Review. EIN AMERIKANISCHER TRAUM - Auf der Suche nach Heimat und Familie

Review. EIN AMERIKANISCHER TRAUM - Auf der Suche nach Heimat und Familie
Fakten:
Ein amerikanischer Traum (An American Rhapsody)
USA, Ungarn. 2001. Regie: Éva Gárdos. Buch: Éva Gárdos. Mit: Scarlett Johansson, Nastassja Kinski, Tony Goldwyn, Ágnes Banfálvy, Zoltán Seress, Kelly Endresz-Banlaki, Colleen Camp, Mae Whitman, u.a. Länge: 106 Minuten. FSK: Ab 12 Jahren freigegeben. Auf DVD erhältlich.
Story:
Ungarn, 1950. Aufgrund politischer Repressionen flieht ein Ehepaar mit ihrer älteren Tochter in die USA. Die jüngere Tochter Suzanne, noch ein Baby, sollte erst bei der Großmutter bleiben und auf anderem Wege später nachkommen. Doch Suzanne kommt nicht. Eine Tragödie für die junge Familie, aber aus Angst vor der Polizei gibt die Großmutter das Baby zu einer Pflegefamilie aufs Land und wird später verhaftet. Suzanne wächst auf und hält das Pflegepaar für ihre Eltern. Dann, 5 Jahre später nach Stalins Tod, taucht die Großmutter auf und schickt Suzanne nach Amerika, zu einer Familie, die sie noch nie gesehen hat und weg von den Leuten, die sie liebt.

Meinung:
Schon zu Beginn wird der Unterschied zwischen dem stalinistischen Ungarn und dem westlichen Ausland optisch deutlich. Während die Anfangsszenen in Ungarn in bedrückendem schwarz-weiß gehalten sind, sind die Szenen in Österreich, in Frankreich und in den Vereinigten Staaten von warmen Farben geprägt. Auch später, nach dem Tod Stalins und nach Reformen in Ungarn, werden warme Farben eingesetzt. Die Musik, eine Mischung aus den populären US-Songs der 50er und 60er und traurig wirkender ungarischer Streichermusik, untermalt die Szenerie auch sehr passend. Es ist klar: überall auf der Welt will man lieber sein als in dem Land, das von diesem brutalen, totalitären Herrscher regiert und bestimmt wurde.

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Große Schwestern können das Leben auch schwer machen

Aber Suzanne, die damals noch ein Baby war, hat von der Gewalt und der Unterdrückung in Ungar nichts mitbekommen. Darum versteht sie als Teenager später auch die Beweggründe ihrer Eltern nicht, warum sie aus Ungarn weggegangen sind. Aus einem Land, das Suzanne als bunt, warm und schön kennengelernt hat. Und warum ihre Eltern sie alleine zurückgelassen haben. Scarlett Johansson, damals gerade 17 Jahre alt, spielt Suzanne, die sich gegen ihre Eltern auflehnt, die zu einem typischen amerikanischen Teenie wurde, die sich aber auch nie wirklich wohl fühlt im großen, fremden Amerika. Sie vermisst ihre Pflegeeltern, sie vermisst das so positiv kennengelernte Ungarn und Johansson bringt dies alles sehr glaubwürdig rüber. Allerdings tritt sie erst in der zweiten Filmhälfte in Erscheinung, bis dahin, beinahe die erste Stunde, wird die junge Suzi von der total süßen Kelly Endresz-Banlaki gespielt und auch ihr kann man die Sehnsucht nach ihrer alten Familie gut anmerken, genauso wie das Fremdsein in Amerika. Hervorzuheben ist auch Nastassja Kinski, die als überbesorgte Mutter der Familie spürbar leidet, weil sie einfach keinen Zugang zu ihrer jüngeren Tochter bekommt und weil sie sich die Schuld daran gibt.

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Suzi auf Spurensuche in Ungarn.

Sehr schön ist der Einblick in die amerikanische, kleinbürgerliche Gesellschaft der Fifties und Sixties. Als die Jugendlichen so langsam gegen ihre Eltern rebellierten, als Coca Cola und TV so langsam ihren Siegeszug antraten, die Familien große Barbecues veranstalteten und als der Rock’n’Roll und Elvis immer populärer wurden. Ebenso wird, in abgespeckter Form, auch das Leben in Ungarn nach den Reformen beschrieben. Aber im Zentrum stehen die Probleme einer Familie, die Schwierigkeiten zwischen Mutter und Tochter. Die Probleme eines jungen Mädchens, das zwischen zwei Familien, zwei Kulturen hin und hergerissen ist, das ihre leibliche Mutter nicht verstehen will, nicht verstehen kann. Das von der Frau weggerissen wurde, die sie aufgezogen hat, die sie einfach nicht vergessen kann. Die sie als ihre echte Mutter ansieht. Leider kommt dabei die Verknüpfung mit der politischen Situation zu kurz. Nur in kleinen Andeutungen wird klar. Da hätte ich mir ein bisschen mehr gewünscht.
Der Film hat seine Stärken vor allem in der erste Stunde, in der Suzanne als junges Mädchen noch in Ungarn lebt und nach der Umsiedlung in die Vereinigten Staaten mit vielen Anpassungsproblemen konfrontiert wird. Später dann, als junger, amerikanischer Teenager, da wird zwar der Konflikt zwischen Mutter und Tochter mehr in den Fokus gerückt, doch vieles passiert, ohne dass man sich als Zuschauer seine eigenen Gedanken darüber machen kann. Viele Entwicklungen passieren gerade in der zweiten Filmhälfte einfach zu schnell, alles wirkt ein wenig zu überhastet und die Geschehnisse überstürzen sich auf Kosten der Glaubwürdigkeit und die Erklärungen und die Veränderung von Sinneshaltungen ist ebenfalls nicht nachvollziehbar. Das verschleiert ein wenig den äußerst positiven Gesamteindruck des Films, mit dem Regisseurin Eva Gardos auch ein wenig ihre eigene Geschichte und damit auch die Geschichte Ungarns aufarbeiten wollte. Sehenswert, aber der Beigeschmack, dass hier Potenzial verspielt wurde, der bleibt.

7 von 10 ungarische Mädchen in Amerika


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