[Review] Das also ist mein Leben – Ein Brief an einen Buchfreund…

09/09/12

 

[Review] Das also ist mein Leben – Ein Brief an einen Buchfreund…

 

Lieber [Buch]freund,

ich möchte Dir gerne von einem Buch erzählen, welches ich gerade beendet habe. Es hat mich etwas aufgewühlt.

Es geht um eine fiktionale Geschichte, die der junge Charlie niederschreibt. Es ist SEINE Geschichte, die er in Briefe presst. Aber glaube nicht, dass nur weil sie fiktional ist, so etwas noch nie jemandem widerfahren ist. Vielleicht kennst Du ja selbst auch schon Charlies Briefe aus “Das also ist mein Leben”? Dann wirst Du vielleicht den vorherigen Satz auch verstehen. Man kann diesen Satz in Verbindung zum Buch erst spät verstehen.

Nun denn, Charlie beschließt also kurz vor seinem ersten Highschool Tag Briefe zu schreiben. Adressiert an jemanden, den er noch nicht mal zu kennen scheint bzw. von dem/der man nicht wirklich weiß, ob diese Person existiert. Er beginnt diese Briefe stets mit den Worten >Lieber Freund<. Komisch nicht wahr?! So richtig verstand ich lange nicht, wieso er die Briefe gerade zu diesem Zeitpunkt begann zu schreiben und weshalb an einen “Niemand”. Charlie geht es da genauso. Er möchte vielleicht nicht das Gefühl haben, alleine mit seinen Empfindungen zu sein. Es ist daher ein etwas holpriges Unterfangen, Charlie manchmal gedanklich zu folgen. Denn wie ein 15-jähriger drückt er sich nun wirklich nicht aus. Seine Gedankensträngen sind im einen Moment noch fahrig und wechseln schneller als einem lieb ist und der nächste Satz ist so voller Tiefe, dass die Worte mich drohten hinunter zu ziehen. 

Geduld ist eine Tugend…?!

Also versuche bitte, Dich auf ihn einzulassen falls Du das Buch lesen solltest, okay? Und ich bitte Dich, Geduld mit Ihm zu haben. Er ist allgemein ein komischer Junge, bei dem man sich fragt, ob er noch “ganz richtig tickt”. Du wirst jedoch schnell merken, wie klug Charlie ist. Leider auch reichlich naiv und sensibel, einfühlsam und eine wahrlich treue Seele. Da tut es schon weh zu lesen, dass er außer seiner Familie so gar niemanden hat. Und obwohl seine Eltern ihn lieben, scheinen Gefühlsäußerungen nicht oberse Priorität zu haben. Auch Charlies Geschwister sind viel mehr mit sich beschäftigt und sehen ihn als eine Klette. Dabei möchte er nur >Teil< von etwas sein, von Jemandem. Seine Tante Helen verstand ihn immer. Sie starb vor Jahren und Charlie fällt es immer noch schwer, an sie zu denken… Wieso, weiß er manchmal selbst nicht so genau.

Doch bald begegnet er zwei Menschen, die ihn nicht so angucken wie die anderen Kids in seiner Schule. Sie drehen sich nicht weg, wenn er sie anspricht sondern lächeln ihn freundlich an. Sie möchten wissen, was Charlie zu sagen hat. Hören ihm gespannt zu und mögen ganz ernsthaft seine Mixtapes. Und allein deshalb mochte ich diese beiden Figuren von der ersten Sekunde an. Patrick und Samantha sind (Stief)Geschwister und nehmen Charlie so ein bisschen unter ihre Fittiche. Sie wollen, dass Charlie mehr aus sich rauskommt. Und das tut er. Mit ihnen fühlt er sich <grenzenlos<. Doch er nimmt das irgendwann so ein bisschen zu ernst. Charlies Naivität wird ihm zum Verhängnis. Weil Charlie halt anders ist, möchte er gerade dazu gehören. Oder wie er immer sagt: “ich werde dazu ermutigt, mehr >teilzunehmen<.” Und er macht reichlich blöde Dinge. Obwohl er auch weiß, was das mit anderen Menschen in seinem Umkreis schon angerichtet hat. So manches mal wollte ich ihm die Ohren lang ziehen. Aber dann widerum tat er mir auch leid, weil ich halt das Besondere an diesem Jungen gesehen habe und mir dachte, er wird sich schon einkriegen.

Genau wie Bill, sein Englisch Lehrer. Er versorgt ihn mit Klassikern der englischen Literatur oder Filmen, und gibt ihm Spezialaufgaben auf, an denen Charlie gar aufblüht.

In dieser Geschichte spürt man Warmherzigkeit und Selbstlosigkeit. Aber man spürt auch mit einer ungeheuren Kraft wie stark die Selbstbezogenheit einiger Charaktere diesen Jungen ins Straucheln bringen, an ihm zerren, ihn verunsichern. Und immer wieder überkommt Charlie auch diese tiefe Traurigkeit. Er fühlt sich dann richtig hundeelend und komisch. Diese Momente sind für ihn hart, weil er nicht weiß woher dieses Unwohlsein eigentlich kommt. Dann ist man einfach nur, wie er, ratlos und weiß nichts mit ihm anzufangen. So gerne will man ihm helfen. Doch Charlie möchte so etwas mit sich ausmachen. Aber kann er dieses Gefühl denn wirklich aufhalten? Merkt er doch,  dass er sich mit einem Affentempo auf eine unsichtbare Klippe zu bewegt und vielleicht niemand davor steht, um seinen Sturz abzufangen?

 

Charlie und seine Welt gingen mir nahe, obwohl ich oft verwirrt war. Aber zum Ende sah ich trotz des harten Kerns diesen warmen Lichtkegel am Ende des Tunnels, und die Verwirrung löste sich langsam auf.   

 

“Das also ist mein Leben.
Und ich will, dass du weißt, ich bin glücklich und traurig zugleich
und versuche noch immer herauszufinden,
wie das eigentlich sein kann.”

~ Charlie

 

Und mit diesen Worten schließe ich meinen kleinen Brief an Dich, mein lieber Buchfreund.

 

Alles Liebe,
Sandy

 

Buchtitel: Das also ist mein Leben

Autor: Stephen Chbosky

Seiten: 288 (Taschenbuch)

Verlag: Heyne fliegt

Sprache: Deutsch

Übersetzer: Oliver Plaschka

ISBN: 978-3453267510

Vom Hersteller empfohlenes Alter: 14 – 16 Jahre

Originaltitel: The Perks of being a Wallflower

 


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