Fakten:
Blair Witch
USA. 2016. Regie: Adam Wingard. Buch: Simon Barrett. Mit: James Allen McCune, Callie Hernandez, Corbin Reid, Brandon Scott, Wes Robinson, Valorie Curry. Länge: 89 Minuten. FSK: freigegeben ab 16 Jahren. Im Kino.
Story:
20 Jahre nachdem Heather Donahue und ihre beiden Freunde in „The Blair Witch Project“ im Black Hills Forest verschwanden, macht sich Heathers Bruder James zusammen mit seinen Freunden Peter, Ashley und der Filmstudentin Lisa auf, die Umstände des Verschwindens zu erforschen. Dass sich der Gruppe zwei Einheimische anschließen, um sie durch die Wälder zu führen, stimmt sie zunächst zuversichtlich. Doch schon bald wird ihnen klar, dass die Legende um die Blair Witch furchterregender ist, als sie es sich je hätten vorstellen können...
Meinung:
Nein, Blair Witch Projekt war nicht die Geburtsstunde des Found-Footage-Sub-Genres, aber gewiss die der viralen Marketing-Kampagnen. Sicher ist aber, dass der Ultra-Low-Budget-Horrorfilm 1999 diese Art von Film zurück in die Erinnerung der Kinogänger holte. All zu lange verblieben die verwackelten Bilder aber nicht, bis 2007 Paranormal ActivityFound-Footage endlich revitalisierte und eine ganze Schar von Fortführungen und Epigonen nach sich zog, die teils im DVD-Segment beheimatet, teils auch auf der großen Leinwand zu sehen waren.
Nun, nach über 17 Jahren, kehrt die Hexe von Blair zurück. Das Studio hinter Blair Witch ließ die Zuschauerschaft dabei lange im Dunkeln. Zunächst wurde der Film von You're Next- und The Guest-Regisseur Adam Wingard als The Woods beworben, bis man schließlich die Katze aus dem Sack ließ. Dies machte sogar vergessen, dass es im Jahre 200 mit Blair Witch: Book of Shadows bereits ein Sequel zum ersten Teil gab. Dieser kam aber weder bei der Kritik noch den Fans gut an, was nicht nur daran lag, dass der Film die Konzeption des Found-Footage verließ. Nein, dort wurde vor allem das getan, was im ersten Teil (wohl hauptsächlich wegen dem geringen Budget) vermieden wurde: Alles wurde gezeigt. Es gab Gewalteskapaden ebenso wie dämonische Fratzen und einen massiv aufgestockten Cast.
Blair Witch verzichtet darauf, den gefloppten Book of Shadows auch nur ansatzweise zu erwähnen. Adam Wingard baut seine Geschichte an das Original an. James Donahue, kleine Bruder der verschwundenen Filmstudentin Heather, findet im Internet ein neues Video aus den unheimlichen Wäldern von Burkittsville und glaube darin seine Schwester wiederzuerkennen. Also reist er mit Freunden, einem einheimischen Pärchen und moderner,, bzw. gegenwärtiger Kameratechnik zu dem Ort, wo seine Schwester einst verschwand und man muss kein Horror-Experte sein,, um zu wissen, dass diese Plan schwer naach hinten los geht und tödliche Konsequenzen nach sich ziehen wir
Genau wie das Original, lässt sich die Fortsetzung zu Beginn Zeit, um die Figuren einzuführen und da wäre schon das erste Problem: Es gibt zu viele. Waren es 1999 drei junge Menschen, die der Legende der Hexe von Blair nachgingen, hat sich die Probandenzahl nun verdoppelt. Das rächt sich in der Hinsicht, dass keine der Figuren wirklich interessant ist. Einzig James, der seine Schwester sucht und somit noch die beste Motivation inne hat, wird charakterlich zumindest soweit ausgebaut, dass immerhin er dazu einlädt, mit ihm mitzufiebern. Alle andere sind hingegen nur Schafe, die zur Schlachtbank geführt werden. Diese Führung zum Exitus geht wie beim ersten Teil von statten: Es beginnt als freudvolle Wanderung, es folgt Desorientierung, seltsame Zeichen aus Stöcken und Steinen und dann, wenn die Sonne untergegangen ist und scheinbar nicht wieder aufgeht, holt sich die Hexe, bzw. eine unsichtbare Macht, ihre Opfer.
Im Original war das Reizvolle daran, dass wir als Zuschauer eigentlich nichts davon sahen. Die legendäre und bis heute unheimliche Schlussszene ist ein Paradebeispiel dafür. Durch die zuvor wahrgenommenen Mythen und Legend, ,rund um die Hexe, erschuf der eigene Kopf den Horror, nicht der eigentliche Film. Bei Blair Witch ist das leider anders. Sobald die Figuren im Wald festsitzen und erste, seltsame Zeichen auftauchen verwandelt sich das Sequel von einem suggestiven Spannungsfeld in eine einzige Parade aus Jump Scares. Dabei geht Wingard höchst repetitiv vor, was dazu führt, dass sich Blair Witch nach gut einer Stunde Spielzeit schon wahnsinnig abgenutzt, ermüdend und selbstgefällig anfühlt. Dafür integriert der aus dem Independent-Bereich kommende Regisseur aber auch neue Facetten.
Da wäre zum einen eine mittlere Portion Body-Horror: Dickflüssige, grüne Wundflüssigkeit und zuckende Entzündungen sollen deutlich machen, dass die böse Macht des Waldes auch auf physischer Art eine Bedrohung darstellt und wohl übertragbar ist. Schade ist allerdings, dass diese Idee relativ halbherzig wieder fallen gelassen wird. Anders hingegen sieht es mit der Tonalität von Blair Witch aus. Die wandelt sich von einer schleichenden Bedrohung hin zu echten Terror-Kino. Vor allem im letzten Viertel des Films gibt es keine ruhige Minute. Es wird geschrien, gerannt, gestolpert, gewimmert und gestorben. Wingard lässt keine Pause zu und erschafft somit einen durchaus effektiven Stresslevel, der sicher besser funktioniert hätte, wenn die Figuren nicht so unglaublich redundant wären.
Insgesamt ist Blair Witch also schon enttäuschend, obwohl er vor allem gegen Ende einige tolle Einstellungen und Momente zu bieten hat. Doch gerade mit der modernen Kameratechnik wie Drohnen oder GoPros wäre schon mehr drin gewesen. Letztlich zeigt das Sequel nicht wie eine clevere und gelungene Weiterführung des Mythos aussieht, sondern nur wie das Original wohl gewesen wäre, wenn die Macher von einst Budget gehabt hätten.
4 von 10 Schnüren aus echtem Menschenhaar