Review: DIE HÖHLE DER VERGESSENEN TRÄUME – Zurück zum Ursprung unserer Kunst

Review: DIE HÖHLE DER VERGESSENEN TRÄUME – Zurück zum Ursprung unserer Kunst
Fakten:
Die Höhle der vergessenen Träume (Cave of Forgotten Dreams)
CA/DE/FR/GB/US. 2010. Regie und Buch: Werner Herzog. Mit: Werner Herzog. Länge: 95 Minuten. FSK: Ohne Altersbeschränkung. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.

Handlung:
Werner Herzog besucht mit einer kleinen Crew die Chauvet-Höhle im Süden Frankreichs. In ihr sind die ältesten von Hand gezeichneten Wandmalereien der Steinzeit zu bestaunen – Eine sensationelle Entdeckung im Jahre 1994. Herzog dringt ein in das philosophische Kunstverständnis der Prähistorik und zeigt dem Zuschauer einen Ort, den er so nie zu sehen bekommen hätte.


Meinung:
Eine Dokumentation von Werner Herzog macht per se immer glücklich, selbst wenn die Themen weh tun und alles andere als fröhlich daherkommen, sind sie doch immer von einer so bewundernswürdigen Sachlichkeit geprägt, die den Zuschauer mit all der professionellen Ruhe, die Herzog schon immer ausgezeichnet und so wertvoll für die Filmwelt gemacht hat, in die Materie einbezieht. Und auch "Die Höhle der vergessenen Träume" besitzt ein ansprechendes Fundament: Die Steinzeitmalereien in der Chauvet-Höhle im Süden Frankreichs. Echtes Kulturgut, der Grundstein der Kunst, versetzt mit jeder Menge philosophischen Fragen und spirituellem Unterbau. Und Herzog weiß, dass jede wirklich, wirklich gute Dokumentation nur funktioniert, wenn sie von einem ebenfalls qualitativ hochwertigen Drehbuch Gebrauch machen kann.

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Die Kunst der Prähistorik

Streift die Kamera von Peter Zeitlinger anfänglich noch zu sakralen Tönen schwelgerisch über die natürliche Steinbrücke, der Pont d'Arc, die direkt über dem Fluss Ardèche liegt, sehen wir schon kurze Zeit später die beeindruckenden Zeichnungen der Urmenschen und verlieren uns schnell in ihrem wunderbaren Anblick. Der Aufwand, die Drehgenehmigung durch das französische Kulturministerium zu erlangen, rentiert sich bereits nach wenigen Minuten. In diesen Malereien bündelt sich ein von Demut geprägtes Gefühl, eine sensationelle Entdeckung von immensem Wert, die nicht nur den Kunstliebhabern aus aller Welt die Tränen in die Augen treibt, sondern Historikern zur Aufklärung der prähistorischen Tierwelt diente. Dass Werner Herzog seinen Film in 3D-Konvertierung auf den Markt schickte, ist da sogar ein sinnvoller Schritt, spielt sie der plastischen Perzeption doch kraftvoll in die Karten und lässt "Die Höhle der vergessenen Träume" zu einer greifbaren, in ihren stärksten Momenten gar magischen Dokumention werden.

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Herzog packt die Abenteuerlust

Diese Schwärmerei hält auch über gut 50 Minuten problemlos an, Herzog reißt den Zuschauer mit, führt ihn in seinem Enthusiasmus an einen Ort, den er eigenständig wahrscheinlich nie zu Gesicht bekommen hätte; zu riskant wäre es, der Höhle einen öffentlichen Zugang zu gewähren, jede winzige Erschütterung, jeder Fehltritt, ja sogar jeder Atemzug könnte hier für verheerende Folgen sorgen und die aus vielerlei Hinsicht von unbezahlbaren Wert bestehenden Überbleibsel unserer Vorfahren zerstören. Eine undenkbare Tragik, ist es doch der letzte Weg, durch die Augen unserer aller Ahnen zu blicken, Bewegungen nachzuvollziehen und in ihrer Vielfältigkeit aufzusaugen. Sind die ersten 50 Minuten allerdings verstrichen, schleicht sich ein unbekannter Eindruck in Herzogs Dokumentation, den man von ihm nicht gewohnt war: Es schon so, als hätte der Meister nichts mehr zu sagen.

Warum diese Impression? Weil Herzog sich fortwährend wiederholt, weil er sich in die gleichen Aufnahmen klammert und ihnen durch ihre permanente Wiederaufbereitung den zu Beginn sprachlosmachenden Reiz entzieht. Es wäre zu viel, würde man behaupten, dass "Die Höhle der vergessenen Träume" ab einem bestimmten langweilig und nichtssagend ist, aber Herzog kann die anfängliche Faszination nicht bis zum Schluss bewahren, springt von Crewmitgliedern und den verschiedenen Höhlenmalereien hin und her und fügt den philosophischen Referenzen keine neuen Facetten bei – Leider. Eine ganze Weile muss vergehen, mehr als eine halbe Stunde, bis Herzog noch einmal etwas wirklich Bleibendes zu erzählen hat: Sind es hier zwei Alligatoren, die als Albinovariation der prähistorischen Vorbilder überlebt haben, sind wir Menschen - im Kontext unserer humanen Vorgänger - doch, und das übermittelt Herzog mit seinem typisch lakonischen Humor, eigentlich nichts anderes. Metaphorisch ist dieser Moment, einzigartig waren die vorherigen Bilder, typisch Herzog, allerdings etwas schwächelnd. Es sei ihm verziehen.

6,5 von 10 prähistorischen Löwen

von souli

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