Fakten:
Auf der anderen Seite
BRD, TR, 2007. Regie & Buch: Fatih Akin. Mit: Baki Davrak, Nurgül Yesilcay, Hanna Schygulla, Patrycia Ziolkowska, Tuncel Kurtiz, Nursel Koese, Erkan Can, Turgay Tanülkü, Elcim Eroglu, u.a. Länge: 116 Minuten. FSK: ab 12 Jahren freigegeben. Auf DVD erhältlich.
Story:
Bremen: Der verwitwerte Rentner Ali lernt die Prostituierte Yeter kennen. Der einsame Mann bietet ihr ein Geschäft an: Er zahlt ihr monatliches Einkommen, dafür zieht sie zu ihm und geht nur noch mit ihm ins Bett. Yeter nimmt an. Als es zum Streit zwischen dem betrunkenen Ali und ihr kommt, geschieht ein Unglück. Yeter ist tot, Ali kommt ins Gefängnis. Sein Sohn Nejat, Germanistikprofessor aus Hamburg, reißt nach Istanbul, um dort Yetes Tochter ausfindig zu machen. Er weiß nur, dass sie dort studieren soll. Er will die Schuld seines Vaters begleichen und sie finanziell unterstützen.
Istanbul: Ayten, Yeters Tochter, ist Mitglied einer radikalen Gruppierung, die sich gegen die Ungerechtigkeit in ihrem Land auflehnt. Von der Polizei in die Enge getrieben flüchtet sie mit falschen Papieren nach Deutschland. Dort landet sie auf der Straße. Zufällig begegnet sie der Studentin Charlotte, die sie bei sich aufnimmt. Bei einer Polizeikontrolle fliegt Ayten jedoch auf und wird in die Türkei abgeschoben, wo das Gefängnis auf sie wartet. Charlotte reißt ihr hinterher, um für ihre Freilassung zu kämpfen. Wieder geschieht ein Unglück...
Meinung:
- "Woher wussten sie eigentlich, dass ich es bin?"
- "Sie sind der traurigste Mensch hier."
Fatih Akin ist ein deutscher Film gelungen, wie es sie leider in der Flut von romantischen 08/15 Komödien, Blödelcomedy und Kinderbuchverfilmungen viel zu selten gibt. Unaufgeregt, gut beobachtend und jederzeit sehr menschlich erzählt, ohne dabei in Kitsch, übertriebene (da immer angemessene) Sentimentalität oder manipulative Tränendrüsensülze abzurutschen. Der Deutsch-Türke schildert das Leben in diesen beiden Ländern, geht (speziell auf türkischer Seite) auf aktuelle Zustände ein, ohne dabei wirklich zu werten. Da wird nichts dämonisiert oder verharmlost, was bei einem aussenstehenden Regisseur schnell passieren kann, selbst wenn es nur unbewusst geschieht.
Völkerverständigung im Asylantenheim
Die Geschichte, getragen von einem starken Ensemble, bewegt und ist jederzeit einfühlsam-ehrlich. Jede der Hauptfiguren ist glaubhaft charakterisiert, besitzt Tiefe und wird nicht in eine fertige Schablone gepresst. Akin erlaubt es ihnen, sich im Verlauf der Geschichte zu wandeln, lässt die Ereignisse auf sie wirken und sie daran reifen. Da hat sich wirklich jemand Gedanken gemacht, was in jedem Moment zu spüren ist. Selbst der Einsatz von Gevatter Zufall kann nicht als negativ ausgelegt werden. Das spielt alles in einem Rahmen, der im normalen Leben auch stattfindet. Zufälle gehören zum Alltag wie zum Schicksal, "Auf der anderen Seite" überstrapaziert diesen Faktor nicht, klammert ihn aber auch nicht gänzlich aus.Ein schöner, warmherziger wie melancholischer Film, der mich zwar nicht umgehauen, aber sehr angenehm unterhalten und befriedigt zurückgelassen hat. Bitte mehr solche deutschen Kinofilme, wenn es denn schon nicht mit dem Genrekino klappt.
7,5 von 10 One-Way-Tickets.