Review: EVERYBODY WANTS SOME!! – Dazed and Confused 2.0

Erstellt am 7. Juni 2016 von Die Drei Muscheln @DieDreiMuscheln

Fakten:
Everybody Wants Some!!US. 2016. Regie & Buch: Richard Linklater. Mit: Will Brittain, Zoey Deutch, Ryan Guzman, Tyler Hoechlin, Blake Jenner, Glen Powell, Wyatt Russell u.a. Länge: 117 Minuten. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. Im Kino.
Story:Wir schreiben das Jahr 1980 und eine Handvoll junger Baseballspielern startet ihr Leben auf dem College. Zusammen mit dem alten Hasen des Teams wohnen sie in einem Verbindungshaus und fortan dreht sich alles um Alkohol, Drogen, Sex und natürlich der angestrebten Profikarriere. Zwischen all dem Chaos und Spaß liegt jedoch auch stets die Komponente des Erwachsenwerdens und der Blick in die Zukunft.

Meinung:Richard Linklater ist wieder da und hat uns Zuschauern jede Menge Spaß mitgebracht. Nach seinem zum Teil kontrovers diskutierten Mammutwerk „Boyhood“ besinnt sich der US-amerikanische Filmemacher auf seine Wurzeln (auch wenn es falsch wäre zu sagen, dass er diese jemals wirklich verlassen hat) und liefert den Bruder im Geiste zu seinem Kultfilm „Dazed and Confused“. Von vielen Seiten bereits als indirekte Fortsetzung tituliert, schafft es „Everybody Wants Some!!“ mehr als eine bloße Kopie zu sein und verbindet auf angenehmste Weise neue Ideen mit altbekannten Mustern.

Das Wolfsrudel!

„Everybody Wants Some!!“ ist ein reiner Stimmungsfilm und wer eine großartige Story erwartet, wird wohl zwangsläufig enttäuscht werden. Der primäre Fokus liegt auf den Charakteren, ihrer Interaktion untereinander und ihrem Verhalten gegenüber der Umwelt. Dabei erzählt der Film, wie bereits erwähnt, eben keine Geschichte, sondern greift willkürlich Tage aus dem Leben der Studenten und lässt den Zuschauer daran teilhaben. Bei dieser Art von Film ist also essentiell wie viel Sympathie man für die Figuren aufbringt und in welchem Maße man diese als Identifikationsfigur betrachten kann. Nach herkömmlichen Mitteln handelt es sich wohl nicht um sonderlich vielschichtige oder tiefgehende Charaktere, völlig bewusst überzeichnet Linklater sein Szenario und arbeitet über weite Strecken mit Klischees. Dadurch gelingt es ihm durch seine augenzwinkernde Art jedoch stets eine gewisse Glaubwürdigkeit zu bewahren. In gewisser Weise macht diese Art von Charakterzeichnung die Figuren sehr menschlich und greifbar. Sie besitzen keine am Reißbrett entworfene Persönlichkeit, sondern agieren wie echte Menschen. Sie verstecken ihr Inneres, tragen eine Maske, weil sie eben selbst noch nicht wissen was sie wollen und wer sie sind. Einmal mehr geht es bei Linklater also um das Erwachsenwerden.

Ja, damals war man halt so angezogen.

Aber woher rührt die Faszination des Films? Konflikte sind rar gesät und eine Charakterentwicklung vermisst man ebenso wie eine tiefergehende Komponente. Wahrscheinlich ist es die Erkenntnis, dass im echten Leben eben nicht alles wie im Film funktioniert, und dass obwohl „Everybody Wants Some!!“ doch selbst mit jeder Menge filmischer Mittel hantiert und die typische Überzeichnung des Genres beibehält. Es ist angenehm zu sehen, wie Linklater darauf verzichtet tiefergreifende Themen auszuformulieren, sondern diese bloß am Rand anschneidet. Beispielsweise wenn ein Teamkollege als 30-jähriger Schummler entlarvt wird, der sich von Collegeteam zu Collegeteam schleicht um so vor seinem Leben zu flüchten. Geht es in „Everybody Wants Some!!“ um mehr als Party, Alkohol, Drogen, Sport und Sex? Vielleicht, vielleicht aber auch nicht. Fakt ist, dass man als Zuschauer in eine atmosphärisch überaus stimmig gezeichnete Welt abtaucht und zwei Stunden mit einem Haufen merkwürdiger, aber überaus liebenswerter Figuren verbringt. Die pseudophilosophischen Gespräche, die hin und wieder geführt werden sind eben nicht die Inhalte, die uns Linklater vermitteln will, sondern dienen der reinen Charakterzeichnung und erinnern den Zuschauer an manchen Schwachsinn, den er selbst von sich gegeben hat. 
Linklaters neuester Streich gehört einer Gattung von Filmen an, die man heutzutage leider viel zu selten bewundern darf. Leichtfüßig und liebenswert entführt uns der Regisseur in eine faktisch völlig überzeichnete Welt, die von ebenso übertriebenen Figuren bewohnt wird. Ein reiner Stimmungsfilm, der den Geist der damaligen Zeit auf einzigartige Art und Weise einfängt.
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