Review: DIE GROßE VERSUCHUNG – LÜGEN BIS DER ARZT KOMMT - Der Orgasmus ins Glück

Review: DIE GROßE VERSUCHUNG – LÜGEN BIS DER ARZT KOMMT - Der Orgasmus ins Glück
Fakten:
Die große Versuchung – Lügen bis der Arzt kommt (The Grand Seduction)
Kanada. 2013. Regie: Don McKellar. Buch: Ken Scott. Mit: Brendan Gleeson, Taylor Kitsch, Liane Balaban, Gordon Pinsent, Mark Critch, Anna Hopkins u.a. Länge: 113 Minuten. FSK: Ab 6 Jahren freigegeben. Auf DVD und Blu-Ray erhältlich.
Story:
Das kleine Fischerdorf Tickle Head auf einer Insel vor der kanadischen Küste steht vor dem Ruin. Beinahe alle Bewohner sind arbeitslos, die Häuser verfallen und immer mehr Familien ziehen von hier weg. Für den Ortsvorsteher Murray (Brendan Gleeson) und die übrigen Bewohner gibt es jedoch Hoffnung in Form einer Fabrik, die zu einem großen Ölkonzern gehört. Damit die sich aber in dem Dorf ansiedelt, fordert der Vorstand einen Arzt. Da kommt der Kokainsüchtige Arzt Paul (Taylor Kitsch) gerade richtig. Mit einem Trick wird er auf die Insel geholt – und die Bewohner spielen ihm die reinste Idylle vor, um ihn davon zu überzeugen, länger bei ihnen zu bleiben – Nebenwirkungen inklusive.


Meinung:Der Film beginnt mit einem Höhepunkt. Dem Höhepunkt. Einem lauten Orgasmus, so emotional und von wahrer Glückseligkeit erfüllt, dass keiner auch nur daran zweifeln könnte, dass es im kleinen Fischerstädtchen Tickle Head auf einer kleinen Insel an der kanadischen Küste nicht idyllisch sein könnte. Ein kleines Dorf, das mit seinen rauen Felsen, der steinigen Küste, den urigen Häuschen und seiner frischen Natur einen einfachen aber doch paradiesischen Charme behalten soll. Doch so ein Orgasmus hält nicht ewig. Ist das letzte kleine Stöhnen erst mal verklungen, befinden wir uns auch schon in der grauen Realität. Der Hafen? Verfallen. Die Natur? Verwildert. Die Bewohner? Größtenteils arbeitslos, nachdem die große Zeit der Fischerei vorbei ist. Sie halten sich mit kleineren Betrügereien über Wasser, leben von der Stütze und flüchten sich in einen lakonischen und selbstgefälligen Trotz.

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Auch vor Überwachung schrecken die Bewohner nicht zurück


Doch da keimt Hoffnung auf, in Form eines Ölunternehmens, das eine Fabrik in Tickle Head bauen will. Allerdings stellt der Konzern Bedingungen, allen voran soll ein Arzt ins 120 Seelen-Dorf ziehen. Doch welcher Arzt hat schon Lust, in ein solch kleines Kaff zu ziehen? Eben. Also müssen sich die Bewohner um ihren Dorfvorstand Murray (Brendan Gleeson) etwas einfallen lassen. Mit einem Trick holen sie einen jungen Großstadtarzt (Taylor Kitsch) zu sich und versuchen, ihn mit allerlei Tricks und Lügen bei sich zu behalten. Die Überwachung seiner Privattelefonate ist da wohl noch das geringste Übel. Personell kann man dem Film nichts vorwerfen, im Gegenteil: Wahrscheinlich könnte niemand die Rolle des kauzigen, liebenswerten und umtriebigen Dorfvorstehers Murray besser spielen als Brendan Gleeson, der mit seinem wilden Bart und seiner grummeligen Art scheinbar sein ganzes Leben in diesem Städtchen verbracht hat und nie etwas anderes war. Taylor Kitsch, der den jungen Arzt spielt, passt mit seinem verwirrten Blick ebenfalls gut in sein Rolle. Überraschend, dass hier doch überwiegend auf die typischsten Klischees verzichtet wird.
Leider funktioniert der Humor des Films nicht immer und braucht einige Zeit, um richtig in Fahrt zu kommen. Man muss sich eben, genau wie der zugereiste Arzt, erst mal an die sehr eigene aber doch herzliche Art der Insulaner gewöhnen. Anders verhält es sich mit der Musik, die ein wenig an typisch irische Folk-Musik erinnert und sofort Freude versprüht. Sie vermittelt gleich dieses bodenständige und gut gelaunte Gefühl, das diesen Film im Grunde ausmacht. „Die große Versuchung“ ist ein typischer Feel-Good-Movie, dessen Story genau so bekannt wie vorhersehbar sein dürfte. Das englischsprachige kanadische Remake eines franko-kanadischen Films tut nicht weh, ist aber auch kein Film, der lange im Hinterkopf herumspuken wird. Man kann wunderbar abschalten und fühlt sich am Ende einfach gut. Fast so gut, wie beim Orgasmus, mit dem der Film eingeleitet wird.

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