Review: DIE ZWÖLF GESCHWORENEN - Schwitzen für die Gerechtigkeit

Review: DIE ZWÖLF GESCHWORENEN - Schwitzen für die GerechtigkeitFakten:
Die zwölf Geschworenen (12 Angry Men)
USA. 1957. Regie: Sidney Lumet. Buch: Reginald Rose. Mit: Martin Balsam, John Fiedler, Lee J. Cobb, E.G. Marshall, Jack Klugman, Edward Binns, Jack Warden, Henry Fonda, Joseph Sweeney, Ed Begley, George Voskovec, Robert Webber. Länge: 96 Minuten. FSK: ab 12 Jahren freigegeben. Auf Blu-Ray ab 12. Juli 2013, auf DVD bereits jetzt erhältlich.
Story:Nach einem Mordprozess, bei dem ein Junge wegen Mordes an seinem Vater angeklagt ist, müssen 12 Geschworene entscheiden, ob sie diesen Jungen für schuldig halten oder nicht. Stimmen sie für schuldig, wird er verurteilt und hingerichtet. Die Geschworenen ziehen sich in einen Raum zurück und beim ersten Durchlauf stimmen sogleich 11 Leute für schuldig, nur einer nicht. Nicht schuldig. Nicht, weil er glaubt, dass der Junge auf jeden Fall unschuldig sei, nein, er hat lediglich „berechtigte Zweifel“ und würde gerne nochmals über den Fall sprechen. Da das Urteil einstimmig gefällt werden muss, entbrennt zwischen den „twelve angry man“ eine hitzige Diskussion.Meinung:
Wie der originale Titel schon andeutet, ist der Film sehr…ähem… männerlastig. Vielleicht waren zu dieser Zeit Frauen noch nicht als Geschworene zugelassen, zumindest besteht die Runde aus 12 Männern. Übrigens weiße Männer! Aber gut, der Film ist immerhin aus dem Jahr 1957. Trotzdem ist es eine sehr heterogene Gruppe, die praktisch die komplette Bandbreite an verschiedenen Charaktertypen wiederspiegelt. Es gibt den Organisator, einen Witzbold, einen kulturell Gebildeten, einen disziplinierten Immigranten, den Unsicheren, einen Mann aus dem sozialen Brennpunkt, den Opportunisten, den Aufbrausenden, einen sehr Konservativen mit vielen rassistischen Vorurteilen, den erfahrenen Alten, den Vernünftigen und natürlich die moralische Instanz, also den Guten. Jede Figur hat Stärken, aber auch Probleme und Schwächen, die manchmal mehr, manchmal weniger Einfluss auf die Diskussion nehmen. Und natürlich gibt es so auch viele unterschiedliche Meinungen und Sichtweisen auf den Fall.


Der große Star in diesem Film ist natürlich Henry Fonda, der den Geschworenen Nummer 8 spielt. Er steht im Mittelpunkt, verkörpert die Moral und spielt einfach grandios, schon allein, weil er es immer wieder schafft, sich zurückzunehmen und das Licht auf andere zu lenken. Außerdem wäre ohne ihn als Produzent dieses Projekt nie verwirklicht worden und schon deshalb gebührt ihm uneingeschränkter Dank.Für Darsteller wie Jack Warden, Lee J. Cobb, Martin Balsam oder Jack "Quincy" Klugman bedeutete "Die zwölf Geschworenen" den Durchbruch im Filmgeschäft.


 

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Ein klares Zeichen gegen Rassismus

Inhaltlich geht es zum einen um den Mordfall. Eine spannende Kriminal-/Justizgeschichte mit der Frage, ob am Ende auf schuldig oder nicht schuldig entschieden wird. Ob der Junge, den man nur ganz kurz im Film sieht, hingerichtet wird. Aber der Film hat noch einige weitere Komponenten, die mindestens genauso großen Platz beanspruchen. Der Film ist eine psychologische Studie von Gruppenzwang, von Rollenverhalten und Macht. Es geht um Beeinflussung. Um Rassismus und Vorurteile. Ein wenig auch um die Chancen und Grenzen des amerikanischen Justizsystems. Der Film ist eine Charakterstudie über eigene Standpunkte. Nicht nur für die Figuren im Film, sondern auch für den Zuschauer, der an diesem Film auch sein eigenes Verhalten hinterfragen kann. Und letztlich geht es darin um Moral, und zwar in allen Facetten.

Inszenatorisch ist „Die 12 Geschworenen“ ein Kammerspiel, basiert auch auf einem Theaterstück. Fast der komplette Film spielt sich in nur einem Raum ab. Eine beengte, beklemmende Wirkung entsteht. Man hat keine Chance auszuweichen und muss sich der Diskussion, den Gefühlen und den eigenen Ansichten und Verhaltensweisen stellen. Dazu hat Regisseur Lumet in seinem Debütfilm, wie auch später zum Beispiel in „Hundstage“, Elemente wie Hitze, Schweiß und Ermüdung mit hineinspielen lassen. Dies macht die Situation noch bedrückender. Das Potenzial einer Eskalation wird so noch weiter gesteigert und die Lage noch angespannter.


 

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Mit Messern lässt sich auch prima diskutieren

Angespannt. Das ist wohl das Wort, was hier am besten passt. Denn zwischen den verschiedenen Standpunkten innerhalb der Gruppe gibt es Machtkämpfe. Einige wollen mit ihren jeweils eigenen Mitteln das Alphatier werden, Recht behalten, anderen ihre Meinung (bewusst oder unbewusst) aufzwängen. Und andere sind nur die Mitläufer, das Rudel. Mal mutiger und mit kleinen eigenen Vorstößen, mal wieder sehr zurückhaltend und sich ins zweite Glied einordnend. So wird die Stimmung, natürlich vor allem zwischen den Wortführern, aggressiver, das Verhalten ruppiger und die Beziehung zwischen einigen Männern eben immer angespannter. Und das erhöht die Spannung ungemein, obwohl dazu nur geringe Mittel verwendet wurden.

Außerdem wirkt der Film enorm authentisch, anschaulich und realistisch. Wenn zum Beispiel verschiedene Situationen aus der Beweisführung rekonstruiert werden oder Zeugenaussagen auf Glaubwürdigkeit hin überprüft werden, dann kann dies jeder Zuschauer nachvollziehen. Es ergibt alles einen Sinn. Und für mich legt kein Regisseur mehr Wert auf Realismus als Sidney Lumet. Der Meister der Authentizität. „Die zwölf Geschworenen“ ist einer der besten Filme, DER beste Debütfilm, den es je gegeben hat und jeder, wirklich jeder sollte ihn einmal gesehen haben.
10 von 10 durchgeschwitzte Männerhemden

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