Review: COLD IN JULY - Out for Retro-Justice

Review: COLD IN JULY -  Out for Retro-Justice
Fakten:
Cold in July
USA. 2014. Regie: Jim Mickle. Buch: Nick Damici, Jim Mickle, Joe R. Landsdale (Vorlage). Mit: Michael C. Hall, Vinessa Shaw, Sam Shepard, Don Johnson, Nick Damici, Wyatt Russell, Brogan Hall, Lanny Flaherty, Kristen Griffith, Happy Anderson u.a. Länge: 109 Minuten. FSK: noch nicht bekannt. Starttermin noch nicht bekannt.

Story:
Eines Nachts wird das junge Ehepaar Richard (Michael C. Hall) und Ann Dane (Vinessa Shaw) von Geräuschen in ihrem Haus geweckt. Richard stellt einen Einbrecher und erschießt ihn in Notwehr. Von Schuldgefühlen geplagt besucht er die Trauerfeier und macht Bekanntschaft mit dem Vater des Getöteten. Ben Russel (Sam Shepard) stellt sich als Gewalt liebender Ex-Sträfling heraus, der eine alttestamentarische Auffassung von Gerechtigkeit pflegt.


Meinung:
Schnurstracks begibt sich Jim Mickles Film in die Invasion einer otto-normalen, texanischen Familienzelle anno 1989, als der furchtsame Vater Richard (Michael C. Hall) in seinem Haus des Nächtens einem Einbrecher gegenübersteht und mit zögernder Entschlossenheit Blut fließen lässt. Die Leiche wird von der örtlichen Polizei eingesackt, doch schon schnell wird klar, dass die mühsam weggewischten Hirnfetzen noch ihre Spur hinterlassen werden, da sich Richard damit den jüngst aus dem Knast entlassenen, mächtig angepissten Vater des Eindringlings, Ben Russel (Sam Shepard), auf den Hals gehetzt hat - nur einer der vielen Gründe Richards, eine durchgehende Aura der Angst den gesamten Film über zu verspüren, unterstützt von einem fettfreien Schnitt- & Kamerakonzept, sowie einem authentischen Synthesizer-Puls der Marke Carpenter. 'COLD IN JULY' gibt nämlich beinahe voll konsequent einen angenehmen 80er-Jahre-Ton an, speziell was den schnörkellosen Verlauf der ersten Hälfte mit ihrer tighten Tension angeht, während Charakterzeichnung und Setting einem genüsslichen B-Action-Produkt jener Zeit entsprechen - nur eben, dass der Protagonist als provinzieller Bilderrahmenbauer mit Vokuhila äußerst Schiss in den Knochen hat, der alte verfolgende, aber agil-clevere Knacker ihn hingegen auf den Zehenspitzen hält.

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Drei vertrauenswürdige Gestalten

Zur Mitte hin scheint der Fall jedoch gelöst und da flackert kurz ein enthemmtes Licht der Befreiung mit Country-Rock-Euphorie durch - aber nichts ist wirklich so, wie es scheint: Zeugenschutzprogramme, korrupte Bullen und verheimlichte Identitäten sind so einige Faktoren, die unseren Richard stutzig machen und weiterhin angespannt lassen, in welche Richtung seine Moral gehen wird. Er muss es halt einsehen: er ist ein viel zu netter Kerl und Familienvater, um den Fall des alten Mannes liegen zu lassen und gemeinsam mit dessen investigativen Kriegskameraden Jim Bob (Don Johnson), inkl. großer Klappe und rotem Cadillac, wird sich aufgemacht, herauszufinden, hinter welchen bösen Buben nun wirklich alle her sind. Ab jenem Zeitpunkt flacht der Film in seiner Spannung etwas ab, sobald er seine neue Buddy-Situation etabliert und die Handlung in ein unbekanntes Terrain außerhalb des Eigenheims versetzt - was nicht als schlecht zu verstehen ist, da sich hier eine gute Menge sympathischer Kerl-Charakterzeichnung und Humor herausschlagen lässt, stets mit den gewissenhaften, ultra-taffen Synth-Crescendos und Electrosnares im Rücken.

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Rache mit T-Shirt? So kalt kann der Juli gar nicht sein

Aber wie hart es dann abgeht, sobald dem Zuschauer vermittelt wird, mit was für fiesen Schweinebacken man es in den finalen Antagonisten zu tun hat: einer ist eine gigantische Bestie, die sich, so muss Jim Bob schnell schmerzlich feststellen, viel größer auftürmen kann, als sie im Auto sitzend ausschaut und zudem Bud-Spencer-mäßig seinen Hut mit einem Schlag von oben von der Fontanelle runterzimmern kann (Ob Philip Michael Thomas seinem alten MIAMI-VICE-Kollegen dieses Stilmittel aus ZWEI-SUPERTYPEN-IN-MIAMI-Zeiten beigebracht hat?) - der Andere ist ein pornographisch-verdienender Frauenquäler und Snufffilmer mit dem bezeichnenden Decknamen Frank Miller (Wyatt Russell aus '22 JUMP STREET', der nicht nur wie Kurt Russell aussieht, sondern auch wirklich dessen Filius ist) und eine so unmenschliche Wanze, dass man in Richards Augen bereits das aus vielen tollen Filmen bekannte 'wütende Zucken' erkennen kann. Allerdings, so muss ich leider gestehen, verpasst es der Film mit seinen charakterlichen Entscheidungen und etwas Tempo-hemmenden Zwischenstopps zur inneren Entscheidung immer etwas, Richard wirklich zum rechtschaffenen Badass-Hero des Films zu mustern, selbst nach einer unfassbar epischen Momentaufnahme im an 'DEADLY REVENGE' erinnernden Finale. Daraufhin hätte er den Hauptanteil des Karma-entladenden Bodycounts liefern müssen, so aber wird immerhin noch letzten Endes ein Klimax entfesselt, bei dem die sich sicher fühlenden Arschgeigen von unseren Helden belagert und mit Blei der Gerechtigkeit vollgepumpt werden.

Wer am Ende richten darf, wird schon sinnig aufgelöst, mag zwar nicht so recht befriedigen, aber immerhin zieht die Furcht endlich erschöpft von dannen und in dem Moment hat der meist ökonomische Film seine konkret-geradlinige Geschichte auch restlos und Epilog-frei fertig erzählt - schöne Sache! Zum Abspann fetzt noch die atemberaubend-knallige Rockhymne über die Tonspur hinweg und da wünscht man sich im Nachhinein noch ein paar mehr Songs (und ein bisschen weniger Handkamera) in die Mitte des Films hinein, um die ethische Zwiespältigkeit Richards pointierter und dem referenzierten Genre gemäß malerischer zum Ausdruck zu bringen - so aber bleibt dennoch ein wunderbar abgeklärtes, sympathisches und teils erfrischend-naives Stück Männerkino, welches zwar durchweg zielgerichtet mit provinzieller Furcht und Macho-Härte jongliert, aber auch ein wahrhaftiges Herz für die Verteidigung der Unterdrückten beweist und dieses ganz nach klassischem Goodguy-Prinzip zelebrierend-handfest einlöst. Ein gewinnender Reißer mit ungewöhnlicher Umkehrung in seinen Halbzeiten, insgesamt aber eine wahrhaftig elegante Kugel, die da geschoben wird.

7 von 10ausgerissenen Zähnen

vom Witte

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