Review: ARIZONA JUNIOR - Der Humor irre, die Figuren skurril, die Emotionen real

Review: ARIZONA JUNIOR - Der Humor irre, die Figuren skurril, die Emotionen real
Fakten:Arizona Junior (Raising Arizona)
USA. 1987. Regie: Joel Coen.
Buch: Joel Coen, Ethan Coen. Mit: Nicolas Cage, Holly Hunter, Trey Wilson, William Forsythe, John Goodman, Sam McMurray, Frances McDormand, Randall “Tex” Cobb, M. Emmet Walsh u.a. Länge: 90 Minuten. FSK: freigegeben ab 12 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.
Story:
Der notorische Kriminelle H.I. verliebt sich in die Polizistin Edwina und macht ihr einen Antrag, den sie auch annimmt. Nun soll für H.I. das Leben in der Illegalität aber vorbei sein und tatsächlich versucht er sich an einem normalen Alltag. Um ihre Ehe perfekt zu machen fehlt jetzt nur noch Nachwuchs, doch Edwina erweist sich als unfruchtbar. Ein schwerer Schlag für das Paar. Als sie aus den Nachrichten vernehmen, dass der „Möbelkönig“ Nathan Arizona und seine Gattin Fünflinge bekommen haben, beschließen H.I. und Edwina eines der Babys zu kidnappen.


Meinung:
Manche Filmen verdienen sich das Privileg, samt Kultstatus in die kinematographische Historie einzuziehen, obwohl sich der generalisierte Erfolg in der Öffentlichkeit nicht als gemeinschaftliches Gelingen deklarieren lassen möchte, sondern allem Anschein nach nur Teilbereichen von vereinzelten Kräften zu verdanken ist. Ist also ein Schauspieler mit Weltruhm an Bord, bleiben weitere Aspekte im Volksmund unbenannt und Szenen ohne die Präsenz der beliebigen Berühmtheit werden so schnell zu belanglosem Beiwerk degradiert. Steht hingegen ein Regisseur im Mittelpunkt, dessen retrospektiven Verdienste seine Person zwangsläufig einer groben Kanonisierung unterzogen haben, sind seine Werke somit fortwährend von vorgefertigter Meinung gesegnet, egal welche Art von Ideologie propagiert wird oder welch inszenatorische Scharmützel sich auch immer anhäufen mögen: Das Sprachrohr des Journalismus scheint nur Rosenblüten auf dessen Haupt zu verstreuen.

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Edwina und H.I. im Babyglück

Es fühlt sich in jedem Fall an, als hätte das Gemeinwesen jegliche Objektivität verloren und akzeptiert die selbstauferlegte Narrenfreiheit wortlos – Gesetz dem Fall, man ist etwas tiefer mit der Materie vertraut und bemerkt die undifferenzierten Trugbilder. Nimmt man nun drei Phänomene der heutigen Filmlandschaft wie die Titanen des Autorenkinos Joel & Ethan Coen und setzt ihnen einen Darsteller wie Nicolas Cage vor die Nase, der heute eher durch sein extrem ausuferndes Overacting und die persönlichen Eskapaden für Furore sorgt, dann stellt sich die Frage, ob hier zwei künstlerische Massen brachial kollidieren oder ob die klaren Gegensätze doch einen Weg finden, der die Kollaboration fernab jedem dysfunktionalen Totalausfall statuiert. Heute wäre man aus cineastischer Sicht auf der Seite der Gebrüder, im Jahre 1987, in dem sowohl die Coens als auch Cage noch am Anfang der Karriere standen, wurde aber genau das bewerkstelligt, was jene Mundart heutzutage zu gerne negiert: „Arizona Junior“ ist dadurch gelungen, weil beide Sektionen homogen agieren.

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Man soll den Babysitter nie nach dem Äußeren bewerten

Nach dem rabenschwarzen Debüt „Blood Simple“ waren die Coen-Brüder kein unbeschriebenes Blatt mehr in der Filmwelt, ihre fingerfertige Tonalität, die im Kosmos der beiden Genies heute schon ein bewährtes Charakteristikum bedeutet, wurde in der Kontradiktion von „Blood Simple“ und „Arizona Junior“ bereits in ihrer Anfängen bestätigt. Zeigte sich der dreckige Thriller „Blood Simple“ bestückt mit brutal-zynischer Bizarrerie, immer trocken und konsequent, ist „Arizona Junior“ eine tumultartige Hau-Ruck-Komödie, die mit humoristischen wie stilistischen Überzeichnungen oftmals nur so um sich wirft, ohne sich aber vollständig im maßlosen Tohuwabohu zu verirren. Denn obwohl alles irre skurril daherkommt, Nicolas Cage sich zeitweise mit wilden Grimassen und Gesten durch die Szenerie tobt, wissen die Coens ihre Figuren ernst zu nehmen und ihnen ein emotionales Innenleben zu verleihen, anstatt sich ganz allein mit prototypischen Kopien zu begnügen, wie man es von standardisierten „Chaos“-Komödien gewohnt ist.

„Arizona Junior“ erzählt so unter seinem Wahnsinn und den Absurditäten eben auch eine Geschichte über ein Paar, er, Herbert, ein Ex-Knacki, sie, Edwina, eine Polizistin, denen es nicht vergönnt ist, ein Kind zu bekommen und in Adoptionsheimen aufgrund von Herberts Akte geradewegs abgeschoben werden, obwohl sie sich doch sicher waren, dass Edwinas Beruf für eine gewisse Kompensation sorgen würde. Also muss eine Verzweiflungstat her und eine steinreiche Familie, mit der es das Schicksal besonders gut meinte – Fünflinge! - wird um eines ihrer Sprösslinge erleichtert. Was folgt ist ein wilder Ritt durch eine Welt, deren Anschein nicht der Realität entsprechen mag, ihre Gefühle sind aber unverkennbar in dieser verankert. Und wenn sich am Ende die Wogen glätten mögen, bleibt der Wunsch einer Kleinfamilie doch nur ein Traum, dessen Erfüllung genau dann zerplatzt, wenn man seine Augen öffnet. Unterhaltsam, zuweilen urkomisch, mit Wortwitz und Situationskomik ohne Ende, aber doch nie durchgängig abgehoben. Ja, ein besonderer Film.

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von souli

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