Review: AMERICAN HUSTLE – Boogie Nights, (Selbst-)Betrug und jede Menge Leerlauf

Review: AMERICAN HUSTLE – Boogie Nights, (Selbst-)Betrug und jede Menge Leerlauf
Fakten:
American Hustle
USA. 2013. Regie: David O. Russell. Buch: Eric Warren Singer, David O. Russell. Mit: Bradley Cooper, Christian Bale, Jennifer Lawrence, Amy Adams, Jeremy Renner, Louis C.K., Robert DeNiro, Jack Huston, Michael Pena, Said Taghmaoui, Alessandro Nivola, Colleen Camp, Shea Whigham, Paul Herman, Elisabeth Röhm, Anthony Zerbe u.a Länge: 138 Minuten. FSK: freigegeben ab 12 Jahren. Ab 13. Februar 2014 im Kino.

Story:
Basierend auf wahren Begebenheiten: New York, 1978: Während Irving Rosenfeld für seine Familie ein ganz normaler Wäschereibesitzer ist, verdient er den Hauptteil seines Geldes eigentlich mit Trickbetrügerein. Seine Geliebte Sydney ist ihm bei dieser lukrativen Tätigkeit behilflich. Doch als Irving vom FBI-Agenten Richie bei einem Betrug geschnappt wird, muss er, um nicht im Gefängnis zu landen, mit dem Gesetzeshüter zusammenarbeiten.

Meinung:
Es ist ja nicht so, als wäre David O. Russell einfach aus dem Nichts emporgestiegen, aber seine RomCom „Silver Linings“ um bipolare Störung und das Suchen und Finden zwei von der Gesellschaft Ausgestoßener haben den Regisseur und Drehbuchautor an einen Punkt in seiner Karriere eskortiert, an dem ihm ein Quäntchen mehr Ruhm und Lobhudeleien von allen Seiten das Genick hätte brechen können. Was natürlich äußerst schade um den Mann gewesen wäre, denn in ihm schlummert ein durchaus talentierter und ebenso spitzzüngiger Zeitgenosse. Wenngleich – und es klingt mal wieder nach Realsatire – gerade „Silver Lining“ dann eine herbe Enttäuschung war und er es mit seinem eigentlich erfrischend-ungenierten und dabei doch ernstzunehmenden Ansatz viel zu leicht gemacht hat, sollte man Russell nicht gleich abschreiben und verdammen. Immerhin hat er zuvor mit dem Boxer-Drama „The Fighter“ einen ungemein packenden Oscarcrowdpleaser der Extraklasse geschaffen, genau wie ihm mit der Kriegs-Satire „Three Kings“ auch einige Nadelstiche in das politische Herz Amerikas gelangen.

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Die Oscarverleihung von 1978, na ja, nicht ganz

Aber Russell ist nun in vollem Umfang in der Öffentlichkeit angekommen, ihm stehen alle Türen offen, er kann sich seine Schauspieler aussuchen und ist inzwischen selbst den Personen ein Begriff, die nicht jeden Tag die heimische Filmsammlung sabbernd entstauben und liebkosen. Kann die erdrückende Popularität aber auch ein guter Indikator sein? Es kommt da ganz auf die Individualität an. Wenn man es zum Beispiel wie Nicolas Winding Refn macht, der seinen Durchbruch mit dem stylischen Neo-Noir „Drive“ feierte und dem Publikum anschließend mit „Only God Forgives“ gnadenlos vor den Kopf stieß, um zu verdeutlichen, dass die Welt es sich bloß nicht einbilden soll, ihn zu kennen und seine Methodik als ‚vorhersehbar‘ zu titulieren. Russell ist da natürlich aus einem ganz anderen Holz geschnitzt und wie schon mit „Silver Linings“ hegt er auch mit seinem neusten, bereits nach den ersten bewegten Bildern zum Übermeisterwerk stilisierten Produktion „American Hustle“ nicht die Absicht, sein Publikum in irgendeiner Form zu fordern.

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"Sieht du Chris, und deswegen war 'Hangover 3' scheiße"

Traurigerweise hat sich Russell nach „Silver Linings“ nicht weiterentwickelt und schafft es mit „American Hustle“ so rein gar nicht irgendetwas Brauchbares zu verkünden. Vollkommen außer Frage stehen dabei die handwerklichen, die technischen, die audiovisuellen Aspekte von Russells Inszenierung. Jede Kameraeinstellung ist hervorragend konditioniert, jede Aufnahme ein Hochgenuss, nur lebt „American Hustle“ schlicht und ergreifend nicht von seinen schicken Formalitäten. Diese geben dem Geschehen nur den durchkomponierten Schleier, in dem sich Russell mit seiner Geschichte hätte geschmackvoll einkleiden dürfen, um das Innere der exquisiten Ummantelung nachhaltig zu unterstützen. Dem ist nicht so, weil „American Hustle“ darauf verzichtet, seinen Handlungsverlauf konkret zu strukturieren und das Szenario immer wieder nur durch narrative Anekdoten, durch luftleere Randnotizen voranschreiten zu lassen. Russell, und das betrübt nun wirklich, findet für sein Werk keinerlei adäquaten Rahmen und negiert den Entwicklungen auf den verschiedenen Ebenen jedwede Stringenz.
„American Hustle“ ist Nonsens ohne Hand und ohne Fuß. Was die vehemente Substanzlosigkeit etwas komprimiert, aber nicht vergessen macht, ist der durchaus vorhandene Unterhaltungsfaktor, der „American Hustle“ immer in Bewegung hält – Wenn auch gelegentlich nur im trägen Schritttempo. Verantwortlich dafür sind ohne Wenn und Aber die wirklich blendend agierenden Akteure. Dass Russell seine Darsteller zur Improvisation animiert, ist kein Geheimnis und sorgt auch in diesem Fall dafür, dass das Drehbuch partiell schrecklich unausgereift und lückenhaft erscheint. Den Stars dabei zuzusehen, wie sie als Bestandteil der hedonischen 70s-Ära zur Höchstleistung auflaufen, macht Spaß. Und das Amüsement resultiert nicht zuletzt aus der feschen Haarpracht der männlichen Riege, in der sich Bradley Cooper auch gerne mal mit Lockenwicklern in den Haaren präsentiert. Am Ende hat sich Russell mit „American Hustle“ trotzdem reichlich verzettelt und schippert mit seiner nichtssagenden Scorseseduplikation durch die Gewässer der Belanglosigkeit. Toll gespielt, hervorragend fotografiert, doch am Ende ist man genauso schlau wie vorher.

4 von 10 Pobacken als Buschtrommeln

von souli


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