Review: …DENN DIE MUSIK UND DIE LIEBE IN TIROL - Hully-Gully-Übermut der Süßlichkeiten

Erstellt am 1. August 2014 von Die Drei Muscheln @DieDreiMuscheln

Fakten:
…denn die Musik und die Liebe in Tirol
BRD. 1963. Regie: Werner Jacobs. Buch: Max Rottmann. Mit: Vivi Bach, Hannelore Auer, Claus Biederstedt, Gunther Philipp, Thomas Adler, Corny Collins, Gus Backus, Hugo Lindinger, Gerd Vespermann, Franz Muxeneder, Trude Herr, Marie France u.a. Länge: 94 Minuten. FSK: freigegeben ab 6 Jahren. Aktuell leider nicht auf DVD erhältlich.

Story:
Susanne erbt gemeinsam mit ihrer Cousine Monika eine Berghütte an der Grenze zwischen Österreich und Italien. Die Musikstudentin ahnt dabei nicht, dass die Hütte von Oskar Ortshaus für dessen Schmuggelgeschäfte genutzt wird. Als auch noch Susannes Verehrer im Dorf auftaucht, nehmen die Überraschungen für Susanne kein Ende mehr.


Meinung:
Hier mal etwas ganz Außergewöhnliches: eine doch recht frühe MusicHouse-Filmproduktion ohne Hans-Billian-Drehbuch. Da fragt man sich natürlich, wie die auch nur im Entferntesten etwas taugen könnte, aber da kann ich schon mal ein bisschen entwarnen, da Drehbuchautor Max Rottmann stets mit ihm die Stories für all jene Streifen entwickelte und mit Werner Jacobs als Regisseur ein durchaus fähiger Spaßgarant seine Finger im Spiel hat. Das Ensemble ist wie immer eine Goldmine und auch die ausgewählten Schlagernummern haben einen flotten Drive in petto, der sich ebenso auf der visuellen Ebene in Tanz und Spielfreude niederschlägt. Zudem ist der Plot mal eine gewisse Abwechslung von den ganzen ausreißenden Töchtern, Textil-Fabrikanten und komplexen Liebeswechseln, bleibt hier äußerst geradlinig und mit einem kleinen, naiven Krimi-Faktor in der österreichischen Alm versehen. Das bedeutet aber auch einen Mangel an Sex, der sonst so prominent auftaucht, hier eher einer leicht lausbubigen Frechheit und jugendlichem Esprit Platz macht. So ist das eben ohne Billian, aber lassen wir das mal außen vor und begutachten, was wir hier vorfinden können.

Ja, die Vivi kann man nur liebhaben

Der Film besteht aus schlicht zwei Subplots, die recht schnell und homogen miteinander verbunden werden. Zunächst sehen wir die zwei singenden Landstreicher Peter (Gus Backus) und Paul (Gerd Vespermann) über die Grenze nach Österreich treten, bis sie an einer verlassenen Almhütte Rast machen, einbrechen und dort die reichhaltigen Vitamine A wie Alkohol und S wie Salami in rauen Mengen vorfinden - tatsächlich sind sie in einem Schmugglernest des Gangsters Oskar Ortshaus (Hubert Von Meyerinck) eingedrungen, der sie aber als Komplizen verpflichtet, um die heiße Ware zu transportieren. Derzeitig in Innsbruck ist Herbert Petunius (Gunther Philipp) auf Talentsuche für den zukünftigen 'vierten Kanal' unterwegs und hört aus einem Reihenhaus hochwertige Trompetentöne. Die kommen aber von einer gewissen Susanne Berger (Vivi Bach) und die kann er leider nicht verpflichten, da er aufgrund seiner Schwäche für Frauen nur noch für Männertalente beauftragt wurde (im Grunde das genaue Gegenteil von Thomas Alders Rolle in 'TAUSEND TAKTE ÜBERMUT'.).

Doch so leicht gibt sie nicht auf und lädt ihn zusammen mit Freundin Heidi (Corny Collins) zum Besuch des Top-Clubs 'HEISSES PFLASTER' ein, wo sie zusammen mit ihrem Freund Walter (Thomas Alder) fesche Jazznummern (u.a. 'King Hully Gully') spielt, die bei großem Aufgebot freudig betanzt werden. Vom Fleck weg engagiert Talent-Scout Hubert immerhin Walters Band, doch für Susanne kommt schon das nächste Glück ins Haus, als ihre unschuldige Cousine vom Lande, Monika (Hannelore Auer), ihr von der Erbschaft eines echt dollen Anwesens berichtet: jene Almhütte, von der aus Ortshaus schmuggelt! Das weiß aber noch keiner von unseren Protagonisten, stattdessen sind sie alles andere als begeistert davon, in welch katastrophalem Zustand sich die Hütte befindet. Deshalb trommeln sie mithilfe der Motivationspower vom plötzlich auftretenden Teddy Parker und seinem thematisch etwas deplatzierten 'Holiday Twist' ein paar Studentinnen zusammen, die beim Wiederaufbau helfen sollen. Doch die Schmuggler wollen das Feld nicht so leicht räumen und inszenieren einen Plan, bei dem sich Peter und Paul sowie der geheimnisvolle Fred (Claus Biederstedt) als die arbeitslose Band 'Los Romanticos' ausgeben und so das Mitleid von Susanne auslösen - Ehre unter Musik-Kollegen und so, nehme ich mal an.

Tirol, das Land der Oldtimer

Doch die müssen auch mithelfen und so singen alle gemeinsam beim fröhlichen Umbau das Titellied mit passenden, gewitzten Strophen zum Geschehen - Wie eben ein waschechtes, pures Musical! Kommt in dem Genre nicht allzu oft so harmonisch-eingearbeitet vor -, während unterm Erdgeschoss im versteckten Keller der Vagabund Krummblick (Franz Muxeneder) Wache halten muss und sich die Zeit mit reichlich Ballantine's vertreibt. Apropos Spiritus: damit mal wieder geschmuggelt werden kann, sollen die Mädels mit einem besonders starken Wein von unserem Herren-Trio außer Gefecht gesetzt werden - doch die erwischen die falsche Flasche und so sieht man Gus Backus mal wieder ordentlich-doof besoffen spielen, wie später in Billians 'ICH KAUF MIR LIEBER EINEN TIROLERHUT'. Also wird's diesmal nix aus der Schmuggelei, stattdessen wird die Hütte mit einer großen Hausmusik-Party eingeweiht, bei der so flippige Gäste wie Elke Sommer mit ihrem 'Hully Gully Italiano' auftreten. Kesser gestaltet sich aber ein Duett von Vivi Bach und Hannelore Auer, nachdem letztere als schüchterne Landpomeranze ein paar Schnäpse zuviel zu sich genommen hat und den akrobatischen 'Almdudl-Twist' zum Besten gibt. Da schaut auch Susannes Freund Walter dumm aus der Wäsche und man merkt: da bahnt sich was an, auch weil er bei dem ganzen Umbau Susanne kaum noch zu sehen bekommen hat und diese sich stattdessen ausgerechnet in Fred verguckt.

Aber Walter riecht da auch den Braten, dass irgendwas nicht so ganz richtig mit den Kerlen läuft und so erwischt er aus sicherer Distanz einen Blick darauf, wie sie in die Hütte einbrechen und die Mädels nun ohne Pardon terrorisieren, weshalb er die Polizei verständigt, diese aber alle als Verdächtige festnimmt. Monika hingegen konnte noch türmen und so unternimmt sie incognito, zusammen mit Walter, weitere Nachforschungen zur Entlastung der anderen Mädels, was sich später schlicht von alleine auflöst, aber die Bindung zwischen den Beiden dennoch stärkt. Gleiches gilt auch für Hubert Petunius, der inzwischen offenbar Gefühle zu Heidi pflegt und dahingehend ebenso ihre Freilassung fordert, da er sich jetzt doch wieder entschlossen hat, auch Frauentalente zu 'entdecken'. Sie hat aber einen Heiratsantrag erwartet, weshalb da nochmals getrennte Wege gegangen werden. Alle treffen sich jedoch auf der großen Wiedereröffnungsparty (?) der Almhütte wieder, wo so einige Gesangstalente ihr großes Stelldichein geben: Peppino Di Capri lässt honkig und twistig seine 'Signorina mit dem blonden Haar' vom Stapel, während Billy Mo sich weigert aufzutreten, mit der ironischer Weise von ihm besungenen Begründung 'Ohne Geld gibt's keine Musik' - danach taucht er auch nicht mehr auf, also war er wohl konsequent. Peter und Paul wollen auch ihre Chance versuchen, von Petunius entdeckt zu werden, doch weil der jetzt nur noch Frauen engagiert, entschließen sich die Beiden zu einer Teiltravestie mit dem Titel 'Caroline', die durchaus Erfolg hat. Doch wie geht die Geschichte nun in Sachen Liebe aus, schließlich hat der Film sogar relativ behutsam und kohärent darauf hingearbeitet, diese melodramatisch aufzulösen.

Flirten auf tirolerisch?

Man muss ja dabei mal erwähnen, wie Hannelore Auer entgegen ihres sonstigen Image eine recht schüchterne Maus spielt, auch äußerlich noch ganz jung, unverbraucht-juxig und bescheiden-unwissend rüberkommt - weshalb sie sich auch schweren Herzens nicht in die Beziehung von Walter und Susanne einmischen will, da die Beiden in ihren Augen ja wohl zusammengehören und sie dafür sogar in Kauf nimmt, mit trauriger unerfüllter Liebe wieder in ihr Heimatdorf zurückzukehren. Doch da hält sie Walter auf und macht ihr auf der Stelle einen süßen Heiratsantrag. Glück auf, wie schön! Selbiges gilt für Hubert und Heidi sowie für Susanne und Fred, der sich als Undercover-Rechtsanwalt entpuppt, welcher auf diese Art die Schmuggler dingfest gemacht hat und eben doch noch als ganz rechtschaffener, respektabler Traummann gehandelt wird. Wie die Sache für den Rest der Besetzung ausgeht, erklärt uns Gunther Philipp in einem Epilogen-haften Voiceover, der schon ein bisschen 'American Graffiti' und 'Animal House' vorwegnimmt, auf jeden Fall einen lustigen Abschluss für ein gelungenes Handlungs- und Figurengeflecht liefert, welches von Werner Jacobs ganz souverän und unterhaltsam auf die Beine gestellt wurde.

Und viel mehr bleibt dann auch nicht mehr über diese dufte Schlagerparade zu sagen - die langweilt zu keiner Minute, hat durchweg einen massiven Anteil an Musikpartien im Angebot, die zusammen mit Kamera & Schnitt ordentlich Energie und Frohsinn verbreiten, während die Konzentration in Story und Setting ein schön geerdetes Ambiente vermittelt und daraus sein durchgängig aufreizendes Gag-Potenzial zieht. Die Charakterisierungen der einzelnen Figuren sind zwar auch hier äußerst oberflächlich, aber dafür angenehm inoffensiv und frohmütig, selbst bei den exaltierten Gangstern, die glatt aus einem Lausbuben-Märchen stammen könnten. Das gehört eben zu Jacobs' Familien-freundlichen und sonnigen Stil, der jedoch fernab von der wahren Sexyness des hier oft besungenen Jazz und seinen Damen arbeitet und stattdessen nur harmlosen, bodenständigen Klamauk zaubert. Da kann ich wieder nur für mich sprechen, aber unter Billians Einfluss steckte doch ein gutes Stück mehr jugendliche Anarchie in derartigen Geschichten, die sich sodann auch weit 'riskantere' und frivolere Inhalte erlaubten, was ja irgendwie doch immer interessanter anzuschauen ist - besonders dann, wenn richtig verrückte Liebesverhältnisse aufgestellt werden und wirklich weit hergeholte Ulkigkeiten die alteingesessene Logik zerschreddern. Abgesehen davon bekommt man mit diesem Tiroler Schwank aber dennoch gelungene 90 Minuten Schlager-Spaß zusammen, die mit ihrem Schwung ordentlich zum Mittanzen und Mitkichern anregen und zumindest eine weitere zuckersüße Glasur über die sommerlichen Tage streichen.

6,5 von 10entdeckten Talenten

vom Witte