Review: HUNGER - Friss oder stirb

Erstellt am 22. August 2013 von Die Drei Muscheln @DieDreiMuscheln

  

Fakten:
Hunger
USA, 2009. Regie: Steven Hentges. Buch: L.D. Goffigan. Mit: Lori Heuring, Linden Ashby, Joe Egender, Lea Kohl, Julian Rojas, Bjorn Johnson, Britton Partain, Laura Albyn, John Cooley, Ian Hopper, Kathy Shea u.a. Länge: 97 Minuten. FSK: Freigegeben ab 18 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.
Story:
Fünf Menschen erwachen, gefangen in einem Erdloch. Warum, weshalb, wieso, keine Ahnung, sie sind nun mal dort. Bald darauf entdecken sie, dass sie Teil eines perversen Experiments sind. Sie erhalten reichlich Wasser, später ein Messer und den Hinweis: Ein Mensch kann maximal 30 Tage ohne Nahrung auskommen...
  
                        
     
  
      
Meinung:
"Hunger" ist nichts weiter als ein zielgerichteter Low-Budget-Genre-Film, was nichts schlechtes sein muss. In dem Fall erst recht nicht.

Anfangs hoffen sie noch auch schnelle Rettung...

Fünf Menschen, ürplötzlich in ein Loch gesteckt und zum Sterben verurteilt, das erinnert spontan an "Cube", der Ende der 90er ähnlich unerwartet einschlug. Die Parallelen zu "Hunger" sind unverkennbar, von den Voraussetzungen wie dem psychologischen Background, nur liefert dieser Film mehr Hintergründe und ein klares Ziel: Friss oder stirb.
So platt das alles klingen mag, so effektiv und in seinem kostengünstigen Rahmen routiniert umgesetzt funktioniert der Streifen von Steven Hentges, der auf diversen Genre-Festivals gefeiert wurde. Zurecht, denn aus den wenigen Mitteln wird viel rausgeholt. Besonders lobenswert: Statt auf reinen Voyeurismus zu setzten (bei der Handlung nicht einfach) wird sich nur selten darin geflüchtet. Ganz davon freisprechen lässt sich "Hunger" nicht, nur deutlich bemühter, als vergleichbare Vertreter. 

...langsam macht sie Verzweiflung breit...

Die beklemmende Atmosphäre zieht von der ersten Sekunde an. Wenig Licht, Protagonisten, die wie der Zuschauer, vollkommen unvorbereitet in ein Szenario befördert werden, das sie nicht begreifen können. Bedrohung liegt in der Luft, Panik ist allgegenwärtig, Misstrauen die natürliche Folge. Da lässt sich "Hunger", trotz kompakter Laufzeit, schön Zeit, feuert nicht sofort mit Erklärungen um sich, lässt uns wie die Opferlämmer kurz im dunklen tappen. Kurz, aber es reicht. Für die Stimmung wichtig und auch sonst spielt Zeit bei "Hunger" eine spezielle Rolle. Tage vergehen hier, im wahrsten Sinne des Wortes, im minutentakt, die Charaktere entwickeln sich entsprechend. Daher ist die, theoretisch, sprunghafte Entwicklung der Figuren überhaupt kein Kritikpunkt, denn wir erleben nur einen Zeitraffer, springen von Höhepunkt zu Höhekunkt, die sehr intensiv in's Mark treffen.

...bis die Lage eskaliert.

Die anfänglich unspektakulär wie unbekannten Darsteller können stellenweise erstaunlich überzeugen, besonders in Schlüsselmomenten, in denen ihnen schauderliche Zeilen in den Munde geschrieben werden ( "Monster oder Barbar....dein Freund...er war überraschend lecker"). In erster Linie ist bei "Hunger" die ausweglose Atmosphäre und die einhergehende Gewissensfrage so packend: Was würdest du tun? Ab wann wird der Mensch zum Barbar oder gar zum Monster? Wo ist die Grenze, ab wann ist das Unvorstellbare legitim, logisch, unausweichlich und wo endet die naturgegebene Humanität? Endet sie jemals? Gibt es ein Limit? Für jeden sind die Grenzen weiter auseinander,  damit spielt "Hunger". Sicher, manchmal etwas plakativ, nur wir bewegen uns immer noch in einem Genrefilm, sicher nicht in der Premiumklasse, aber in einem guten Vertreter. In einem überlegten Vertreter.
Denn "Hunger" könnte leicht in die oft verteufelte Torture-Porn-Schublade gesteckt werden und vermeidet dies (oft) bewusst. Einige drastische Szenen sind vorhanden, einige hätten noch geschickt umgangen werden können, nur ergötzt sich dieser Film nicht an ihnen. Sie ekeln, sie schocken, aber in einem bewussten Rahmen, der Kopf kotzt mehr als der Magen. Und das nicht zu knapp. Snacks zum Film nicht empfohlen.
Kritikpunkte bietet "Hunger", nur sind die hinter der Wirkung eher sekundär. Die Motivation des Peinigers wird grob erklärt, mehr nicht. Muss auch nicht, tiefer in's Detail zu gehen würde eher lächerlich wirken, in dem rudimentären Rahmen noch, entschuldigung, essbar. Der kostengünstige Look ist schnell vergessen, mit was für Discountfilmchen sonst so um sich geschmissen wird, dafür Güteklasse A. Der letzte Feinschliff fehlt noch, aber für seine Verhältnisse ist "Hunger" mehr als beachtlich und für Genrefreunde eine glasklare Empfehlung. Das schmerzt, macht satt (haha) und ist weitaus besser als Kinovarianten Marke "Saw III-VII", die sich einfach nur am Blut laben, anstatt Terror und Angst bewusst zu kitzeln. Hier lässt sich noch Mitleid empfinden. Neues, klar billiges, aber gekonntes Terrorkino, das sich nicht verstecken muss. Und erst recht nicht verhungern sollte...
7 von 10 knurrenden Mägen