Review: DIE FAST VERGESSENE WELT – Ferrell'sches Allerlei auf 100 Millionen Basis

Erstellt am 15. Juni 2014 von Die Drei Muscheln @DieDreiMuscheln

Fakten:
Die fast vergessene Welt (Land of the Lost)
USA. 2009. Regie: Brad Silberling. Buch: Chris Henchy, Dennis McNicholas. Mit: Will Ferrell, Anna Friel, Danny McBride, Jorma Taccone, John Boylan u.a. Länge: 102Minuten. FSK: freigegeben ab 12 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.

Story:
Nachdem sich der Paläontologe Rick Marshall vor Publikum zum Vollhorst gemacht hat und die Existenz einer Parallelwelt handgreiflich beteuerte, findet er sich kurze Zeit später dank seines Tachyonen-Verstärkers tatsächlich in einer solchen wieder. Bewohnt von affenartigen wie echsenartigen Menschen, tummeln sich auch dort ebenfalls die Dinosaurier herum. Als dem Wissenschaftler der Tachyonen-Verstärker entwendet wird, macht er sich zusammen mit seinen zwei Begleitern auf die Suche und muss dabei herausfinden, dass unsere Welt in großer Gefahr schwebt.


Meinung:
Man stelle sich einmal Folgendes vor: Ein Sketch aus der renommierten US-amerikanischen Comedy-Show „Saturday Night Live“ wird mit einem ansehnlichen Budget von 100 Millionen Dollar aufgemotzt und auf eine Laufzeit von gut 100 Minuten ausgedehnt. In der Hauptrolle wird dann natürlich niemand geringeres als Frat Pack-Member Will Ferrell zu sehen sein, der nach seinen Auftritten als Moderator („Anchorman“), Muttersöhnchen („Die Hochzeitscrasher“), Rennfahrer („Ricky Bobby“) und Eiskunstläufer („Die Eisprinzen“) nun eben in die Rolle eines Paläontologen schlüpft. Klingt schon reichlich abstrus, oder? Ist mit „Die fast vergessene Welt“ aus dem Jahre 2009 aber so geschehen, wenngleich dem Film als Vorlage kein Sketch aus „Saturday Night Live“ zugrunde lag, sondern die kinderfreundliche Serie „Im Land der Saurier“ (1974-1976; 1991), fühlt sich „Die fast vergessene Welt“ doch fortwährend wie ein bis zum Zerbesten aufgeblähter Gag an. Kann das funktionieren? Nein, nicht wirklich. Doch ist der Film dadurch gleich ein Reinfall?

Sehr trocken, aber eine schöne Aussicht

An den Kinokassen rasselte „Die fast vergessene Welt“ gnadenlos durch und wurde zu allem Überfluss noch für ganze sieben Goldene Himbeeren nominiert. Und es ist tatsächlich keine Schwierigkeit zu verstehen, warum man „Die fast vergessene Welt“ mit so viel Groll und Abneigung begegnen könnte. Es liegt an erste Stelle mit Sicherheit schon an der Besetzung von Will Ferrell. Seine Art ist schwer gewöhnungsbedürftig, genau wie sein Humor entweder gefällt oder schlichtweg abstößt. Als Dr. Rick Marshall hält Ferrell sich damit die Waage: Die Späße oszillieren zwischen genialistischen Dadaismus und peinlichsten Rohrkrepierern, die wiederholt mit der Lakonie eines Danny McBride („Das ist das Ende“) das I-Tüpfelchen verliehen bekommen. Anna Friel („The Look of Love“) bleibt dabei verhältnismäßig unauffällig, hat eine gute, weil selbstreflexive (Hot Pants) Szene zu bieten, steht die meiste Zeit aber immer Schatten des herumtollenden Duos Ferrell und McBride.


 

Will Ferrell hat seinen Fanclub mitgebracht

Die fast vergessene Welt“ ist ein hanebüchenes Erlebnis. Der Film passt hinten und vorne nicht, er kennt keine erzählerischen Rhythmus, ist tonal immer ganz woanders, wo man ihn gerade muten möchte – und doch hat Brad Silberling („Lemony Snicket“) hier einen relativ sympathisches Sci-Fi-Abenteuer auf die Beine gestellt. Im großen Genre-Topf schwimmt so mancher Dinosaurier, einige Affenmenschen und auch Sleestacks, echsenartige Geschöpfe, die mit den Menschen durch eine Parallelwelt treiben, die weder einheitliche Klimazonen kennt, noch von der Topografie irgendwie irdisch erscheint. Gigantische Brückenpfeiler pressen sich aus der Wüste, während es einen Imbiss-Bus regnet und Schiffe, Telefonzellen und sonstige emblematische Wahrzeichen Pop-Art-mäßig aus der Einöde raken. Mittels seines repetitiven Zotengewäsch und einem Orchester, das sich querbeet durch ein Best-Of extremsten Pathos dudelt, bricht „Die fast vergessene Welt“ seine exponierte Seriosität mit Hochgenuss und wird zu einem ganz und gar subversiven Ausflug in verwirrende Weiten: „Die fast vergessene Welt“ sträubt sich erfolgreich dagegen, in klare Muster gepresst zu werden.So liebenswert sich „Die fast vergessene Welt“ in seiner renitenten Haltung auch oft genug ist, so ulkig das Konzept durch die üblichen Ferrell'schen Albernheiten – auch mit popkulturelle Referenzen verwoben - torpediert wird: Dass „Die fast vergessene Welt“ in seinem Wahnsinn nicht gänzlich rund läuft, kostet ihn einiges an Charme, genau wie es einiges an Unterhaltung kostet, dass gerade die grauenhaften Gags entweder viel zu lang gezogen sind oder doch wiederholt aufgerollt werden müssen. Ein schwieriges Unterfangen ist „Die fast vergessene Welt“ in jedem Fall, aber ob er nun wirklich so hassenswert ist, wie manche Kritiker es postuliert haben, lässt sich nicht bestätigen. Letzten Endes ist es eben ein echter Will Ferrell-Film, verpackt als Parodie und Hommage, mit Dinosauriern und einem Budget von 100 Millionen. Bizarr.
4,5 von 10 Kanistern Saurierurin
von souli