Review: HOUSE OF CARDS – DAS ORIGINAL: MINI-SERIE 1 & 2 - Der Zweck heiligt die Mittel

Review: HOUSE OF CARDS – DAS ORIGINAL: MINI-SERIE 1 & 2 - Der Zweck heiligt die Mittel
Fakten:
House of Cards – Das Original: Mini-Serie 1 & 2 a.k.a. Ein Kartenhaus
UK. 1990 - 1995. Regie: Paul Seed. Buch: Andrew Davies, Michael Dobbs (Vorlage).
Mit: Ian Richardson, David Lyon, Diana Fletcher, Susannah Harker, Miles Anderson, Aphonsia Emmanuel, Malcolm Tierney u.a. Länge: ca. 220 Minuten (4 x 55 Minuten). FSK: freigegeben ab 12 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.
Story:
Niemand kennt das Politikgeschäft besser als Francis Urquhart. Als in Großbritannien ein neuer König gekrönt wird und sich dieser als Idealist herausstellt, versucht Urquhart alles um den neuen Monarchen zu Fall zu bringen.

Meinung:
Auch wenn sich diese Assoziation tief in das Jahr 2014 verwurzelt hat und gar unausweichlich zu revidieren erscheint, hilft der Berliner Medienverlag Pandastorm tatkräftig, jenen Gedankengang wieder ein Stück zu widerlegen: „House of Cards“ bedeutet nicht allein Kevin Spacey, „House of Cards“ (in Deutschland auch unter dem Titel „Ein Kartenhaus“ publiziert) bedeutet vor allem Ian Richardson! Dieses Jahr nämlich dürfen sich auch endlich die Blu-ray- und DVD-Regale mit den beiden ersten Mini-Serien des britischen BBC-Originals brüsten, während gleichwohl der Popularittätsschub, den David Finchers reüssierendes Netflix-Format weitreichend (und gewiss auch zu Recht) genießt, ausgenutzt wird, um die Aufmerksamkeit mal wieder etwas in Richtung Vorlage zu lenken. Berechtigterweise! Qualitätseinbußen in der Gegenüberstellung mit der US-amerikanischen Adaption müssen jedenfalls nicht befürchtet werden: „House of Cards – Das Original“ (1990-1995, die dritte Mini-Serie soll im Sommer erscheinen) ist nicht nur konzentrierter in der Konzeption, sondern auch effizienter in der hervorragenden Dramaturgie, was natürlich auch damit zusammenhängt, dass sich eine Mini-Serie auf eine Laufzeit von knapp vier Stunden beschränkt.

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Böser Blick zur finsteren Absicht: Francis Urquhart

Dass klingt nun erschreckend komprimiert, gerade in Anbetracht der komplexen Thematik, ist aber so hervorragend geschrieben von Paul Seed (das Drehbuch beruht auf dem gleichnamigen Roman von Michael Dobbs), dass nie der Eindruck einer lückenhaften Hektik innerhalb der Narration aufkeimt, dafür die einzelnen Handlungsstränge rascher miteinander verwebt werden und schneller auf den explosiven Punkt kommen. Im Zentrum steht hier Francis Urquhart, Fraktionschef der Konservativen, der sich nach gewonnenen Wahlen um einen Ministerposten betrogen fühlt und hinter seinem verschmitzten Lächeln bittere Rache schwört. Ian Richardson („Dame, König, As, Spion“) ist als parlamentarischer „Truppenführer“, der die undichten Stellen innerhalb des Kabinett inspiziert und infiltriert schlichtweg phänomenal. So abstoßend sich dieser machtbesessene Zyniker gibt, so sehr lieben wir es auch als Zuschauer, diesen Menschen mit süffisantem Lächeln auf den Lippen zu hassen. Besonders in den – im Jahr 1990 noch ein durch und durch bahnbrechendes Stilmittel – Momenten, in denen Urquhart die vierte Wand durchbricht, sein diabolisches Grinsen hervorkramt und den Zuschauer zum Komplizen macht: Irgendwann gibt es in dieser Beziehung zwischen Rezipient und dem loyalen, aber auch – milde ausgedrückt – gehässig fungierenden Urquhart bereits ein vollkommen selbstverständliches „Wir“.

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Francis Urquhart, der Meister der Macht

Das Schöne an „House of Cards – Das Original“ - und dieses Lob hat sich ebenfalls die äußerst gelungene Spacey-Variante verdient – ist, dass selbst Leute, die sich wenig bis rein gar nicht für die Mechanismen innerhalb der Politik interessieren, voll auf ihre Kosten kommen. Seine ungemein suggestive Aura schlägt „House of Cards – Das Original“ aus dem Spiel der Intrigen und Korrumpierbarkeit, irgendwo im Strudel aus Sex, Geld und der erotisierenden Faszination von Macht. Würde man bis auf den Grund der Seele Francis Urquharts tauchen, tiefer als der Stolz, tiefer als die Ehre, tiefer als die Begierde, dann würde man irgendwann auf die pure Gier stoßen. Die Gier nach Macht. „House of Cards – Das Original“ veranschaulicht im Eigentlichen  die destruktiven Ausmaße von Macht und ihren obsessiven Verhältnissen, von Manipulation, über Instrumentalisierung und Gewissenlosigkeit. Alles der Macht wegen. Alles, um an der Spitze zu stehen und die Kontrolle genießen zu dürfen, selbst wenn man dafür über Leichen gehen oder anderer Leute Leichen aus dem Keller auftauchen lassen muss. Die Parallelität zu William Shakespeares „Richard III.“ und „Macbeth“ liegen natürlich auf der Hand. Und die Boulevardpresse und ihre unerbittlichen Kampagnen würde es freuen: Skandal! Skandal! Skandal!


Wer also mal wieder Lust auf intelligentes, hochspannendes und hervorragend gespieltes (very britisches) Entertainment hat, der ist mit „House of Cards – Das Original“ bestens bedient. Vor allem in der zweiten Mini-Serie kommt eine noch substanziellere Zwischenmenschlichkeit in das Geschehen, die den Kampf zwischen Urquharts harter konservativer Hand und dem idealistischen Aufschwung des liberal-demokratischen Monarchen fundiert. Für alles Weitere gilt ganz im Sinne Urquharts: „I couldn't possibly comment.“ Anschauen!

Mini-Serie I: 8/10 
Mini-Serie II: 8,5/10
von souli


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