Review: EVIL DEAD - Die Teufel tanzen wieder

Erstellt am 3. Mai 2013 von Die Drei Muscheln @DieDreiMuscheln

Fakten:
Evil Dead
USA. 2013. Regie: Fede Alvarez. Buch: Fede Alvarez, Rodo Sayagues, Diablo Cody, Sam Raimi. Mit: Jane Levy, Shiloh Fernandez, Lou Taylor Pucci, Jessica Lucas, Elizabeth Blackmore, Jim McLarty, Randall Winston u.a. Länge: 91 Minuten. FSK: freigegeben ab 18 Jahren. Ab 16. Mai 2013 im Kino.

Story:
David und seine Freunde fahren zu einer abgelegenen Waldhütte, um seiner Schwester Mia bei Heroinentzug zu helfen. Bald schon, als Mia erste Entzugserscheinungen zeigt, liegen die Nerven blank. Doch es wird noch schlimmer. David Freund Eric findet ein altes, mysteriöses Buch. Als er daraus vorliest erweckt er alte, dämonische Kräfte, die über die Gruppe herfallen. Der Ausflug wird zu einem echten Horror-Trip.

Meinung von stu:
„Tanz der Teufel“ gehört zweifelsohne zu den großen, ikonischen Filmen des Horror-Genres. Von der einen Instanz frenetisch verehrt, von der anderen zensiert und verboten, gehört der erste veröffentlichte Spielfilm des späteren „Spider-Man“-Regisseurs Sam Raimi zu den Werken, die alleine wegen ihrer bewegten Vergangenheit bei FSK und BPjM einen Legendenstatus inne haben. Bis heute ist Teil eins der Reihe hierzulande beschlagnahmt, was ihm den Ruf eines echten Schockers einbrachte. Zu recht, denn Raimi drehte mit seinem Hüttenhorror einen billigen aber höchst effektiven Reißer, der unbehagliche Unwissenheit mit grässlichen Gewaltspitzen kreuzte. Das unsichtbare Böse war hier wie eine Katze und die Opfer waren wie Mäuse, die verzweifelt um ihr Leben kämpften.

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Blieb das Böse im Original noch unsichtbar, so wird es hier mittels eines weiblichen Dämons zumindest marginal in ein physisches Korsett gezwängt. Darüber hinaus erlauben sich die Autoren auch die Exposition etwas weiter auszudehnen als noch unter Raimis Regie. Das Ergebnis: Trotz eines schaurig-feurigen Opening ist der Beginn von „Evil Dead“ recht müßig. Während im Original bereits eine unwohlige wie bedrohliche Stimmung aufgebaut wird, erfährt der Zuschauer unter Alvarez Regie erst mal warum sich fünf junge Menschen freiwillig ins Nirgendwo der amerikanischen Wälder begeben. Dieser Grund ist dabei gar nicht mal so übel: Bruder David will seine kleine Schwester Mia (Jane Levy, „Fun Size“) dabei unterstützen vom Heroin los zu kommen. Kein einfaches Unterfangen für die Gruppe, aber definitiv eine mehr als einladende Metapher für den bald anstehenden Kampf gegen die Dämonenmacht, die sich der Körper der Protagonisten nach und nach bemächtigen. „Evil Dead“ versucht also das Universum rund um die Waldhütte, das Necronomicon und blutige Scharmützel zumindest in kleinen Teilen etwas gehaltvoller zu gestalten. Gut gemeint, aber es hapert an den beliebigen Charakteren. Die blassen Ausflügler erregen vielleicht die Aufmerksamkeit von Dämonen, nicht aber die eigene Empathie. Wer wann und wo stirbt ist vollkommen egal. Auf das „Wie“ kommt es hier an und genau damit können die Macher punkten. „Evil Dead“ ist eine ironiefreie, schlotzige Schlachtplatte. Splatter und Gore in Hülle und Fülle. Nach dem leicht missratenen Start scheint das Blut förmlich über die Leinwand zu schwappen. Ein Hämoglobin-Rausch, der dazu ohne die nervenden Erklärungen anderer Blutfeste wie etwa „Saw“ oder „Hostel“ auskommt, innerhalb seiner roten, feuchten Sause eine durchweg stimmige Sogkraft erzeugt und im Gegensatz zu den genannten Beispielen einen phantastischere Erzählung und Setting besitzt.

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„Evil Dead“ ist pures Attraktionskino. Hier wird nicht gezeigt wie CGI-Bauten in sich zusammenstürzen, sondern wie man Horror abseits von hintersinnig und subtil entfacht. Zartbesaitete Zuschauer sollten den ersten Langfilm des uruguayischen Regisseurs Fede Alvarez also ohne Wenn und Aber großräumig umgehen, denn hier wird ohne Kompromisse alles zersägt, zerschnitten, verbrannt, zerschossen und zertrümmert, was die menschliche Anatomie so hergibt. Dargestellt wird dies weitestgehend durch analoge Tricks, was „Evil Dead“ noch eine Spur roher und kräftiger wirken lässt und ihn bei mir zumindest ein paar Sympathiepunkte einbrachte. Dass das Gezeigte so überdreht und übertrieben ist, dass es nicht ernst zu nehmen ist, versteht sich von selbst. Auch ohne Humorkanonaden lässt sich hinter all den Fratzen und plätschernden Blutungen ein gewisses Maß an Augenzwinkern erkennen. Schade nur, dass es dem Remake nie gelingt den Spannungsgrad des Originals zu erreichen. Ein Terrorfilm ist das „Evil Dead“ der Neuzeit nämlich zu keiner Zeit. Alvarez verlässt sich dann doch zu sehr und einzig auf Splatter und Gore. Die kleinen Tricks des Originals, wie etwa die Schaukelbank, die gefühlt minutenlang gegen die Hüttenwand schlägt, fehlen hier völlig oder werden nur recht kurz verwendet um dem Original zu huldigen.

„Evil Dead“ ist kein schlechtes Remake. Es fühlt sich in Teilen sogar mehr nach einem Reboot oder gar einer Fortsetzung an (hierzu der dringende Rat das Kino erst nach dem Abspann zu verlassen). Regisseur Alvarez hat einen ultra-blutigen Horrorfilm inszeniert der gut mit der Bürde seines großen Titels umgeht. Trotz seiner Mängel sollten Fans des Genres sich diesen Film ansehen, der im Grunde nicht mehr will als zu unterhalten, ohne sein Publikum mit ärgerlichen Konzessionen zu nerven. Obendrein gibt es noch ein Stückchen feinste Realsatire, denn während der erste „Evil Dead“ immer noch auf Liste B indiziert ist, läuft das blutigere Remake im Kino fast ungekürzt ab 18 (mehr Infos über die Fassung gibt's hier). Das ist schon irgendwie amüsant, auf eine fast schon dämonische Art und Weise.

6 von 10 Spritzen im Gesicht

Meinung von souli:
Der unabdingbare Legendenstatus von Sam Raimis Klassiker „Tanz der Teufel“ ist seit einigen Dekaden fest in kinematographischen Stein gemeißelt. Dementsprechend durfte natürlich auch das obligatorische Remake nicht fehlen, denn wie wir es heutzutage gewohnt sind, wird jedem großen Namen aus der Vergangenheit eine mehr oder weniger erfreuliche Aufarbeitung gewidmet, die sich entweder als Überraschung oder herbe Entmystifizierung und Schändung des Originals verstehen lässt. Fede Alvarez' „Evil Dead“ kann sich zum Glück vom negativen Auslegungsweg der Remakes distanzieren und zieht die tanzenden Dämonen aus dem Jahre 1981 keinesfalls in den Dreck. Trotzdem fehlt dem Film Einiges, um ihn WIRKLICH als sehenswert titulieren zu können. Das fängt schwerwiegend bei den eindimensionalen Charakteren an, denen jeder empathischer Zugang verweigert wurde, was das alte Problem nach sich zieht, das die blassen wie klischeehaften Figuren dem Zuschauer direkt vollkommen egal sind.

"Äh sorry, aber ich knutsche nie beim ersten Date."

Alvarez begeht aber nicht den Fehler und versucht sich an einer 1 zu 1-Kopie, die Raimis schmierige Kreativitätsorgie in die Neuzeit verlegt, sondern er nabelt sich größtenteils von der alles überstrahlenden Vorlage ab und mariniert seine Umsetzung mit kleineren und größeren Referenzen, die dem Kenner der Vorlage natürlich schnell ein Lächeln auf die Lippen zaubert, obgleich in der ersten Hälfte des Filmes die nennenswerte Disposition noch auf sich warten lässt. Visuell ist „Evil Dead“ aber ohne Zweifel ein Volltreffer, denn wenn die Aufblende den Rezipienten bereits mit finsteren Fotografien des altbewährten Horror-Waldes erwartet, durchzogen von tückischen Nebelschwaden und den Konturen düsterer Verfolger, dann ist genau das Feeling evoziert worden, welches der Film im weiteren Verlaufen streckenweise schwerlich vermissen lässt.

Wenn „Evil Dead“ dann aber auf die Zielgerade einbiegt, die schlecht geschriebenen Charaktere zunehmend dezimiert wurden und das Blut bereits literweise aus sämtlichen Körperwunden geschossen ist, dann spielt der Film seine ganze Stärke aus, die er in dieser Form zwar lange unter Verschluss gehalten hat, dafür aber wirklich endlich die Sau rauslässt. Gemeint ist natürlich der haltlose Splatter, denn in der letzten halben Stunde gibt es wahrlich kein Halten mehr. Selbst wenn das extreme Gemetzel ohne wirkliche Kohärenz auskommen muss, unterhält das gnadenlose Potpourri aus Schlamm, Eingeweiden, abgetrennten Gliedmaßen und jeder Menge spritzendem Lebenssaft verdammt gut und hievt den Film noch locker über die Grenze der Belanglosigkeit. Natürlich ist die Gewalt hier purer und humorloser Selbstzweck, aber er erfüllt im finalen Akt seine Erwartungen und hat weiterhin keine Lust, dem Zuschauer irgendwelche Antworten zum Geschehen zu liefen. Schließlich geht es „Evil Dead“ nie um das „Warum“, sondern einzig und allein um das „Wie“. Kann man sich durchaus mal anschauen, muss man aber nicht.

5,5 von 10 Nagelpistolen