Review: KILL YOUR DARLINGS – JUNGE WILDE – Das Leben ist ein Kreis

Review: KILL YOUR DARLINGS – JUNGE WILDE – Das Leben ist ein Kreis
Fakten:
Kill your Darlings - Junge Wilde
USA. 2013. Regie: John Krokidas. Buch: Austin Bunn, John Krokidas. Mit: Daniel Radcliffe, Dane DeHaan, Ben Foster, John Huston, Elizabeth Olsen, Michael C. Hall, Jennifer Jason Leigh, David Cross, David Rasche, Kyra Sedgwick, John Cullum u.a. Länge:104 Minuten. FSK: freigegeben ab 16 Jahren. Ab 23. Mai auf DVD und Blu-ray erhältlich.

Story:
Endlich raus aus New Jersey. Der junge Allen Ginsberg, der später zu einem der wichtigsten und bedeutendsten Dichter Amerikas wird, kann auf der Columbia University endlich aufblühen, denn hier herrscht die Freiheit und die Kunst sowie einige Gleichgesinnte u.a. Jack Kerouac und William S. Burroughs.


Meinung:
Dass die Beat Generation im Kino längst kein unbehandeltes Blatt Papier mehr darstellt, wissen wir spätestens seit David Cronenbergs kafkaesken Trip „Naked Lunch“, der auf einem Roman von William S. Burroughs, einem der vier Mitbegründer jenes literarischen Affronts, basiert. Und auch der zum Workaholic mutierte James Franco war bereits in Rob Epsteins und Jeffrey Friedmans „Howl – Das Geheul“ in der Rolle des Allen Ginsberg zu sehen. Doch durften wir in diesen Filmen wirklich etwas über die Menschen hinter der Beat Generation, ihrem Seelenleben und ihren Motivationen erfahren? Wer waren Allen Ginsberg, Lucien Carr, Jack Kerouac und William S. Burroughs überhaupt? Mit „Kill Your Darlings – Junge Wilde“ versucht Regisseur und Drehbuchautor John Krokidas dieser Frage eine Antwort zu offerieren, zerbricht aber an den Konventionen einer filmischen Biografie – Was gerade in dies-m Fall mehr als paradox anmutet. Und doch bleibt ein Film, der trotz, oder gerade in seinem Scheitern einige interessante Ansätze bereithält.

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Allen und seine große Liebe

Wer eine allumfassende Psychologisierung des Quartetts erwartet, der muss sich enttäuschen lassen, denn das Drehbuch stellt die Beziehungen zwischen Allen Ginsberg und Lucien Carr eindeutig in das Zentrum der Geschichte. Dass es Jack Kerouac und William S. Burroughs dabei in Kauf nehmen müssen, als Randfiguren zu fungieren, ist gleich doppelt schade: Nicht nur ihre Charaktere, die gerade die Jugendkultur ihrer Zeit maßgeblich beeinflussten, sind n hochinteressant, sie werden auch von zwei nicht minder interessanten Darstellern verkörpert: Jack Huston in Poser-Laune und Ben Foster als von Drogen beflügelter Poet. Immer wieder reißen sie den Film durch ihre schiere Präsenz an sich, um dann wieder fallengelassen zu werden. „Harry Potter“-Darsteller Daniel Radcliffe spielt weiterhin gegen eben jenes Image des Zauberlehrlings an, zieht im Angesicht des gesamten Casts aber den Kürzeren, gelingt es ihm doch eigentlich nie wirklich, die tiefen Emotionen seiner Figur ansprechend zu formulieren. Anders als Dane DeHaan als androgyner Avantgardist Lucien Carr, der nicht umsonst längst zum heißesten Eisen der Nachwuchsriege gezählt wird.

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Der Hammer im Haushalt ersetzt nicht den Poeten

Die Beat Generation setzte sich zum Ziel, das festgefahrene (Literatur-) Establishment  durch eine eigens kreierte Anarchie die Regeln und Sittsamkeit jener Instruktionen in sich zusammenbrechen lassen: Chaos für die Entfaltung der Sinne. Wenn Ginsberg, Carr und Burroughs ihr Weltbild durch den Konsum von Rauschgift transzendieren, kommt es zu einer Montage, die in ihrer Metaphorik natürlich reichlich abgestanden wirkt, in ihrer Visualisierung aber dennoch gefällt: Immer mehr Bücher werden aus dem Regal gezogen, zerrissen und einzelne Seitenfetzen an eine Pinnwand geheftet. Am Ende entsteht daraus eine fragmentarische Collage der Kunst, die das Alte in eine neuen Kontext übersetzt und die Resonanz ihres Tuns wie ein Meer der Offenbarung große Wellen schlagen lässt. Derlei Momente aber bleiben Mangelware, weil sich „Kill Your Darlings – Junge Wilde“ ganz und gar konventionellen Mustern bekräftigt und bloß keine Risiken eingehen möchte, die erst auf der interpretativen Basis keimen und blühen.

Das Leben, so Lucien Carr, ist ein Kreis, der nur darauf wartet, endlich aufgebrochen zu werden. „Kill Your Darlings – Junge Wilde“ gibt sich in seiner Dramaturgie ebenfalls als Kreis, startet mit einer Rückblende, einer Prolepse, auf die der Film in gut 100 Minuten hinarbeitet, um diesen Kreis zu schließen. Dabei wird mit den Parolen der Beat Generation jongliert, die Liebe als Wirrnis manifestiert, welche sich letzlich auch der Selbstzerstörung geschlagen gibt. Als Zeitdokument ist „Kill Your Darling - Junge Wilde“ oftmals zu sehr an Anachronismen geheftet, versucht das Geschehen durch zeitgenössische Musik zu konterkarieren, als Charakter-Portriät gefällt der Film zwar besser, gerade durch seine größtenteils guten bis sehr guten Schauspielleistungen, hat aber zur eigentlichen Thematik keinerlei sinnstiftenden Spitzen zu verzeichnen. Interessant aber bleibt „Kill Your Darling – Junge Wilde“, weil er die Beat Generation nicht nur von innen, sondern auch von außen dechiffrieren möchte. Das klappt nicht, ist formelhaft und eingeengt, aber doch so fähig, das Leben selbst als Zick-Zack-Linie innerhalb der narrativen Kreisbahn immer wieder ins Zittern zu bringen.

5 von 10 Stichen in die Brust

von souli

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