Review: DIE LEGENDE DER PRINZESSIN KAGUYA - Poetisches Wiederkäuen

Review: DIE LEGENDE DER PRINZESSIN KAGUYA - Poetisches Wiederkäuen


Fakten:
Die Legende von Prinzessin Kaguya (Kaguya-hime no Monogatari)
Japan. 2013. Regie: Isao Takahata. Buch: Riko Sakaguchi, Isao Takahata. Orig. Sprecher: Aki Asakura, Kengo Kora, Takeo Chil, Nobuko Miyamotot u.a. Dt. Sprecher: Sarah Alles, Nico Sablik, Denise Gorzelanny, Uli Krohm u.a. Länge: 137 Minuten. FSK: freigegeben ohne Altersbeschränkung. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.

Story:
Als diese das kleine Wesen berührt, verwandelt es sich in ein Baby und das kinderlose Paar nimmt sich ihrer an. Bald findet der Bambussammler im Wald auch Gold und Edelstoffe und glaubt zu erkennen, dass die Götter eine große Zukunft für die Bambusprinzessin wünschen. Schnell wächst Kaguya zu einem jungen Mädchen heran, das wegen seiner Schönheit von Verehrern so umschwärmt wird, dass ihr gleich fünf Männer aus reichen Verhältnissen Anträge machen. Kaguya aber verlangt ungewöhnliche Hochzeitsgeschenke, die ihr erst gebracht werden müssen. Alle fünf Prinzen scheitern an dieser Aufgabe. Dann macht ihr der Herrscher von Japan einen Heiratsantrag…
Meinung:
Nostalgie, Heimat, Heimweh, Fernweh, Erwachsenwerden, Anpassung an geänderte Umstände, die daraus folgende individuelle Willensstärke sowie die Erhaltung des unerklärlichen Zaubers der alles umfassenden Natur: universelle, essenziell menschliche Themen und besonders im Werk des Studio Ghibli von außerordentlichem Stellenwert. Bei dieser, einer ihrer leider wohl letzten echten Produktionen in jenem Sinne, werden genannte Werte mit gewissenhafter Souveränität erneut zu einem herzlichen Märchen zusammengefasst, das schnörkellos und schwelgerisch in japanischer Folklore verwurzelt ist, wie unter anderem auch bereits 'Pom Poko' aus dem Jahre 1993, ebenso von Regisseur Isao Takahata.
 

Review: DIE LEGENDE DER PRINZESSIN KAGUYA - Poetisches Wiederkäuen

Kaguya entdeckt die Welt

Wo dort die alteingesessenen Geheimnisse des Waldes sich selbst zu beschützen versuchen, während der Fortschritt seine Bahnen zieht, wird die titelgebende, aus Bambus geborene Prinzessin Kaguya in eine ländliche Familie geführt, die ihrem Adoptivkind aufgrund ihrer Herkunft eine höhere Bestimmung voraussehen und sie deshalb in ihrer (schneller als bei den anderen Kindern heranwachsenden) Adoleszenz in adlige Kreise einführen wollen, obwohl diese lieber erdgebunden bei ihren Freunden und dem Leben auf dem Land verbleiben möchte. Der lebhafte und liebevoll eigenständige Animationsstil lässt da auch für den Zuschauer Fantastisches und Warmes aufblühen, getragen von einer malerisch-naturalistischen Poesie der ländlichen Sympathie und Entdeckungslust. Die neuen Verhältnisse bringen deshalb schwierige Einschränkungen und Zweifel mit sich, folglich innere und äußere Flucht bei stürmischem Frust und Seele würgender Melancholie hinsichtlich der Bitterkeit des anstehenden Verlusts. Doch die Anpassung lässt sich nicht vermeiden - solange immerhin die Erinnerungen bleiben, kann man's schon aushalten, auch weil man es den Eltern recht machen will.

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Kaguya und ein alter Kinderfreund

Die Pflichten des Daseins als Prinzessin rufen allerdings auch oberflächliche, groß tönende Verehrer auf den Plan, gegenüber denen Traditionen erfüllt werden müssen. Kaguya jedoch wehrt sich verschmitzt dagegen, macht es keinem einfach, erfordert ehrliche Zeichen der Zuneigung, während sie gleichzeitig weiterhin die Nähe zur Vergangenheit sucht, darin mit ihren Flügeln der Freiheit wieder aufgehen will.
Inwiefern dieser Wunsch erfüllt werden kann oder erneut von der Gegenwart eingeholt und entsagt wird, stellt sodann den emotionalen Kern in einem Film dar, der als Interpretation einer urtümlichen Sage und zudem im bewährten Rahmen seiner Produktionsfirma leider oftmals recht durchschaubar verläuft, in seiner Einfachheit zwar eine angenehme Unaufgeregtheit und beständige Charakternähe beherrscht, in seiner impressionistischen Stilsicherheit jedoch so sicher bleibt, dass er unweigerlich eher konventionelle Pfade betritt. Das alles besitzt sodann seine gewissen Längen des erwartbaren (wenn auch zurückgenommenen) Erzählens, lohnt im Endeffekt aber für Motivation und Aufbau des starken dritten Aktes, welcher der Fantasie dieser Legende endlich bittersüßen Freiraum jenseits des Traditionellen schenkt.

Man merkt jedoch, dass die Moral von der Geschicht' und ihre narrativen wie thematischen Methodiken kein Neuland für Studio Ghibli präsentieren, in ihrer Variation der Animation allerdings noch einmal eine einvernehmende Plattform der Herzensgüte und menschlichen Sehnsucht zur Magie der unsterblichen Seele verpasst bekommen haben, ehe das Einschleichen einer festen Formelhaftigkeit vollends in die schon lange Geschichte des Studios eintreten musste. Womöglich bleibt da ein ebenso schwieriger Abschied zwischen der Freude des Erlebten und der Verzweiflung des Wiederauflebens übrig, wie am Ende dieses Films, aber irgendwie muss es ja trotzdem weitergehen. Solange die Erinnerungen bleiben...

7 von 10Erinnerungen an den Mond

vom Witte

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