Review: Anime-Verfilmung “Kite” von Ralph Ziman

India Eisley teilt kräftig Schläge und Tritte aus in Ralph Zimans

India Eisley teilt kräftig Schläge und Tritte aus in Ralph Zimans “Kite” // alle Bilder © Tiberius Film

Wenn man Kite von Regisseur Ralph Ziman schaut, wird man unweigerlich immer auch den Anime (A Kite) von Yasumi Umetsu im Hinterkopf präsent haben. Nicht etwa, weil diese beiden Filme sich so sehr ähneln würden, oder A Kite ein Anime-Mainstream-Klassiker wie Akira oder Ghost in the Shell wäre, sondern weil der Spielfilm mit India Eisley und mit ein wenig Support von Samuel L. Jackson mehr nach einem Comic aussieht, als der Anime selbst. Und eben dahinter versteckt sich diese Verfilmung, die vor lauter bunter Farben alle sehenswerten Elemente des Animes vergessen hat.

Im Mittelpunkt steht die Teenagerin Sawa, gespielt von Eisley (aus der US-Serie The Secret Life of the American Teenager). Nachdem ihre Eltern ermordet wurden, ist sie unter der Obhut eines Police Detectives auf der Suche nach den Tätern. Ihr Vorgehen ist martialisch. Jeder Anhänger der Menschenhändler, zu denen die Elternmörder gehören, muss sich den brutalen Tötungsmethoden des gerade einmal 18 Jahre jungen Mädchens entgegen stellen. Derweil deckt Detective Aker (Jackson) die Mordlust des Mädchens, da ihr Handeln auch der Polizei einige unliebsame Kriminelle vom Hals schafft – wenn auch mit eher fragwürdigen Methoden.

India Sisley ist Sawa

India Sisley ist Sawa

Eisley spielt die junge Attentäterin mit langen schwarzen Haaren, die sie unter farbig bunten Perücken versteckt um damit auf die Anime-Vorlage zu referieren, die eben dieses Element eigentlich überhaupt nicht nutzt. Mit blasser Haut und Rändern unter den Augen erinnert Eisley wage an eine herunter gekommene, traurige Version Hit-Girls (2010 und 2013 durch Chloe Grace Moretz in den Kick-Ass Filmen geprägt).

Die expliziten Sexszenen des Originals weichen einer harmlos-aufreizenden Garderobe, wodurch eine gänzlich andere Atmosphäre geschaffen wird. Das depressiv-bedrückende Umfeld des Animes wird in ein kunterbuntes Knallbonbon umgewandelt, das dystopisch wie Blade Runner sein möchte, aber allenfalls eine ablenkend-hübsche Ästhetik bietet, um die Unzulänglichkeit der Umsetzung zu kaschieren. Sex – ein wichtiges Element der Vorlage – wird hier zu sexyness. Die kleine unscheinbare Auftragskillern wird zur aufreizend stolzierenden Lolita-Figur.

Samuel L. Jackson absolviert allenfalls Auftritte in der Länge einer Cameo-Rolle, wodurch das Verhältnis von Sawa zu ihrem Mentor und Peiniger in den Hintergrund gerückt wird, oder eigentlich überhaupt gar nicht zur Geltung kommt. Es bahnt sich eine kleine Romanze mit Oburi (Callan McAuliffe) an, die Sawa dazu bewegt, aus dem Business aussteigen zu wollen. Mehr Konfliktpotential ist hier aber nicht drin.

Neben dem Sex und dem Drama wurde auch die Gewalt herunter gestuft. Es fehlt die Aggressivität, es fehlen die Gore-Elemente. Übrig geblieben ist Sawas Waffe, in der sich Kugeln befinden, die wenige Sekunden nach Eintritt in das anvisierte Ziel explodieren – in die Wand geschossen verteilen sich hierdurch Splitter in der näheren Umgebung, in den menschlichen Körper hinein manövriert, wird dieser von Innen in seine Einzelteile zerlegt. Davon gibt es wenig im Spielfilm zu sehen, ganz viel im Anime. Hier unter anderem mit einer spektakulär actionreichen Auseinandersetzung Sawas mit mehreren Bodyguards auf einer öffentlichen Toilette. Allein dieser großartige Kampf macht das Anime-Original so viel sehenswerter als die halbherzig inszenierte US-Realverfilmung.

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