 10 Glasaugen.