Die Frau in Schwarz 2: Der Engel des Todes (The Woman in Black 2: Angels of Death)
UK. 2014. Regie: Tom Harper. Buch: Jon Croker, Jane Goldman (Vorlage). Mit: Phoebe Fox, Jeremy Irvine, Helen McCrory, Adrian Rawlins, Leanne Best, Ned Dennehy, Oaklee Pendergast, Jude Wright u.a. Länge: 98 Minuten. FSK: freigegeben ab 16 Jahren. Ab dem 16. Juli auf DVD und Blu-Ray erhältlich.
Story:
Im Zweiten Weltkrieg müssen viele Schulkinder aus den gefährlichen Städten auf das Land verlagert werden. Dort kommt eine Schulklasse vorüber in einem alten Haus unter, in dem mehr zu sein scheint, als nur ein paar alte Möbel.
Die britische Filmproduktionsfirma „Hammer Films“ war hauptverantwortlich dafür, dass die Filmwelt von den 30ern bis in die 80er hinein so manchen Schock erleben durfte. Erste graphische Grausamkeiten, Horrorfilm-Produktion wie am Fließband (unter anderem einige Klassiker des Haunted-House-Genres) und natürlich der große Christopher Lee; all dies ist „Hammer Films“ zu verdanken. Mitte der 80er schloss die Firma, bis sie in 2008 wieder vorsichtig anfing, Filme zu produzieren. 2010 folgte mit „Let Me In“ ein Remake, das sich einiger Popularität erfreuen darf und schließlich wurde 2011 auch „Die Frau in Schwarz“ veröffentlicht. Der wohlige Grusel alter Tage wurde in diesem Film gekonnt reanimiert. Ein kleines Juwel ist der Film geworden, ein erfolgreiches noch dazu. Die Fortsetzung kam schnell und sie kam überhastet.
Ich sehe was, was du nicht siehst
Nahezu alles, was den Vorgänger zu einem so tollen Gruselfilm der alten Schule gemacht hat, wird hier missachtet, verspielt, in den Sand gesetzt oder ignoriert. Und so verkommt die Möglichkeit einer weiteren gelungenen Reminiszenz an die guten alten Haunted House-Horrorfilme zu einer Szenerie, die ungelogen schon vor der ersten Sequenz des Films zu einer peinlichen Jump Scare-Grütze verkommt. Die Existenzberechtigung der Jump Scares soll man in Horrorfilmen ja gar nicht abziehen oder bestreiten, natürlich gehören sie auch dazu. Aber müssen sie in einem gewissen und gesunden Maße in ein atmosphärisches Gesamtkonstrukt eingearbeitet werden, um nicht nervig zu werden und den Zuschauer zum Abschalten zu motivieren. Die Schocks kommen hier ebenso ungelenk wie unmotiviert daher und dienen zu keiner Zeit einem größeren Zweck, abgesehen von dem, zu überraschen. Dies funktioniert nur leider nicht, wenn die restliche Szenerie so vorhersehbar ist, dass man die Schocks geschmeidig über den Daumen peilen kann. So bleibt es oft bei einem etwas traurigen Versuch, irgendwas hinzubekommen. Schocks sind die billigen Ausreden, wenn man es nicht hinbekommt, den Zuschauer anderweitig (sprich mit Suspense oder Flair) in Angst und Schrecken zu versetzen. Und von diesen billigen Ausreden gibt es hier so viele wie in einer durchschnittlichen Schulklasse des 8. Jahrgangs.Ja, das ist wirklich eine sehr grässliche Tapete
Der inflationäre Gebrauch von Jump Scares ist jedoch leider nur das kleinste Problem, das der Film hat. Man könnte fast sogar sagen, sie würden dem Film helfen, weil durch ihre laute und abrupte Natur der Zuschauer aus seinem Schlaf gerissen wird. Aber auch nur fast. Denn was der Film ansonsten liefert ist eine Unverschämtheit. War das unheimliche alte Haus im ersten Teil noch Hauptfigur und Schlüsselelement, das den Grusel und die großartige Atmosphäre mit seiner unsicheren und verunsichernden, ja geheimnisvollen Gestalt noch begünstigte, ist das Haus hier ein glatter Witz. Von Anfang an ist jede Wendung, jedes Geheimnis, jede Intrige so deutlich, uninteressant und festgefahren, dass der Grusel des Unbekannten gar nicht entstehen kann. Regisseur Tom Harper versucht das Szenario des Krieges als Motiv der omnipräsenten Gefahr nutzen. Das gelingt ihm jedoch nicht, sodass die Figuren es laut aussprechen müssen, damit der Zuschauer es weiß. Harper versucht zu zeigen, dass die größte Gefahr des Menschen immer noch in ihm selbst lauert. Das gelingt ihm jedoch nicht, sodass die Figuren es laut aussprechen müssen. Es ist fast schon beeindruckend.„Die Frau in Schwarz: Der Engel des Todes“ ist ein grottenschlechtes Sequel, dessen Hauptprobleme in den Formalitäten zu finden sind. Erzählte der Vorgänger neben all seiner atmosphärischen und technischen Finesse noch eine Geschichte über Verlust, Traumata und den Umgang mit den genannten, erzählt dieser Film nichts. Zumindest nichts, was erwähnenswert wäre. Jegliches Fehlen von inszenatorischem Können wird ungelenk, brachial und hochnotpeinlich mit Schocks versucht zu kaschieren, was ebenso wenig funktioniert, wie die Telenovela-Dialoge und -Figuren. „Hammer Films“ vollzieht eine 180-Grad-Wende und spuckt dem eigenen Film von 2011 ins Gesicht mit dieser Fortsetzung, die man ganz schnell aus der Filmographie verschwinden lassen sollte. Nach geschlagenen 60 von 95 Minuten kommt noch kein Grusel auf und danach, wenn Hopfen und Malzen eh schon verloren sind, wird versucht, ein paar Schippen draufzupacken. Was in einem Wettlauf der Erbärmlichkeit mündet. Leider ein Wettlauf gegen sich selbst.
3 von 10 Selbstverletzungen
von Smooli