Review | „Café Morelli“ von Giancarlo Gemin

Von Nightingale @nightingale78

Autor: Giancarlo Gemin / 272 Seiten / Übersetzung: Gabriele Haefs / Fester Einband mit Schutzumschlag / Verlag: Königskinder / auch erhältlich bei: Bücher.de

Der Plot…

Als der vierzehnjährige Joe erfährt, dass das Café seines geliebten Nonno geschlossen werden soll, ist er entsetzt! Und schwört sich, alles zu tun, damit das nicht passiert. Doch das ist leichter gesagt als getan, denn die glorreichen Zeiten des „Morelli“ scheinen vorüber. Zum Glück aber hat Joe nicht nur den italienischen Dickkopf seines Großvaters geerbt, sondern in seiner Cousine Mimi auch eine raffinierte Köchin, die mit ihren großartigen Gerichten die gesamte Straße in Verzückung versetzt. So weht durch das kleine walisische Viertel bald schon ein Hauch Dolce Vita. Und Joe muss feststellen: Familie, Freunde und die beste Pasta der Welt – manchmal braucht es einfach nur die richtigen Zutaten.

Zwischen walisischer Einöde und La Traviata…

Es liegt knapp anderthalb Jahre zurück, als ich MILCHMÄDCHEN von Giancarlo Gemin las und liebte. Daher bestand für mich kein Zweifel, dass auch sein neues Jugendbuch CAFÉ MORELLI von mir gelesen werden muss. Wieder verschlug es mich in das walisische Dorf Bryn Mawr.

Zu Beginn der Geschichte, riecht es zunächst mehr nach frittiertem Hähnchen und Pommes aus der örtlichen ‚Chicken Box‘, als wie nach lecker-issimo Pasta und Tiramisu. Wen wunderts, ist der leicht übergewichtige Joe doch dem Fast Food verfallen. Da seine Mutter nicht wirklich lecker im familieneigenen Café Morelli auftischt, muss er, seinen italienischen Wurzeln zum Trotz, schließlich irgendwo satt werden. Joes Appetit droht ihm verloren zu gehen, als sein heißgeliebter Großvater (alias Nonno) erkrankt und seine Mutter den Laden dicht machen will. Es läuft einfach nicht mehr und die Familie steht vor dem Bankrott. Joe fällt das natürlich schwer zu akzeptieren. Als dann seine wunderschöne Cousine Mimi aus Italien aufkreuzt, um zu helfen, ist der vierzehnjährige Feuer und Flamme. Überschwänglich begibt er sich auf eine Zeitreise, um den alten Charm des Cafés wieder aufblühen zu lassen.

Der Schriftsteller zelebriert, genau wie schon in seinem Debüt, den Familiensinn, die Wurzeln nicht zu vergessen und mit Nächstenliebe füreinander etwas zu bewegen.

Zu Beginn fragte ich mich manchmal, ob Joes überschwängliche Rettungsaktion gar nur der schönen Mimi aus Italien zu verdanken ist. Doch dem Jungen kann man eines nicht abstreiten; seine große Liebe zu seinem Großvater. Dieser bringt ihm folglich durch seine eigene Einwanderung, der Eröffnung des Cafés und den tragischen Vorfällen während des Krieges, die italienischen Wurzeln und den Zusammenhalt so nah wie nie zuvor.
Joes Wandel ist zuckersüß. Sein Eifer wirkte auf mich zunächst nur aufgesetzt, mit dem überraschenden historischen Einfluss in die Geschichte – kursive gesetzte Erzählungen auf Tonband von seinem Großvater – nimmt die Erzählung jedoch einen ganz anderen Verlauf, als ich es für möglich gehalten hätte. Dieser Aspekt gibt der Geschichte eine andere, dramatischere Dynamik. Mit immer neueren Ideen möchte er, zum Leidwesen seiner Mutter, nicht nur das Café retten sondern vor allem die Familiengeschichte.

Zugegebenermaßen haben mich Joes fixe Einfälle irgendwann auch etwas überfordert. Es wurde mir fast zu much-issimo. Eine winzige Prise ‚Weniger‘ hätte der Geschichte ganz sicher nicht den Pfiff genommen. Dennoch ist Gemins neues Werk CAFÉ MORELLI ein Genuss gewesen. Und auch die Gestaltung des Buches war wieder molto bene. Ein tolles i-Tüpfelchen ist das Rezept für eine »traditionelle Pastasoße« auf der vorderen Klappenseite.

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