Review: DELLAMORTE DELLAMORE - Der einsame Wächter der Toten

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Fakten:
DellAmorte DellAmore
IT, FR, BRD, 1994. Regie: Michele Soavi. Buch: Gianni Romoli. Mit: Rupert Everett, Francois Hadji-Lazaro, Anna Falchi, Mickey Knox, Anton Alexander, Fabiana Formica, Clive Riche, Stefano Masciarelli u.a. Länge: 99 Minuten. FSK: Freigegeben ab 18 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.
Story:
Der Friedhof von Buffalora ist nicht wie jeder andere. Die dort begrabenen Toten kehren in der Regel nach sieben Tagen wieder und müssen dann schnell erledigt werden. Zerstörte Schädel sind eine gute Maßnahme. Totengräber Francesco Dellamorte übernimmt diesen merkwürdigen Job und erfüllt ihn mustergültig. Es ist ein einsamen Leben. Bis Francesco auf eine junge Witwe trifft. Doch der Tot ist allgegenwärtig, speziell an diesem Ort. Ihm ist die Romanze nicht vergönnt und er begeht einen folgenschweren Fehler...


  

  

Jackos Meinung:
"Mein Name ist Francesco Dellamorte. Gruseliger Name, was?...Ich dachte schon daran, ihn zu ändern. André würde bestimmt nett klingen..."

Review: DELLAMORTE DELLAMORE - Der einsame Wächter der Toten

Liebe kennt keinen Ekel.

Michele Soavi, ein Schüler des einst großen Dario Argento, hat bis heute nur wenige Regiearbeiten abgelegt. Unter ihnen der von Joe D'Amato produzierte "Aquarius - Theater des Todes" (gleichzeitig Soavis Debüt), den oft unterschätzten "The Church" und dann dieses Meisterwerk, was gleichzeitig seinen Höhepunkt (bis heute) darstellen sollte. Die Umsetzung der Comic-Novel von Tiziano Sclavi wurde so etwas wie der Abgesang auf das italienische Genrekino, grob vergleichbar mit dem, als was zwei Jahre zuvor Clint Eastwoods "Erbarmungslos" für den US-Western weltweit gefeiert wurde. Der Vergleich mag im ersten Moment merkwürdig klingen, tatsächlich ist er recht treffend. In den USA (und weltweit) war der Western jahrzehntelang ein ausgiebig zelebriertes Genre, das irgendwann zu Tode geritten wurde und fast von der Bildfläche verschwand. Bis Eastwood ihm ein Denkmal setzte. Soavi macht kaum etwas anderes, nur weit weniger beachtet von der Allgemeinheit.
"DellAmorte DellAmore" - allein der Titel ist wunderschön - ist eine Ode an das europäische Genrekino, welches von den späten 60ern bis in die frühen 80er so manche Glanzpunkte setzte, angeführt von Leuten wie Mario Bava, Dario Argento oder Lucio Fulci. Natürlich stecken in Soavis Werk auch unverkennbare Einflüsse von Zombie-Vater George A. Romero, der trotz seiner US-Herkunft zum europäischen Genrekino gehört, allein durch seine enge Zusammenarbeit mit z.B. Argento bei seinem "Dawn of the Dead". Als solche Filme schon gar keine relevante Rolle mehr spielten, ein Argento schon seinen guten Namen mit minderwertigen Filmchen in den Schmutz zog, setzte Soavi hier einen Meilenstein, der gleichzeitig einen Schlusspunkt bildete. Schade, aber wenn, dann so.
"Die lebenden Toten und die sterbenden Lebenden, wie ähnlich sie sich sind."

Review: DELLAMORTE DELLAMORE - Der einsame Wächter der Toten

Ein Kopf ist besser als nichts.

Liebe und Tod auf dem Friedhof. Ein bizarrer Mikrokosmos, mit Francesco Dellamorte als einsamen Hüter des Gleichgewichts. Eine tragische Figur mit der Hand an der Waffe und der Einsamkeit im Herzen. Sein kurzes Glück ist nicht von Dauer, es wird zu seinem Schicksal. Michele Soavi serviert eine Melange aus absurdem, gleichzeitig enorm sarkastischem und extrem bissigem Humor, Genre-üblichen Gore und bitter-süßer Melancholie. Voller Fantasie, surrealen Eleicht trashigem Einschlag, dabei so herzlich, böse und fast philosophisch, ein außergewöhnliches Werk. Zwischen Wahn und Wirklichkeit pendelt die Tragödie um den Totenwächter mit dem schönen Namen und der undankbaren Aufgabe. Ein Film, bei dem der weitere Verlauf zu keiner Sekunde vorhersehbar ist, denn Soavi verweigert sich bewusst gängiger Konventionen und verlässt sich auf den Sog und die Faszination, die von diesem Kleinod ausgeht. Damit fährt er die richtige Schiene.


"Ab einem bestimmten Punkt stellt man fest, dass man mehr tote Leute kennt als Lebende."



Review: DELLAMORTE DELLAMORE - Der einsame Wächter der Toten

This is the End...

Zwischen urkomischen Situationen, morbider Poesie und abstrakten Einlagen, mit so viel Herz und Leidenschaft inszeniert. Was "DellAmorte DellAmore" mit dem geneigten Genrefan anstellt, kann kaum passend beschrieben werden. Das ist Kunst auf seine ganz eigene Weise. Selbst wenn alles schon in trockenen Tüchern scheint, schwingt Soavi mit seinem Finale noch mal den Hammer und lässt einen in den Abgrund schauen, den man kaum kommen gesehen hat. Sprachlos lässt er einen zurück und setzt damit das perfekte Ende für einen zeitlos schönen wie unkopierbaren Film. Hätte er an dem Punkt so weiter gemacht, das europäische Genrekino hätte einen neuen Stern bekommen. So erwischt er aber vielleicht genau den Punkt, an dem er seinen Zenit erreicht hat. Wahrscheinlich gut so. So bleibt "DellAmorte DellAmore" ein letzter Glanzpunkt und unbedingter (immer noch) Geheimtipp für alle, die sich gerne von so etwas verzaubern lassen.
"Wenn du nicht willst, dass die Toten zurückkehren, warum erschießt du nicht einfach die Lebenden?"
8,5 von 10 verbrannten Telefonbüchern.

Soulis Meinung:Francesco sehnt sich nach menschlicher Nähe, nach dem geborgenen Gefühl, endlich von jemandem genau so akzeptiert und geliebt zu werden, wie er nun mal ist. Doch die von Melancholie geschwängerte Luft suggeriert schon früh, dass die Zeichen hier auf Abschied stehen und Francescos Sehnsüchte unter der zerrissenen Bürde seines Namens langsam erdrückt werden: DellaMorte, DellAmore; Leben und Tod tänzeln hier im Takt des Schwanengesangs über die modrigen Gräber, doch Freiheit scheint es auf keiner der beiden Seiten zu geben. Weder für den Totengräber, der von der Gesellschaft ausgestoßen wurde und nur noch zum Gespött der Leute dient, noch für die Toten, die nach sieben Tagen aus ihren Särgen steigen und im flüsternden Mondschein über den Friedhof torkeln.


„Dellamorte Dellamore“ ist ein in tieftrauriger Poesie gefärbter Abgesang auf die guten Absichten im Leben und den Versuchen, in seinen Bedürfnissen endlich befriedigt zu werden. Francesco ist zum Scheitern geboren und findet sich an den Klippen der Welt wieder, um dort zu verstehen, dass es weder Hoffnung auf Glückseligkeit, noch eine Rückkehr in die alte Brutstätte seiner Obsession und Depression geben wird: Zuhause liegt da, wo dein Herz schlägt. Und was, wenn das Herz schon lange nicht mehr pocht? Wenn es noch nie geschlagen hat?
8 von 10  Schneekugeln.


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