Review: DIE INSEL - Der beinahe Michael-Bay-Ausnahmefilm

Review: DIE INSEL - Der beinahe Michael-Bay-Ausnahmefilm
Fakten:
Die Insel (The Island)USA. 2005. Regie: Michael Bay. Buch: Caspian Tredwell-Owen, Alex Kurtzman, Roberto Orci. Mit: Ewan McGregor, Scarlett Johansson, Steve Buscemi, Sean Bean, Djimon Honsou, Michael Clarke Duncan, Ethan Philips, Shawnee Smith, Brian Stepanek. Länge: 130 Minuten. FSK: Ab 16 Jahren freigegeben. Auf DVD und Blu-Ray erhältlich.
Story:
Mitte des 21. Jahrhunderts werden in einer Anlage menschliche Klone, die nur dazu dienen, "Ersatzteile" für ihre menschlichen Originale zu liefern, gezüchtet. Die Klone wissen nichts davon, sie glauben, dass sie nach einer Katastrophe die einzigen überlebenden wären. Aber Lincoln Six-Echo entdeckt das düstere Geheimnis. Sein gesamtes Leben ist eine einzige Lüge und die letzte Überlebenschance ist die Flucht. Deshalb wagt er mit seiner Mitbewohnerin Jordan Two-Delta den Ausbruch…


Meinung:
So richtig viel erwartet man ja nie von einem Michael Bay-Film. Spaß sollte er einigermaßen machen und auf keinen Fall langweilen. Das wars auch schon. Manchmal gelingt es ihm, manchmal nicht. Darum sind auch die Erwartungen für diesen Film nicht viel anders. Aber bei „Die Insel“ wird man dann doch extrem überrascht. Der Anfang des Films ist nämlich ziemlich stark. Eine gute Ausgangslage über eine dystopische Zukunft, in der Klone als Ersatzteillager von Menschen in einer unterirdischen Anlage leben, nach strengen Regeln und nichts von ihrem Schicksal wissen. Bis, ja bis der etwas zu neugierige Klon Lincoln Six Echo (Ewan McGregor) auf immer mehr Merkwürdigkeiten stößt und Nachforschungen anstellt – und schließlich gemeinsam mit einem anderen Klon, Jordan Two Delta (Scarlett Johansson), fliehen kann. Von da an beginnt eine gefährliche Verfolgungsjagd und die Suche danach, was hier denn eigentlich los ist.

Review: DIE INSEL - Der beinahe Michael-Bay-Ausnahmefilm

Als Klon lebt sich's doch gar nicht so schlecht.

Wie gesagt, hier ist es lange Zeit nicht so, wie man es von Michael Bay erwarten könnte, es ist anders. Das Schauspielensemble, neben McGregor und Johansson sind unter anderem Sean Bean, Djimon Honsou, Steve Buscemi und Michael Clarke Duncan mit von der Partie, macht hier einen guten Job. Man will eigentlich selten, wie sonst üblich, mit den Augen rollen, sich auf den Kopf schlagen oder andere ähnliche Gesten zeigen. Nein, sie spielen angenehm, passen gut zu den Rollen, kriegen unterschiedliche Facetten sehr gut hin. Egal ob McGregor und Johansson als Klone, für die die echte Welt anders und neu ist, aber auch ein Steve Buscemi, dem man immer gerne zuschauen will, egal wie merkwürdig seine Frisur auch wieedr ist. Aber da ist noch mehr – endlich gelingt es mir als Zuschauer, einen Zugang zur Hauptperson Lincoln zu bekommen. Das liegt wahrscheinlich an McGregor, aber ganz bestimmt auch daran, dass die Figur in Bays Film endlich auch mal etwas Tiefgang besitzt. Man kann wirklich mitzittern und man versteht endlich auch, warum eine Figur so ist, wie sie ist.

Review: DIE INSEL - Der beinahe Michael-Bay-Ausnahmefilm

Intensive Farben, cooler Gang - das ist Bay pur

Tiefgang, gutes Stichwort. Denn gerade die erste Stunde des Films ist thematisch und inhaltlich echt gut. Die Darstellung dieser in der Zukunft liegenden Welt, technische Feinheiten – spannend und interessant gemacht. Und die Themen um Klonen und menschliche Ersatzteillager sind wie gesagt richtig klasse. Sogar Fragen von Moral und Ethik werden aufgeworfen. Da kann ich sogar darüber hinwegsehen, dass Bay natürlich mal wieder viel zu intensive und vor allem absolut sinnfrei eingesetzte Farben in seinem Film verwendet hat. Ständig wechselt die Farbgebung der Szenen von grün zu blau bis hin zu intensivem gelb oder pink. Eigentlich nervig, aber ich hab ja gesagt, dass ich darüber hinwegsehen will. Genauso wie über das wirklich ununterbrochene in Szene setzen von verschiedenen Weltmarken, auch wenn, zumindest eine, ihren Ursprung in einem fränkischen Städtchen namens Herzogenaurach hat (nein, nicht die. Die andere!). Witz ist drin, ein paar Actionszenen sind vorhanden, nicht zu viele und gut eingesetzt.
Wie gesagt, das alles ist etwa bis zur 60. Filmminute. Denn danach hat Bay etwas gemacht, von dem ich gehofft hatte, er würde es diesmal komplett lassen – er hat einen Michael-Bay-Film daraus gemacht. Der Film wird vom dystopischen Thriller/Drama zur stumpfen Action-Klamauk-Spektakel. Die typischen Zeitlupen häufen sich, da explodiert mal was, hier fliegen Autos durch die Luft. Die Emotionen wirken immer öfter lächerlich, eigentlich sind nur noch die Farben und das Product-Placement eine wirkliche Konstante.

Mit seiner zweiten Hälfte macht Bay zwar die erste nicht komplett kaputt, aber verdammt: Der Film hätte echt gut werden können! Also, richtig gut. Aber da eben beide Filmhälften dazugehören, ist „Die Insel“ einerseits eine große positive Überraschung und auch gleichzeitig, beeinflusst von der starken ersten Hälfte, eine große Enttäuschung. Und am Ende ist es eben dann doch nur ein unterhaltender, ganz netter Film geworden, auch wenn er immer noch einer der besten Bay-Filme ist. Mit leider zu viel der Bay-Essenz, wie man sie kennt.

6 von 10 Motten neben der Nachttischlampe

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