Review: LIEBE UND ANDERE KLEINIGKEITEN – Die Waschbären sind los

Review: LIEBE UND ANDERE KLEINIGKEITEN – Die Waschbären sind los
Fakten:
Liebe und andere Kleinigkeiten (The Details)
USA. 2011. Regie und Buch: Jacob Aaron Estes. Mit: Tobey Maguire, Elizabeth Banks, Laura Linney, Ray Liotta, Kerry Washington, Dennis Haysbert, Sam Trammell, Gary Schwartz, Shanga Parker, Miles Ellenwood, Rose Cano, Marlette Buchanan u.a. Länge: 101 Minute. FSK: freigegeben ab 12 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.

Story:
Gynäkologe Jeff steckt mitten in einer Lebenskrise. Obwohl mit der wunderschönen Nealy verheiratet, langweilt sich Jeff immens, ist unzufrieden und beginnt eine Affäre mit der seltsamen Nachbarin, deren Katze er kurz zuvor aus Versehen vergiftet hat. Keine wirklich gute Basis für eine Lebensverbesserung.


Meinung:
Manchmal gibt es Filme, die wollen sich einfach keiner rechten Klassifizierung unterordnen; die wollen sich partout nicht kategorisieren lassen und stemmen sich gegen jedwedes Schubladendenken. „Liebe und andere Kleinigkeiten“ von Jacob Aaron Estes ist so ein Film. Möchte man aufgrund des etwas unglücklich gewählten deutschen Titels erst noch annehmen, es handle sich um eine dieser unsäglichen RomComs, wahrscheinlich noch mit Jennifer Aniston in der Hauptrolle, trifft es „The Details“, wie der Film im Original heißt, weitaus besser. Mit seinem Debüt „Mean Creeks“ jedenfalls konnte Jacob Aaron Esten den Cineasten unter uns immerhin eine Freude machen. Auch „Liebe und andere Kleinigkeiten“ wird mit Sicherheit seine kleine, aber treue Anhängerschaft finden – auch wenn das noch etwas dauern wird -, gerade weil er einfach so durch und durch eigen(-willig) gestaltet wurde. Da ist es nur passend, dass die berühmt-berüchtigten Weinstein Brüder im Nachhinein nur ein borniertes Nasenrümpfen für dieses kleine Juwel übrighatten.

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Herr des Hauses und des Rasens: Jeff

In den Vereinigten Staaten gehörte „Liebe und andere Kleinigkeiten“ zu den Ultraflops der letzten Jahre und hat es nicht einmal geschafft, 70.000 Zuschauer in die Kinos zu locken. Das ist allerdings irgendwo verständlich, nicht nur aufgrund der seltsamen Marketingsstrategie, die die tendenziöse Haltung der Weinsteins gegenüber dem Projekt zum Ausdruck brachte, sondern auch, weil „Liebe und andere Kleinigkeiten“ sich komplett gegen den Mainstream-Usus stemmt und damit keine große Zielgruppe ansprechen könnte. Das macht diesen Film aber so wertvoll und interessant. Man muss gewiss einen Faible für schwarze Komödien besitzen, vor allem dann, wenn sie wirklich so weird erzählt sind wie „Liebe und andere Kleinigkeiten“. Zu Beginn klärt uns Protagonist Jeff Lang (Tobey Maguire) noch darüber auf, dass es, lässt man sein Leben noch einmal Revue passieren, die Details sind, die den ausschlaggebenden Faktor innerhalb dieser Retrospektive geben und Geschehnisse auf lange Sicht entschlüsseln. Jeff spricht aus Erfahrung, denn genau diese Details waren es, denen er zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt hat.

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Sieht so eine glückliche Ehe aus?

„Liebe und andere Kleinigkeiten“ stilisiert süffisant ein Vorstadtidyll, wie es geradezu danach schreit, von einem David Lynch dekonstruiert zu werden. Da, wo die Grünflächen täglich akribisch gepflegt werden und jeder Bewohner seine Nachbarn genaustens zu kontrolliert hat, findet Gynäkologie Jeff mit seiner Frau Nealy (Elizabeth Banks) und dem noch in Kinderschuhen steckenden Sohnemann ein neues Zuhause. Eine Bilderbuchfamilie möchte man meinen. Allerdings lässt die attraktive Nealy ihren Mann nicht mehr ran und der heftig untervögelte Jeff, der am liebsten wieder 22 wäre, wo seine Gattin ihn noch viermal täglich zum Schäferstündchen verführte, sieht sich dazu gezwungen, Trost bei den von ihm euphemistisch 'sinnlichen Massagetherapeutinnen' genannten Damen im Internet zu suchen. Aber das ist nicht sein einziges Problem, denn als ihm sein frisch gekaufter Rollrasen von einer Horde Waschbären zunichte gemacht wird, greift Jeff zu drastischen Mitteln und bestellt sich eine Flasche Gift, die seine Nachbarin Lila (Laura Linney) unerwartet ins Spiel bringt und die Lawine erst so richtig losbrechen lässt.

Ironisch wird das chaotische Szenario vom Komponistenduo tomandandy gekitzelt, während Tobey Maguire wieder mal wieder hervorragend unter Beweis stellt, dass er schon lange nicht mehr die introvertierte Spinne von nebenan ist und darf sich als Zugpferd für ein hundsgemeines Kleinod so richtig schön in die Scheiße galoppieren. Wenn sich die Diskrepanzen, ob beruflicher oder zwischenmenschlicher Natur, von allen Seiten langsam anschleichen, gibt das Drehbuch Jeff nicht die Chance, alle Schritt für Schritt aus dem Weg zu räumen, sondern summiert sie gnadenlos, bis dem jungen Vater und Teilzeitarschloch das Wasser endgültig bis zum Hals steht. „Liebe und andere Kleinigkeit“ ist fies, manchmal auch so tückisch dabei, dass man nicht so recht weiß, ob man wirklich lachen darf oder doch aufgrund des familiären Dilemmas in Stille verharren sollte. Als Abrechnung mit der rosaroten Illusion amerikanischer Vorstadtfamilien macht „Liebe und andere Kleinigkeiten“ jedenfalls verdammt viel richtig, weil er es sich eben auch nicht nehmen lässt, ehrlich mit seinen Charakteren ins Gericht zu gehen. Ein echtes Highlight, das es zu entdecken gilt.

7 von 10 gespendeten Nieren

von souli

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