Review: DER KAUFHAUS-COP & DER KAUFHAUS-COP 2 – Ein Held, den wir nicht mögen dürfen

Erstellt am 14. August 2015 von Die Drei Muscheln @DieDreiMuscheln

Fakten:
Der Kaufhaus-Cop (Paul Blart: Mall Cop)Der Kaufhaus-Cop 2 (Paul Blart: Mall Cop 2)USA. 2009 und 2015. Regie: Steve Carr (Teil 1), Andy Fickman (Teil 2). Buch: Kevin James, Nick Bakay. Mit: Kevin James, Raini Rodriguez, Jayma Mays, Bobby Cannavale, Erick Avari, Shirley Knight, Keir O’Donnell, Gary Valentine, Neal McDonough, David Henrie, D.B. Woodside u.a. Länge: 87 Minuten (Teil 1), 94 Minuten (Teil 2). FSK: freigegeben ab 6 Jahren. Teil 1 auf DVD und Blu-ray erhältlich. Teil 2 ab 20. August auf DVD und Blu-ray erhältlich.
Story:
Kaufhaus-Wachmann Paul Blart will eigentlich ein echter Cop werden, doch dafür ist der liebenswertige Pummel einfach zu unsportlich. Doch seine Chance kommt, als hochprofessionelle Räuber sein Einkaufszentrum ausrauben wollen. Doch dieses Abenteuer ist noch nicht genug. Einige Jahre nach diesem Vorfall muss Paul während einer Messe für Wachmänner in Las Vegas erneut beweisen, aus welchem Holz der geschnitzt ist, als erneut eine Gaunerbande versucht sich fremdes Eigentum gewaltsam anzueignen.

Meinung:
Träume sind Schäume. Irgendwann muss die Seifenblase an den scharfen Kanten der Realität zerplatzen und es wird Zeit die Augen zu öffnen, um zu sehen, wohin der eigenen Weg in Wahrheit führen wird. Im Film aber sind Träume natürlich nicht einfach nur Träume. Träume sind hier dazu da, um mit leidenschaftlichem Überschwang in die Tat umgesetzt und infolgedessen nach Strich und Faden ausgelebt zu werden. Manchmal ist das auch im echten Leben der Fall, allerdings bleiben diese vereinzelten Glücksfälle vom seichten Pianogeklimper verschont, wie es „Der Kaufhaus-Cop“ und „Der Kaufhaus-Cop 2“ immer wieder einholt, wenn uns die Filme weismachen wollen, dass sich dort gerade etwas ungemein Emotionales auf dem Bildschirm abspielt. Wie man Emotionalität heraufbeschwört, haben nämlich weder Steve Carr („Der Kindergarten-Daddy“) noch Andy Fickman („Die Jagd zum heiligen Berg“) verstanden. Aber wie sollten sie auch? Bei diesen schludrigen Drehbuchvorlagen scheint das Erschaffen eines plastischen Gefühlsknoten zwischen Protagonist und Zuschauer ohnehin nahezu utopisch.

Paul im Einsatz mit seinem ewigen Begleiter, dem Segway

Im Mittelpunkt steht Paul Blart (Kevin James, „King of Queens“), der sich nichts sehnlicher wünscht, als ein echter Polizist zu sein. Aufgrund seiner Hypoklykämie aber war es ihm nicht vergönnt, die körperlichen Belastungstests zu bestehen. Sein Geld verdient er seitdem als Sicherheitsmann in einem Einkaufszentrum, nicht ganz gleichzusetzen mit einem Gesetzeshüter, aber zweifelsohne mit so viel Autorität ausgestattet, um die Kundschaft ein Stück weit zurechtzuweisen. „Der Kaufhaus-Cop“ beschreibt Paul Blart von Beginn an als einen leicht verdatterten, aber doch engagierten Zeitgenossen, der eine gescheiterte Ehe hinter sich hat (eine Mexikanerin hat ihn für eine Greencard ausgenutzt) und dessen einzige sozialen Bezugspersonen seine Tochter Maya (Raini Rodriquez, „Girl in Progress“) und seine Mutter (Shirley Knight, „Besser geht’s nicht“) darstellen. Aber bedeuten „Der Kaufhaus-Cop“ seine Figuren irgendetwas? Geht Steven Carr in irgendeiner Weise auf das Innenleben der Akteure ein? Selbstverständlich nicht, das bedröppelte Gesicht von Paul und Waddy Wachtels in Sentiment badendes Piano sollen erzwingen, was den Film einfach nicht innewohnt: Menschlichkeit.

I was born for boring you, Baby

In „Der Kaufhaus-Cop 2“ ist das nicht anders, es geht den Filmen letzten Endes nur darum, Paul Blart als beleibte Projektionsfläche für Spott und Hohn auszunutzen. Dass es dem Sicherheitsmann am Ende von Teil 1 tatsächlich gelingt, die Eindringlinge zu überführen und sein geliebtes Kaufhaus wieder vom fiesen Gesocks zu befreien (Überraschend, was?), bedeutet rein gar nichts, außer das Aufbereiten moralisierender Binsenweisheiten: Jeder kann ein Held sein, auch der dicke, einsame, trottelige Mann, den wir über die gesamte 90-minütige Laufzeit ausgelacht haben – eben weil er dick, weil er einsam und weil er trottelig ist. Dass es „Der Kaufhaus-Cop 2“ nicht gut mit seiner Hauptfigur meint, wird schon daran deutlich, dass in den ersten Minuten nicht nur die Ehe zu Amy (Jayma Mays), für die Paul zuvor noch durch seine romantische Bekenntnis zum Helden heranwachsen durfte, nach einer Woche in die Brüche gehen darf, sondern auch Pauls Mutter wird mal von einem Milchwagen mal eben aus dem Weg geräumt.

Ein Dicker macht sich zum Horst... Brüller, oder?

Einige Tränen später haben sich diese Schicksalsschläge aber schon wieder in der höhnischen Tonalität des Filmes aufgelöst und es darf nach Las Vegas gereist werden, wo Paul Blurt nach sechs Jahren erneut die Chance bekommt, sein heldenhaftes Talent unter Beweis zu stellen. Gab sich „Der Kaufhaus-Cop“ noch als seichter „Stirb langsam“-Epigone zu erkennen, dürfen in „Der Kaufhaus-Cop 2“ immer mal wieder Anklänge zum Rache-Actioner „96 Hours“ durchschimmern, steht im zweiten Teil doch auch viel deutlicher die Beziehung zwischen Paul und seiner Tochter im Fokus. Das Konzept der Erstlings, welches Teil 2 mit beschiedenen Variationen noch einmal aufwärmt, wird zur Geduldsprobe für den Zuschauer, der nie die Möglichkeit bekommt, zusammen mit Paul Blurt gegen die Bösewichte anzutreten, weil wir vom verlogenen Duktus beider Filme kontinuierlich in eine überhebliche Position gedrückt werden, in der wird uns unbedingt über Paul, sein Übergewicht, seine Unterfahrenheit im Umgang mit Frauen, seine Trotteligkeit lustig machen müssen.

Und wie anstrengend das ist, wird vor allem in den Momenten deutlich, in denen durch Pauls Einsamkeit leise Ansätze einer dissoziativen Realitätsstörung lugen: Pauls Edelmut hätte man problemlos in eine pathologische Relation mit seinen überdeutlichen Machtphantasien stellen können, dafür aber sind „Der Kaufhaus-Cop“ und „Der Kaufhaus-Cop 2“ selbstverständlich die falschen Anlaufstellen – Empfehlen möchte man an dieser Stelle deswegen den unfassbar galligen „Shopping-Center King“, der seinen Sicherheitsmann nicht in der angeblichen Gutmütigkeit abholt, sondern in seinem faschistischen Wahnsinn, der sich durch ein Mindestmaß an Macht zusehends potenziert. Das „Der Kaufhaus-Cop“-Double aber verlässt sich auf die mimischen Verrenkungen und den Slapstick seines Stars und bleibt dabei so seelenlos wie gehässig: High-Concept-Malen-nach-Zahlen-Mainstream-Family-Comedy von der hässlichen, billig arrangierten und nur auf marktwirtschaftliches Kalkül geeichten Seite.

Teil 1: 3 von 10 flotten Segwaytänzen
Teil 2 2,5von 10 bornierten Kunstdieben
von souli