Fakten:
Lohn der Angst (Le salaire de la peur)
FR, IT, 1953. Regie: Henri-Georges Clouzot. Buch: Henri-Georges Clouzot, Jérome Géronimi. Mit: Yves Montand, Charles Vanel, Folco Lulli, Peter Van Eyck, Véra Clouzot, William Tubbs, Dario Moreno, Jo Dest, Antonio Centa, Luis De Lima u.a. Länge: 142 Minuten. FSK: ab 16 Jahren freigegeben. Auf DVD erhältlich.
Story:
Das Kaff Las Piedras, irgendwo in Südamerika, ist es Sammelbecken von gescheiterten Existenzen. Viele von ihnen Europäer, die sich nichts sehnlicher wünschen, als in die Heimat zurückkehren zu können. Doch dafür braucht man Geld und ohne Arbeit ist das nicht möglich. Für vier von ihnen bietet sich eine einmalige, aber höchst gefährliche Chance: Eine amerikanische Ölfirma sucht dringend Fahrer für ein Himmelfahrtskommando. Auf klapprigen LKWs, absolut untauglich für so eine Mission, soll Nitroglycerin befördert werden. 2000 Dollar winken denen, die die Fracht heil an den Zielort befördern können. Genug Geld, um endlich das Elend des Dschungels zu verlassen. Aber die Chancen auf's Überleben stehen bei 50:50.
Meinung:
"Ihr wisst nicht was Angst ist. Ihr werdet sehen. Die Angst überfällt einen wie die Pocken. Und wer sie kriegt, behält sie für sein Leben."
Freunde in der Not...
In den 90ern gab es "Speed", ungebremst nach vorne, sonst geht die Bombe hoch. In den 50ern gab es "Lohn der Angst", Adrenalin im Schritttempo, aber jedes Schlagloch, nur der kleinst Fahrfehler würde zum selben Resultat führen. Der Unterschied: "Speed" war dementsprechend Non-Stop-Turbo-Popcorn-Kino, "Lohn der Angst" schleicht langsam vor sich hin, der Schweiß läuft den Fahrern wie dem Zuschauer in die Augen und ist dadurch weit bedrohlicher. Wenn die explosiven LKWs im Rückwärtsgang über maroden Holzbrücken kriechen, jede minimale Abweichung der Idealspur den sicheren Tot bedeuten könnte, ist das nervenaufreibender als jede Baustelle auf dem Highway, durch die mit Vollgas durchgebrettert wird....und bis zum Schluss?
Fast 2 1/2 Stunden nimmt sich Henri-Georges Clouzot Zeit für die Umsetzung des Romans von Georges Arnaud, gönnt sich dabei eine ausgiebige Einleitung, die erstmal schildert, wer die Kamikaze-Fahrer sind, wo sie gestrandet sind und warum sie sich überhaupt für diesen Höllenritt bereit erklären. Das ist aber überhaupt kein Problem, denn alles ist interessant und elementar wichtig, um ihre Motivation überhaupt verstehen zu können. Der Tanz auf der Rasierklinge beginnt erst nach gut einer Stunde, dafür ist ab dann jede Sekunde Spannung pur. Viel intensiver und packender lässt sich, speziell für einen 60 Jahre alten Film, das gar nicht einfangen. Es ist überhaupt nicht möglich, nur für einen Wimpernschlag die Augen vom Bildschirm zu entfernen, das ist Spannungskino auf aller höchstem Niveau.Neben der ohnehin grandiosen Handlung stimmt zudem das Drumherum. Clouzot verschenkt keinen Moment, alles ist intensiv, pulsierend und die Beziehung der Hauptfiguren zueinander ist ebenfalls dauernd in Bewegung. Freunde werden zu Gegnern, neue Allianzen werden geknüpft und selbst die stehen später wieder auf der Kippe. Mit der Situation wachsen und zerfallen die Charaktere, am Ende ist nichts mehr so wie am Anfang.
"Und wer sie kriegt, behält sie für sein Leben."
Wohl wahr. Wahnsinns-Film, kaum zu übertreffen. Mein Herz vergebe ich ungern beim ersten Date, aber was soll's, bitte, "Lohn der Angst" soll das Herz von Jacko sein, mehr habe ich nicht zu bieten.
10 von 10 Gefahrenguttransporten