Fakten:
Ain’t them Bodies Saints
USA. 2013. Regie und Buch: David Lowery. Mit: Casey Affleck, Rooney Mara, Ben Foster, Nate Parker, Keith Carradine, Robert Longstreet, Rami Malek, Kennadie Smith, Charles Baker, Augustine Frizzell, Kentuckey Audley, David Zellner, Turner Ross u.a. Länge: 97 Minuten. FSK: noch nicht bekannt. Noch ohne dt. Starttermin.
Story:
Ruth und Bob sind vereint in der Liebe und der Kriminalität. Als sie bei einem Überfall von Cops umzingelt werden, kommt es zu einem Schusswechsel. Ruth verletzt dabei den Polizisten Patrick. Nach der Verhaftung nimmt Bob die Schuld dafür auf sich und wandert ins Gefängnis, während seine Ruth, die schwanger ist, zu ihrem Ziehvater geht. Nach ein paar Jahren gelingt Bob die Flucht. Sein Ziel: Ruth und seinen Sohn, den er noch nie gesehen hat, in die Arme schließen. Doch während Bob einsaß hat sich zwischen Cop Patrick und Ruth eine zarte Freundschaft entwickelt.Meinung:
Jeder kennt die majestätische Anmut eines echten Werkes vom kontrovers diskutierten Terrence Malick; und wer einmal in diesen visuellen Genuss gekommen ist, wird dieses pulsierende Gefühl der überwältigenden Erhabenheit nicht mehr aus seiner Gedankenwelt lösen können. Es sind unikale, memorable Fotografien; Montagen, der formvollendeten Schönheit, eine Erlesenheit in künstlerischer Perfektion, ohne artifiziell oder mit verzerrtem Naturalismus aufzuwarten. Und nun stelle man sich einmal vor, man bekommt es mit einer ebenbürtigen, ganz und gar poetischen Malick-Ästhetik zu tun, nur erscheinen diese Aufnahme zu keiner Zeit wirklich greifbar, sondern widersetzen sich jedem emotionalen Zugang, jeder Wärme, jedem Hoffnungsschimmer. Dieses konterkarierte Profil findet sich in „Ain't them Bodies Saints“, in dem die scheuen Sonnenstrahlen ihren Weg durch gewaltige Wolkenwände bahnen, aber nie bis zum eigenen Leibe vordringen – Vollkommen bewusst.
Ein letzter gemeinsamer Augenblick für Ruth und Bob
Man muss sich „Ain't Them Bodies Saints“ aber keinesfalls als eine Art Gegenentwurf zum Œuvre Malicks vorstellen, denn auch wenn der gleichermaßen geliebt und gehasste Regisseur aus Illinois ungemein sensitive Kräfte entfaltet, so sind sie inhaltlich doch immer von einer feinfühligen Schwere gezeichnet, die die Leidenschaft zwischen zwei Menschen eben nicht nur als rosaroten Rausch feiert, seinen Charaktere – wenn man sie inzwischen überhaupt noch als solche bezeichnen kann – wird aber immer ein gewisser Rückhalt geboten, eine Chance, die Reise in das Innere auch glimpflich ausklingen zu lassen. „Ain't Them Bodes Saints entzieht seinen Protagonisten diese verheißungsvolle Perspektive, er erlaubt es ihnen nicht, erwartungsvollen Aussichten zu verfolgen. Das zeichnet sich nicht nur an der erwähnten Wirkungen der wirklich brillanten Bilder ab, es lässt sich auch schon an der Einführung der Figuren erkennen, die einen Augenblick der Zuneigung gewährt bekommen, danach aber gänzlich in der Abgespanntheit, der Lebensmüdigkeit versinken.Ruth und ihr Sohn
Mit dem Motiv eines Gangster-Pärchen wird natürlich eine zentrale Konstellation aufgegriffen, wie sie älter und abgestandener wahrlich nicht sein könnte. Interessant ist an dieser Stelle vielmehr, wie David Lowery das Dreiergespann um Ruth (Rooney Mara), Bob (Casey Affleck) und Patrick (Ben Foster) einfängt und sie in eine elliptische Narration bindet, die sich weder um katalytische Impulse schert, noch seinen Figuren eine Vergangenheit oder Zukunft gönnt: Alles passiert im Hier und Jetzt, jedem fehlenden Versatzstück wird eine expliziter Riegel vorgeschoben. Sobald Ruth und Bob voneinander getrennt werden und Patrick immer erkennbarer einen Platz in Ruths Nähe einnimmt, findet sich eine Lage wieder, die nach melodramatischen Ausuferungen schreit: Der Mann, der für seine Frau ins Gefängnis wandert, die Frau, die ein Kind von diesem selbstlosen Mann erwartet und der Dritte im Bunde, der eine nicht minder entscheidende Rolle bei der Verhaftung gespielt hat, rückt in den Fokus.„Ain't Them Bodies Saints“ jedoch hat keine Dramatisierungen und keine Theatralik nötig, einfach weil das Ende absehbar war, nur wie es auf die Charaktere einschlägt lässt etwas Raum für Überraschungen. Umso tragischer ist es an dieser Stelle, das Daniel Harts für sich genommen stimmige Komposition viel zu penetrant auf das Geschehen gelegt wird und diese dann droht, den Film somit aus seiner motivischen Introspektion und impressionistischen Stagnation zu reißen. „Ain't Them Bodies Saints“ wirkt dann, und da ist es egal, in welche Schublade man ihn stecken möchte, ob als elegischer Liebesfilm mit Gangster- oder Westernelementen, wenn er seine Charaktere in ihrer Trägheit zerfallen lässt. Eine Liebe kann in ihrer Koppelung an die kriminelle Energie nicht bestehen, sie dreht sich um sich selbst, aber nie um eine Gemeinsamkeit. Die Distanz bleibt bestehen und wird letztlich durch eine höhere Instanz vollständig gerichtet. Ein Film ohne doppelten Boden, weil, und das macht ihn erst bleiernd, von Beginn an alles verloren war.
6 von 10 endlosen Stunden des Wartens
von souli