Review: LA STRADA – DAS LIED DER STRAßE – Italienischer Roadmovie über Liebe und Abhängigkeit

Review: LA STRADA – DAS LIED DER STRAßE – Italienischer Roadmovie über Liebe und Abhängigkeit
Fakten:
La Strada – Das Lied der Straße (La strada)Italien. 1954. Regie: Federico Fellini. Buch: Federico Fellini, Tullio Pinelli. Mit: Anthony Quinn, Giulietta Masina, Richard Basehart, Aldo Silvani u.a. Länge: 104 Minuten. FSK: Ab 16 Jahren freigegeben. Auf DVD erhältlich.
Story:
Die junge Gelsomina, ein naives und fröhliches Mädchen, wird vom herumreißenden Artisten Zampano gekauft und von ihrer Familie weggerissen. Sie muss nun mit ihm durch das Land ziehen, wird schlecht behandelt und doch entwickelt sie schnell so etwas wie Zuneigung zu diesem grobschlächtigen Kerl. Doch wird ihr Optimismus ausreichen, um ihr Glück zu finden?

Meinung:
„Wenn du bei mir bleiben willst musst du vor allem eins lernen: Augen zu und Schnauze halten.“

Review: LA STRADA – DAS LIED DER STRAßE – Italienischer Roadmovie über Liebe und Abhängigkeit

Zampano würdigt Gelsomina keines Blickes

Das Lied der Straße ist ein schönes, ein lustiges, aber auch und vor allem ein sehr trauriges Lied. Ein Lied über ein Mädchen, das von einem herumreisenden Artisten, dem großen Zampano, von seiner bettelarmen Familie weggekauft wurde. Und von da an lebt sie bei diesem Kerl, muss als seine Assistentin arbeiten und wird dabei nicht gerade gut behandelt. Gelsomina, dieses einfältige, naive, auch freche, aber vor allem kindlich fröhliche Persönchen. Sie lässt sich von Zampanos Verhalten nicht unterkriegen. Aber warum? Ist es Liebe, die sie zu dem grobschlächtigen Kerl aufgebaut hat? Oder ist es die offensichtliche Abhängigkeit? Sie könne ja nichts. Sie sehe nicht gut aus. Und sie hätte auch sonst niemandem. Alleine, ganz alleine wäre sie. Außerdem gehöre sie ihm. An Flucht hat sie ein einziges Mal gedacht. Aber das hat nicht funktioniert. Er hat ja ebenfalls sonst keinen, der sich um ihn kümmert.


Abhängigkeit. Materiell und emotional. Oder doch richtige Liebe? Für Gelsomina hängen Liebe und Familie, Mitleid, Zwang und Abhängigkeit eng zusammen. Sie kann dazwischen so gut wie nicht unterscheiden. Für sie ist das alles eins. Zampano nutzt das aus. Gelsomina ist nur eine Sache. Sein Eigentum, das gefälligst zu funktionieren hat. Eigenständigkeit für Gelsomina? Wo denkt ihr hin! Nein, das geht nicht. Zampano bestimmt, entscheidet und tut was er will. Und wenn Gelsomina nicht mitmacht, dann gibt es halt auch mal Bestrafung.


Dabei ist die junge Frau mit den kugelrunden, großen, neugierigen Augen ein so fröhliches Mädchen. Voller Hoffnung, voller Lebensfreude versucht sie so etwas wie Selbstständigkeit zu erlangen. Aber das geht eben nicht. Nicht unter Zampano. Um das zu erreichen, müsste sie fort von ihn, fort von diesem Leben unter Zwang und ohne Freiheit. Aber das kann sie nicht. Wie gesagt, Zampano hat ja sonst niemanden. Ein Zwiespalt, der dem fröhlichen Mädchen immer mehr zusetzt. Sie weiß selbst nicht mehr, was nun richtig und was falsch ist. Und was sie tun soll. Dieser heftige Konflikt setzt ihr zu und zieht sie in ihre eigene Welt zurück. Wie es in ihrem Inneren aussieht, das zeigt sie nicht. Sie versucht es stets zu überspielen, mit ihrem grenzenlosen Optimismus. Aber wie es ihr zu schaffen macht, das wird immer deutlicher, als sich die Situation im Verlauf zuspitzt. Und schließlich wird auch ihre Hoffnung gebrochen.

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Ob sie ihr Glück bei Il Matto finden kann?

Dazu packt Regisseur Federico Fellini seine Sicht und ein (wohl) realistisches Bild der Gesellschaft Italiens der damaligen Zeit. Das schwierige, unstete Leben als Vagabunden und Herumreisende setzt ihnen allen zu. Normales, geregeltes Leben ist für diese Artisten nicht möglich. Immer in der Hoffnung, an einem neuen Ort Geld zu verdienen, immer abhängig von den anderen, von der Gesellschaft und ihrem Mitleid und Wohlwollen. So gerät Gelsomina in eine doppelte Abhängigkeit. Abhängig von Zampano, einem selbst Abhängigen. Die Frage nach der eigentlichen Schuld an der tragischen Geschichte des Mädchens kann so nur ungeklärt bleiben. Ist es ein einzelner Mensch, dieser aufbrausende Zampano? Oder ist er auch nur das Produkt seiner eigenen Abhängigkeit?
Hier sollte sich jeder selbst Gedanken machen. Aber über seine bedeutungsvolle Thematik hinaus ist „La Strada“ ein Film, der mit einfachen und doch so schönen Bildern fesselt. Der drei fantastische, extremst unterschiedlichen Hauptdarsteller vereint. Ein Film, der schön und unendlich traurig zugleich ist. Schön wegen dieser naiv-optimistischen und fröhlichen Gelsomina. Und traurig aus dem gleichen Grund.

8,5 von 10 einsam geblasene Trompeten


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