Review | Interstellar: Christopher Nolan’s Reise durch das Universum

interstellarmManchmal sind wir auch mal spontan. Spontan waren wir nämlich neulich im Kino, genauer gesagt in der Spätvorstellung von “Interstellar”. Natürlich war der Kino-Saal um 22 Uhr randvoll, was oft eher anstrengend ist. Dieses Mal ging es aber irgendwie, vielleicht aber auch, weil scheinbar jeder Zuschauer auf die ein oder andere Art von “Interstellar”gebannt war.

Um die Story kurz (!) zusammenzufassen: Protagonist Cooper (Matthew McConaughey) war früher mal Pilot, ist aber mittlerweile Witwer, Ingenieur und Maisbauer. Mit Kindern und Schwiegervater lebt er auf einer Farm und baut eben jene Feldfrucht an, eines der letzten Agrarprodukte, das den drastischen Klima-veränderungen auf der Erde standhalten kann. Denn der Planet ist im Wandel: Nahrung für Menschen wird knapp, es gibt nahezu keine staatlichen Strukturen mehr. Die Weltbevölkerung kämpft ums Überleben und um ihren Alltag, den sie so gut es geht aufrecht erhält. Sie ist von der “Krone der Schöpfung” zu Verwaltern geworden, die einfach das beste aus der scheinbar ausweglosen Situation der nahenden Austrocknung der Erde machen müssen. Wirklich abwegig ist dieser Plot ja nicht. Cooper findet – mehr oder weniger durch Zufall – eine geheime Basis mit Überbleibseln der NASA, die noch immer versucht, die Menschheit zu retten. Er wird auserwählt, mit Amelia Brands (Anne Hathaway) und zwei weiteren Astronauten in einem Space Shuttle in den Weiten des Alls eine “neue Erde” zu finden. Es folgt ein dramatischer Abschied von Coopers Familie und eine spektakuläre Reise durch ein Wurmloch, das die Crew in an unbekannte Orte vordringen lässt. Zunächst sieht es nicht schlecht aus, einige fremde Welten werden gefunden und untersucht. Fast scheint es, als ob es wirklich Hoffnung gäbe. Doch nichts ist, wie es scheint und am Ende ist es Cooper selbst, der für alle Ereignisse verantwortlich sein wird.

Klingt verwirrend? Ist es auch erst einmal. Diese vielschichtige, komplexe Geschichte ist ein in sich geschlossenes System von Ereignissen, die am Ende alle Sinn ergeben sollen. Christopher Nolans Bruder Jonathan hatte bereits vor fast zehn Jahren die Idee zu “Interstellar”, doch war es genau diese Komplexität, die so viel Zeit beanspruchte. Bruder und Regisseur Christopher Nolan verlangt den Zuschauern einiges ab. Einerseits durch die Thematik selbst, die ein wenig Affinität zu Science Fiction und astronomischen Phänomenen wie der Relativität von Zeit oder Singularitäten erfordert. Andererseits, weil Nolan sich in Zeiten der Hochgeschwindigkeits-Blockbuster tatsächlich viel Zeit für Charakterstudien und wirkungsvolle Bilder nimmt. Als Vorbilder für “Interstellar” nannte er mal in einem Interview unter anderem Filme wie “The Tree Of Life” (von Terrence Malick), “Gravity” (Alfonso Cuarón) oder natürlich Kubrick’s “2001”. Das merkt man auch. Wie schon in der “Batman”-Reihe verzichtet der erklärte 3D-Hasser Nolan auf übertrieben plakative Special Effects, obwohl der Film gleichzeitig mit sehr wohl mit Effekten vollgestopft ist. Nur eben auf eine dezente Art, die stets den maximal möglichen Realismus des Produktes garantieren soll. Und das gelingt.

interstellar2Realismus scheint generell die oberste Maxime der Produktion von “Interstellar” zu sein. Der Film spielt geschätzte 70 – 80 Jahre in der Zukunft, doch ist die Erde keinesfalls von Robotern bevölkert oder in einen abgedreht-futuristischen Technologieplaneten verwandelt, wie bei vielen anderen Genrekollegen. Vielmehr ist der technologische Fortschritt der Menschheit in “Interstellar” gerade so weit gekommen, dass er noch nachvollziehbar und eben realitätsnah ist. Auch die Fortbewegungsmittel sind immer noch normale Autos, die Space Shuttles und Raumstationen des Films besitzen noch “normale” Knöpfe und Hebel statt Touchscreens und Gedankensteuerung. All das macht den Film noch ein Stück greifbarer.

Letztlich sind es aber die Schauspieler, die der Story das Leben einhauchen. Allen voran ist es Cooper alias Matthew McConaughey, der faszinierend gut spielt. Besonders nennenswert ist die Szene, in der er seine – aufgrund des schnelleren Zeitflusses auf der Erde sichtlich gealterte – Tochter Murphy (Jessica Chastain) das erste Mal seit Jahren per Videobotschaft zu sehen bekommt. In der langen Totalen auf sein Gesicht kann man als Zuschauer Coopers Schmerz fast physisch nachempfinden. Absolut brillant. Auch deshalb ist “Interstellar” endlich mal wieder äußerst atmosphärisches Träum-Kino. Nicht zuletzt wegen der ebenfalls erneut großartigen Musik von Hans Zimmer, der angeblich komponierte, ohne je das Drehbuch gelesen zu haben. Abschließend sind die philosophischen Existenzfragen im Film in Zeiten der Klimaerwärmung mehr als aktuell. Also: anschauen!

10 von 10 Singularitäten.


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