Review: DER CHAOS-DAD - Vater und Sohn, Kotze und Sperma

Erstellt am 26. Februar 2013 von Die Drei Muscheln @DieDreiMuscheln

Fakten:

Der Chaos-Dad (That's my Boy)
USA. 2012. Regie: Sean Anders. Buch: David Caspe. Mit: Adam Sandler, Andy Samberg, Leighton Meester, Vanilla Ice, Milo Ventimiglia, Tony Orlando, Will Forte, James Caan, Blake Clark, Nick Swardson, Luenell, Eva Amurri-Martino, Susan Sarandon, Rachel Dratch, Ciara, Dan Patrick, Rex Ryan, Peggy Stewart, Ian Ziering, Alan Thicke, Ana Gasteyer u.a. Länge: 114 Minuten. FSK: freigegeben ab 16 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.

Story:
Donny Wagner war mal ein Star, schließlich hatte er als Achtklässler eine heiße Affäre mit seiner Lehrerin, die daraufhin schwanger wurde und 30 Jahre ins Gefängnis musste. Doch Ruhm vergeht, vor allem wenn man wie Donny keine allzu helle Leuchte ist. Als Erwachsener ist er pleite und steht kurz davor wie seine Lehrerin in den Knast zu wandern. Doch mit der nötigen Geldsumme könnte er das Problem beiseiteschaffen. Zum Glück wäre das Fernsehen an einem Wiedersehen von Vater, Sohn und Mutter interessiert, also fährt Donny zu seinem Jungen, der sich seit Jahren von ihm gelöst hat und kurz vor seiner Hochzeit steht. Der Beginn von reichlich chaotischen Hochzeitsvorbereitungen. 



Meinung:

Am 23. Februar 2013 wurde Adam Sandler in Santa Monica erneut mit dem Negativpreis „Razzie Award“ für seine Leistung ausgezeichnet. Sandler ist quasi ein Dauergast bei der Veranstaltung, wenn auch einer, der mit Abwesenheit glänzt (wie 99% der anderen Preisträger). Doch hat er für „Der Chaos-Dad“ wirklich schon wieder eine Goldene Himbeere verdient? Die Antwort: Ja, hat er und selbst wenn Sandlers „Jack und Jill“ noch erfolgreicher beim abräumen der negativen Trophäe war, so heißt dies nicht zwangsläufig, dass „Der Chaos-Dad“ nicht auch in derselben qualitativen Liga spielt.

Sohn und Vater gemeinsam

Regisseur Sean Anders („Spritztour - Sexdrive“), der hier zum ersten Mal mit Sandler zusammenarbeitet, was durchaus verwundert, da der Komiker sonst immer mit den üblichen Verdächtigen wie Frank Coraci, Steve Brill oder Dennis Dugan arbeiten (letzter war zumindest als Produzent beteiligt), vertraut auf den typischen Look und Muster moderner US-Komödien. Hier werden konservative Werte hochgehalten, was an sich nicht verwerflich ist, und auch dass der Film seine Aussagen mit diversen Obszönitäten unterfüttert ist an sich nicht verkehrt, nur leider vergisst er dabei die Kernessenz seines Genres: er ist nicht witzig. Nach dem x-ten Gag übers urinieren sowie onanieren lässt es sich nicht verheimlichen, dass „Der Chaos-Dad“ repetitiv in einer Kloake aus Geschmacklosigkeiten fischt. Alles was er dabei irgendwie greifen kann wird an Bord gezerrt. Inzest, rassistische Stereotypen, sexistische Unförmigkeit und vieles mehr häuft sie da an. Wer sich wirklich darüber echauffiert, ist der hölzernen Inszenierung gehörig auf den Leim gegangen. Sean Anders Film ist nämlich kein Provokateur im eigentlichen Sinne, viel mehr wirkt es so, als ob der ganze Infantilismus bewusst dafür verwendet wurde, um die Ideenlosigkeit des Stoffes zu kaschieren.

Hey Kids, das ist Vanilla Ice - der Echte! Ja, der lebt noch

Dabei hätte „Der Chaos-Dad“ durchaus Potenzial gehabt eine deftige wie zotige Comedy zu sein, aber neben seiner lähmenden Banalität, fehlt der Vater-Sohn-Geschichte auch eine sympathische Note. Ohne Sympathie keine Empathie. Wer hier warum gerade kotzt oder die Großmutter verführt, ist vollkommen egal. Es geht nur darum so viele (Möchtegern-)Tabubrüche abzufeuern wie in knapp zwei Stunden Film hineinpassen. Ziemlich blamabel.  Ähnlich verhält es sich auch mit den verkrampften Verbeugungen vor der Popkultur der frühen 1990er-Jahre. Hauptfigur Donny Berger (Sandler) ist gefangen in dieser Zeit, also hängt er mit Vanilla Ice (dem Original) rum, hört Mixtapes und schwört auf den Walkman. Charmant? Nur auf dem Papier. Im Film selbst sind auch die weit verteilten Elemente des Retrospektiven nicht mehr als vertane Chancen die oft genug – zumindest wenn man Anfang der 90er groß geworden ist – fast noch schamloser wirken als die Armeen von Körperflüssigkeiten-Gags. Somit zeigt „Der Chaos-Dad“ nicht nur wie man als Komödie, sondern auch als Zeitgeist-Hommage versagt. Zumindest im scheitern ist der Film keine Enttäuschung.
„Der Chaos-Dad“ reiht sich ein, in der unrühmlichen Ahnenreihe komödiantisch gescheiteter Sandler-Film. Dabei stimmt das Grundgerüst durchaus für einen inhaltslosen aber amüsanten Zeitvertreib, doch ohne Charaktere für die man sich interessiert und ohne einen Funken von Raffinesse bleibt nicht mehr übrig als beliebiges kotzen, pissen, saufen, vögeln und eine vorhersehbare Annäherung zwischen entfremdeten Familienmitgliedern. Nicht unbedingt in dieser Reihenfolge und nicht unbedingt nacheinander, aber das würde auch keinen großen Unterschied mehr ausmachen.
1 von 10 flachgelegten Großmüttern (hihi)