Review: KILLER - TAGEBUCH EINES SERIENMÖRDERS - Eingesperrt, nicht gezähmt

Erstellt am 18. Juli 2014 von Die Drei Muscheln @DieDreiMuscheln

Fakten:Killer – Tagebuch eines Serienmörders (Killer: A Journal of Murder)USA, 1996. Regie: Tim Metcalfe. Buch: Tim Metcalfe, Thomas E. Gaddis & James Long (Vorlage). Mit: James Woods, Robert Sean Leonard, Ellen Greene, Cara Buono, Robert John Burke, Richard Riehle, Harold Gould, John Bedford Lloyd, Jeffrey DeMunn, Conrad McLaren, Steve Forrest, Lili Taylor u.a. Länge: 88 Minuten. FSK: Freigegeben ab 18 Jahren. Auf DVD erhältlich (keine aktuelle Auflage).
Story:1930 tritt Henry Lesser seinen Dienst als Schließer in der Haftanstalt von Leavenworth an. Die unmenschlichen Methoden seiner Kollegen gegenüber den Häftlingen stoßen ihm bitter auf. Zwischen ihm und dem wegen Diebstahl inhaftierten Carl Panzram, der durch die Wachen brutal misshandelt wird, entsteht so etwas wie eine Freundschaft. Carl schreibt seine Lebensgeschichte nieder und bietet sie Henry zu freien Verfügung an. Dort offenbart sich Penzram nicht nur als kleiner Dieb, sondern als notorischer Killer, der bereits 21 Menschen auf dem Gewissen hat.

Meinung:„Sie haben mich erschaffen und jetzt töten sie mich.“
Beruhend auf einer wahren Geschichte versucht die Buchverfilmung „Killer – Tagebuch eines Serienmörders“ das marode und über die Jahrzehnte kaum effektivere Justiz- und Haftsystem der USA an den Pranger zu stellen, was ihm sicher zum Teil auch gelingt, nur kann der Film von Tim Metcalfe selten richtig mitreißen und wirkt über weite Strecken sehr uninspiriert, beliebig und schlicht zweckdienlich inszeniert.

Die schönsten Geschichten schreibt das Leben.

Vom Grundsatz eine höchst interessante Geschichte um die fast als Freundschaft zu bezeichnende Beziehung zwischen dem gutherzigen, für den harten Gefängnisalltag anno 1930 bald ungeeignet-menschlichen Wärter Henry Lesser und dem Soziopath Carl Panzram, die sich in mehrere Richtungen und Genres entwickeln könnte, unterm Strich jedoch nichts zur vollsten Zufriedenheit bedient. Anfänglich wie ein typisches Knastdrama aufgebaut, könnte sich eine eindringliche Charakterstudie entwickeln, doch dafür erreicht Tim Metcalfe niemals die benötigte Tiefe und Empathie, kratzt lediglich an der Oberfläche und schildert mehr einen hastigen Spurt durch das Leben eines schwer bis gar nicht therapierbaren Monsters, das zwar über keinerlei ehrliches Gewissen verfügt, jedoch über genug Sachverstand und Realitätsbewusstsein als das es nicht erkennen würde, dass für Leute wie ihn ohnehin keine Chance besteht. Penzram – explosiv, gewohnt ausdrucksstark und weit über der allgemeinen Klasse des Films verkörpert durch James Woods – mag teilweise ein Produkt seiner Lebensumstände sein, insgesamt ist er schlicht ein skrupelloser Mensch, ein wildes Tier, der sich dessen klar bewusst ist. Er kann sich nicht ändern, sieht dabei auch keine Chance in einem auf Isolation und nicht auf Rehabilitation getrimmten System, dass er die dringend benötigte Hilfestellung bekommt.

Mein Freund, der Killer.

Dieser Grundgedanke des von Oliver Stone produzierten Films ist so richtig wie aufzeigend, drückte sie allerdings sehr direkt, nicht unbedingt geschickt und gegen Ende etwas zu sentimental dem Zuschauer aufs Auge, wo mit etwas Fingerspitzengefühl deutlich mehr möglich gewesen wäre. An dem erstklassigen Woods liegt dies sicher nicht, mehr kann der kaum machen. Sein bemühter, gleichzeitig wahnsinnig blasser Gegenpart Robert Sean Leonard sieht dagegen keinen Stich, ähnlich wie die schmale Inszenierung von Metcalfe, die eher an eine TV-Produktion erinnert. Für die Voraussetzungen ist das mehr als bedauerlich, aus dem Stoff ließe sich spielend ein packender, sogar wichtiger Film machen. Mehr als ein nur partiell reizvolles, durch sein dröges Äußeres und seine mitunter plumpe Umsetzung letztlich mittelprächtiges Werk springt dabei nicht heraus. Ohne Woods und die immer noch durchaus aktuelle (vielleicht sogar zeitlose?) Thematik schnell wieder vergessen, so bleiben doch noch einige Dinge vielleicht mittelfristig im Gedächtnis hängen.
Fakt am Rande: Der Film ist Sam Peckinpah gewidmet, da Tim Metcalfe durch dessen Western-Klassiker „The Wild Bunch“ seinen Berufswunsch als Regisseur verfolgte. Nette Anekdote und schön, dem wilden Sam seinen Film deshalb zu widmen, macht das Produkt aber leider nicht besser. 
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