[Review] Biobrush Berlin* - Zähneputzen (öko)logisch?

Ich geb's zu: das Thema Zahnbürsten ist auf den ersten Blick nicht unbedingt spannend. Dachte ich zumindest - doch ich wurde eines Besseren belehrt...

Auch wenn ich gern mal an Naturkosmetik herumnörgele, für eines bin ich ihr mehr als dankbar (neben der tollen Menschen, die ich aufgrund meines Hobbies kennen lernen durfte): den Denkanstoß hin zu einem nachhaltigeren Leben. Ich bin zwar noch immer nicht die Queen of Zero Waste (oft genug eher noch eine Umweltsau), aber inzwischen ist mein Bewusstsein zumindest dahingehend sensibilisiert und ich arbeite an mir.

Ein Thema, das mich dabei schon länger beschäftigt, sind in der Tat Zahnbürsten. Wohl kein Wunder; habe ich täglich ja mindestens zwei Mal im Mund. Da bei mir ein erhöhtes Paradontose-Risiko besteht, halte ich mich auch an das 1x1 der Zahnhygiene und wechsle brav (anders als bei Mascara ;)) alle 2-3 Monate die Zahnbürste. Macht also 4-6 Bürsten, die jährlich in den Müll wandern. Klingt erst mal nicht so wahnsinnig viel, in 10 Jahren sind das aber immerhin 50 Zahnbürsten.

Versucht habe ich es bereits mit der Eco Bamboo-Zahnbürste aus BPA-freien und biologisch abbaubaren Nylon und Bambus. Obwohl ich mir damals die als "weich" ausgelobte Variante gekauft habe, war sie mir einfach viel zu hart und das Gefühl im Mund und an den Zähnen so unangenehm, dass ich sie ziemlich schnell wieder entsorgt habe. Auch die Wechselkopf-Zahnbürste aus dem Biomarkt - macht auch Müll, aber immerhin etwas weniger - konnte mich aus den gleichen Gründen nicht überzeugen. Mit dem Thema ökologisch abbaubare Zahnbürsten war ich also erst mal durch.

[Review] Biobrush Berlin*   - Zähneputzen (öko)logisch?

Bei meiner letzten Auf einen erneuten Versuch, der dann wieder schnell entsorgt wird, wollte ich allerdings verzichten und so fragte ich bei
Najoba-Bestellung stieß ich dann auf die Bio Brush Berlin und war fasziniert: poppige Plastik-Zahnbürsten, die gleichzeitig preiswert und umweltverträglich sind?! Klingt ja fast zu schön, um wahr zu sein. Mit 2,95€ ist die Bio Brush auch noch günstiger als meine Lieblingszahnbürste von Meridol, die preislich bei 3,45€ liegt.
Biobrush Berlin direkt mal nach: "wie weich ist mittel-weich?", denn so wird die Stärke deklariert. Umgehend bekam ich eine Antwort und zwar von der Geschäftsführerin Nannett Wiedemann persönlich. Wer könnte einem besser Auskunft geben? Wahnsinnig nett und mit dem Angebot, da ich mein Problem geschildert hatte, mir ein Testexemplar zukommen zu lassen.

Und wie weich, ist mittel-weich?

Da war ich erst mal platt: im Land der Industrienorm, gibt es gar keine eindeutigen Festlegungen was Borstenstärken angeht! Und da es diese nicht gibt, kann jeder Hersteller diese 'nach Gefühl' festlegen. Kein Wunder also, dass die Eco Bamboo in sehr weich, so gar nichts mit meiner Meridol gemein hat!
Allerdings gilt: der Durchmesser einer einzelnen Borste wird ins Verhältnis zur Borstenlänge gesetzt. Je kürzer und dicker die Borste desto starrer. Eigentlich logisch. Hier kommt dann auch das Gefühl des Herstellers zum Tragen; im Falle der Biobrush war das eine Länge von 11mm, weil die Borsten so genügend Biegsamkeit entwickeln und trotzdem genügend Putzwiderstand aufbringen. Bei besagten 11 mm, müsste die Borste dann einen Durchmesser von 0,015 mm haben, um "weich" zu sein. Allerdings fand man das Ergebnis zu weich, weil das Putzergebnis damit schlechter ausfällt. Es wurde sich also für die nächstgrößere Größe entschieden: 0,018 mm. Also nicht sehr weich, sondern mittel-weich ;)

Und wie "bio" ist der Kunststoff?

Plastik und Umweltverträglichkeit sind nicht unbedingt zwei Wörter, die man in einem Atemzug nennen würde. Die Zauberformel dahinter heißt "Reststoffe statt Rohstoffe". Die Zellulose die dem Biokunststoff zugrunde liegt, stammt aus den Reststoffen der Holzindustrie (und ist aus nachhaltiger Forstwirtschaft). Kurz: der Baum ist rund, das Brett ist eckig, produziert man Bleistifte, bleibt Überschuss. Auf den zweiten Blick, haben die Holzzahnbürsten und die Biobrush also doch mehr gemeinsam. Bei ersteren werden allerdings Rohstoffe verwendet, so dass man sich dann doch die Frage nach der Umweltverträglichkeit stellen kann.
Zudem bietet der Kunststoff einen großen Vorteil: Hygiene. Nasses Holz braucht einfach Zeit um durchzutrocknen. Kunststoff hingegen bietet, aufgrund seiner glatten Oberfläche, keine Angriffsfläche für Bakterien. Hier gibt es keine Fasern, die sich bei Feuchtigkeit öffnen können, Raum für Bakterien bieten und diese beim Trocknen einlagern. Dies gilt ebenfalls für die Nylon-Borsten, anders als bei Naturborsten wie z.B. Schweineborsten. Ein guter Grund also, um beim Nylon zu bleiben. Aber auch hier aus nachwachsenden Rohstoffen und nicht aus fossilen. Nämlich aus Rizinusöl. Und leider auch, weil es derzeitig nichts Besseres gibt.
Apropos nichts Besseres. In Sachen Entsorgung schneidet die Biobrush etwas schlechter ab als ihr Bambus-Pendant. Ich kann sie nämlich nicht einfach so in der Biotonne entsorgen. Die Plastikumverpackung allerdings schon! Leider steht der Umgang mit Biokunststoffen im Verwertungszyklus noch am Anfang. Deshalb gibt es bisher zwei Möglichkeiten: Entsorgen im Hausmüll. Dieser wird thermisch verwertet. Dort richtet die Zahnbürste keinen Schaden an, da sie kaum fossile Brennstoffe enthält und verbrennt nahezu CO2-neutral. Besser: gelbe Tonne. Auch hier wird die Biobrush (noch) thermisch verwertet, während gängige Kunststoffe wie PET und PP heraussortiert, aufbereitet und dann wiederverwendet werden. Biokunststoffe sind noch die Ausnahme. Erst wenn diese ins Gewicht fallen, wird ihr Recycling für die Betreiber wirtschaftlich vertretbar - leider. Aber hier können wir als Konsumenten mit Hilfe unseres Portemonnaies entscheiden.
Und auch hier haben sich die Macher der Biobrush etwas gedacht: Massentauglichkeit und Preis. Wenn man umweltschonende Produkte anbietet, sollten diese auch für alle erschwinglich sein, sonst ist der Umwelteffekt gleich null. Und für 2,95€ kann ich mich hier für das Vorantreiben des Umgangs mit Biokunststoffen und für eine hygienische Zahnreinigung entscheiden. Und: die Zahnbürste wird in Deutschland gefertigt, nicht in China oder Indien.

[Review] Biobrush Berlin*   - Zähneputzen (öko)logisch?

Und das Putzen?

Klar, für mich als Konsument ist natürlich noch ein weiterer Punkt entscheidend: das Putzen. Und da bin ich sehr empfindlich: bei mir wird der Würgereflex ziemlich schnell ausgelöst (vermutlich eine Hausarzt-Holzspachtel-Traumatisierung im Kindesalter^^) und ich habe ziemlich empfindliches Zahnfleisch. Auch mit elektrischen Zahnbürsten habe ich so meine Schwierigkeiten: Geräusch und Gefühl verursachen bei mir eine Gänsehaut und regelrecht Zahnschmerzen. Und zugegeben, nach jahrelanger Meridol-Kurzbürsten-Benutzung, war der größere Bürstenkopf wirklich gewöhnungsbedürftig. Und auch die erlernte Zahnputztechnik beim Putztraining im Zuge meiner Paradontose-Prophylaxe (im 45° Grad Winkel nach unten "schubbern"), ging erst mal nicht mehr so locker von der Hand, weil die Bürsten alle gleichlang sind. Allerdings wollte ich Biobrush auch nicht direkt wieder ausspucken und geschüttelt, wie bei der Eco Bamboo, hat es mich auch nicht. Mittel-weich ist tatsächlich etwas härter als sehr weich, aber nicht unangenehm. Hinterher haben sich meine Zähne auf Anhieb glatt und sauber angefühlt. Und die Eingewöhnungszeit ging recht schnell von statten. Definitiv also nicht meine letzte Biobrush!
Mein Fazit: putzt gut! Und selbst so Gewohnheitstiere wie ich, können sich mit dieser Variante anfreunden. Mir gefällt das wirklich gut durchdachte Konzept, das Performance, Hygiene und Umweltverträglichkeit vereint. Wenn auch Letzteres noch nicht zu 100%, aber, und da zitiere ich Nannett: "
Weißt du, meine Erfahrung aus diesem Projekt ist: Wir suchen alle nach einfachen und verständlichen Lösungen. Aber die gibt es nicht mal bei so einfachen Dingen wie Zahnbürsten. Es sind so viele Ebenen zu beachten. Aber am Ende muss jeder wissen, worauf es ihm ankommt." :

  • Bei Ivy's Poision findet Ihr auch einen tollen Artikel zum Thema Holzzahnbürsten und warum man diese nicht unbedingt benutzen sollte (und Natriumflourid)
  • Und wer lieber eine vegane elektrische Zahnbürste benutzen möchte, dazu ganz aktuell dieser Post

*Die Biobrush wurde mir aufgrund einer privaten Anfrage zugesandt und hatte nichts mit dem Blog zu tun, da dies aber in

der Tat kosten- und bedingungslos ablief und sie es auf den Blog geschafft hat, kennzeichne ich aus Gründen der Trans-

Und wie putzt Ihr so? Wusstet Ihr, dass die Härtegrade von Zahnbürsten nicht normiert sind?


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