Review: ANT-MAN - Kleiner Mann ganz groß

Review: ANT-MAN - Kleiner Mann ganz groß
Fakten:
Ant-Man
USA. 2015. Regie: Peyton Reed.
Buch: Joe Cornish, Edgar Wright, Paul Rudd, AdamMcKay. Mit: Paul Rudd, Michael Douglas, Evangeline Lilly, Corey Stoll, Michael Pena, Bobby Cannavale, Judy Greer, T.I. Harris, David Dastmalchian, Anthony Mackie, Wood Harris, Martin Donovan, Hayley Atwell, John Slattery, Greg Turkington u.a. Länge: 115 Minuten. FSK: freigegeben ab 12 Jahren. Ab 23. Juli im Kino.
Story:
Scott hat mit seinem Dasein als erfolgreicher Meisterdieb abgeschlossen, als er dem Biochemiker Hank Pym begegnet. Und der bringt sein Schicksal noch einmal ordentlich ins Wanken. Mit dem von Pym entwickelten Anzug gelingt Scott das Unfassbare: Er schrumpft auf die Größe einer Ameise und verdoppelt seine Kräfte – Ant-Man ist geboren. Dank seiner neuen Fähigkeiten wird Scott alias Ant-Man zu einem noch besseren Dieb. Aber diesmal ist die Beute von größerer Bedeutung: Die Welt steht auf dem Spiel.


Meinung:
Wenn der vielleicht beste lebende Regisseur nach jahrelanger Arbeit ein Projekt verlässt, weil es "kreative Differenzen" mit dem Studio gibt, dann kann das eigentlich nichts Gutes bedeuten. Und es ist wie Musik in den Ohren von Verächtern des millionenschweren Konzerns, von dem hier die Rede ist. Marvel Studios, die gierige Produktionsfirma, bei der Mut, Kreativität und Vielseitigkeit zugunsten von pro­fi­ta­bler Fließbandarbeit unterdrückt wird. Nicht jeder der vielen Vorwürfe ist unbegründet und über Disneys Verleihpolitik muss wahrscheinlich auch nichts mehr gesagt werden, aber alle Marvel-Produktion deswegen über einen Kamm zu scheren und ihnen jeglichen kreativen Mehrwert abzusprechen (wie zum Beispiel Alejandro González Iñárritu es mit "Birdman" getan hat), wäre ebenfalls unfair. Denn der problematischen Vorgeschichte und allen schwachen Trailern zum Trotz ist "Ant-Man" ein richtig guter Film geworden.

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Ant-Man im Inneneinsatz

Dass Edgar Wright aus "Ant-Man" lieber einen Edgar-Wright- und nicht einen MCU-Film gemacht hätte, ist ihm keineswegs übel zu nehmen, es ist sogar sehr gut nachvollziehbar - Marvel dies nun vorzuwerfen macht aber genau so wenig Sinn, wie das fertige Ergebnis an einer alternativen Version des Films zu messen, die es nie gegeben hat und nie geben wird. Obwohl "Ant-Man" nun unweigerlich ins MCU integriert wird, ist der Einfluss von Wright noch deutlich zu spüren. Immer wieder gibt es Montage-Szenen, Kameraeinstellungen oder Plot-Points, unter denen seine visuelle und erzählerische Handschrift durchschimmert. Vielen wird dies schmerzlich bewusst machen, dass der Film unter seiner Regie womöglich noch um einiges besser hätte sein können, denn an die Inszenierung eines "Shaun of the Dead" oder "Scott Pilgrim" reicht "Ant-Man" leider nicht heran - er ist aber immer noch das, was einem Marvel-Blockbuster von Edgar Wright am nächsten kommt und alleine das macht ihn zu einem der interessantesten und erfrischendsten Filme des ganzen Franchise.

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"Und deswegen, lieber Paul, hab ich bei 'Wallstreet 2' mitgemacht"

Als ich vor knapp zwei Monaten "Avengers: Age of Ultron" gesehen habe, beschlich mich die Befürchtung, dass ich der Superhelden-Filme plötzlich überdrüssig geworden bin. Ich war sogar der festen Annahme, dass wir im MCU nun einen Punkt erreicht haben, an dem kein Film mehr auf eigenen Beinen stehen kann, da stets Set-Up für zukünftige Abenteuer erfolgen muss. "Ant-Man" widerlegt nun Theorie und Befürchtung: Die ironische Tagline des Films lautet zwar "Heroes don't get any bigger", der Film gibt sich ganz in Manier der Superkraft seines Helden aber angenehm klein skaliert und weniger spektakulär. Er erzählt seine eigene Geschichte, ohne die anderen Filme komplett zu ignorieren, ohne aber auch jemals krampfhaft Bezug zu ihnen herzustellen. Wenn einer der Avengers seinen Gastauftritt absolviert, dann nicht um einen späteren Film anzuteasen, sondern nur, um einen schönen Fanservice-Gag zu liefern. Diese charmante Unbeschwertheit ist nach dem eher finsteren zweiten "Avengers"-Film eine echte Wohltat.

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Von der Zwergengeliebten zur Ameisen-Gefährtin: Ein Karrieresprung

Vor allem aber eins sitzt bei "Ant-Man" so gut wie bei keinem anderen MCU-Film bisher: Der Humor. Das wahnsinnig lustige Drehbuch bietet Impro-Experte Paul Rudd und Michael Peña die perfekte Vorlage, um komödiantisch das Bestmöglichste aus ihren Rollen herauszuholen. Und das tun sie auch: Paul Rudd ist bis jetzt der "most likeable" Marvel-Held und füllt seine Rolle unglaublich sympathisch und humorvoll aus. Peña funktioniert nahezu perfekt als Comic-Relief und selbst Michael Douglas darf sein Talent voll und ganz zeigen - in Hank Pym und seine Hintergrundgeschichte ist mehr Herzblut geflossen, als viele im Vorneherein angenommen haben. Dass "Ant-Man" ab einem gewissen Punkt einen Lachanfall nach dem anderen auslöst, liegt aber nicht nur am großartigen Timing der Darsteller, sondern auch an den kreativen, zuweilen sehr humorvollen Actionszenen. Das gipfelt in einer visuell überwältigenden, beinahe psychedelisch anmutenden Finalsequenz, die anders als alles ist, was Marvel je zuvor gemacht hat.

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Also Yellowjacket ist mal ein Scheißname

Man liest beinahe überall, dass "Ant-Man" der bis jetzt emotionalste und warmherzigste Marvel-Film ist, was in Anbetracht von "Guardians of the Galaxy", der sich äußerst liebevoll mit seinen Figuren auseinandersetzte, eine gewagte Aussage ist. Und wirklich zustimmen kann ich auch nicht: Zwar fließt hier die eine oder andere Träne und insbesondere die Beziehung zwischen Scott und seiner kleinen Tochter ist äußerst süß dargestellt, aus altbekannten Klischees ausbrechen möchte der Film aber nicht und so reicht es leider nicht für die ganz großen Emotionen. Womit wir bei den Schwächen des Films wären: Corey Stoll ist zwar nicht gänzlich schwach, weil er eine logische Entwicklung zum Bösewicht durchmacht (bzw. off-screen durchgemacht hat, in den Jahren vor den Ereignissen in "Ant-Man"), aber wirklich Akzente setzen kann er nicht und im direkten Vergleich zum anderen Marvel-Schurken dieses Jahres zieht er sowieso den Kürzeren.

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Warum eine lange Kritik schreiben, wenn's auch einfachr geht?

Und auch der Plot des Films krankt zuweilen an seiner Formelhaftigkeit, ist schlicht zu vorhersehbar, um je das Gefühl von echter Bedrohung zu erzeugen. Was der Film mit der von Evangeline Lily gespielte Hope anstellt, ist auch nicht zu 100% in Ordnung: Immer wieder nennt sie gute, sinnvolle Gründe, warum nicht Scott, sondern sie den Anzug benutzen sollte. Der Film wischt das aber gekonnt mitdaddy issuesweg (beziehungsweise mitdaughter issues, denn Hank Pym hat Angst davor, seine Tochter zu verlieren und erlaubt ihr deswegen nicht, sein Erbe anzutreten). Dieser Umstand wird im weiteren Verlauf sehr nachvollziehbar erklärt und Lily ist als Hope auch niedamsel in distress, aber trotzdem kommt man nicht von dem Gefühl los, dass Marvel weibliche Superhelden (in der Hauptrolle) weiterhin als großes Wagnis einstuft. Auch wenn sie immerhin nicht völlig inexistent sind, sondern mittlerweile nur noch "aufgeschoben" werden (wenn man der Post-Credit-Szene Glauben schenken darf). Ebenfalls schade: Im Gegensatz zu seinen Kollegen bekommt Ant-Man kein einprägsames Musik-Thema spendiert. Der Score von Christophe Beck fällt leider ziemlich belanglos aus.

Nach 80s-Buddy-Comedy, Science Fantasy, politischem Agenten-Thrill und Space-Opera bietet "Ant-Man" nun den Rahmen für ein Heist-Movie, was der Plot auch gleich mehrfach sehr clever ausnutzt. Ein Konzept, das sich wie ein roter Faden durch die zweite Phase des MCU zieht und erneut hervorragend aufgeht. Dabei vergisst der Film zum Glück nie, seine bunte, spaßige,comic-book-ySeite zu betonen - jegliches nervige "Is it too late to change the name?"-Augenzwinkern ist im fertigen Film zum Glück nicht mehr enthalten. "Ant-Man" leugnet den Quatsch nicht, er umarmt ihn geradezu - und das ist gut so. Denn auch wenn er nicht frei von Schwächen ist, an den wichtigen Stellen macht er dafür so gut wie alles richtig. Es kommt eben doch nicht auf die Größe an.

8 von 10 Verabschiedungsschlägen

Wir danken Nikolas Friedrich für seine Gastkritik. Mehr von ihm gibt’s bei Lethal Critics

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