Review: A TALE OF TWO SISTERS - Elegantes Schauerkino

Erstellt am 5. November 2013 von Die Drei Muscheln @DieDreiMuscheln


  

Fakten:A Tale of Two Sisters (Janghwa, Hongryeon)
SK, 2003. Regie & Buch: Kim Jee-woon. Mit: Lim Su-jeong, Moon Geun-young, Kim Kap-su, Yum Jung-ah, Lee Seung-bi, Park Mi-hyun u.a. Länge: 110 Minuten. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.

Story:Nach einem Aufenthalt in einer psychiatrischen Klinik, hervorgerufen durch den tragischen Tod ihrer Mutter, kehren die Schwestern Soo-mi und Soo-yeon zu ihrem Vater zurück. Der ist inzwischen neu verheiratet. Zwischen der Stiefmutter und den Mädchen herrscht eine kühle Distanz. Während die junge Soo-yeon eingeschüchtert und ängstlich wirkt, zeigt Soo-mi ihre ganze Abneigung gegen die Neue an der Seite ihres teils apathisch auftretenden Vaters. Bereits in der ersten Nacht im Elternhaus geschehen merkwürdige Dinge. Die Geister der Vergangenheit scheinen die Familie einzuholen.

 
  
Meinung:Mit "A Tale of Two Sisters" machte der Südkoreaner Kim Jee-woon erstmals im westlichen Kino auf sich aufmerksam, seine späteren Arbeiten wie "A Bittersweet Life", "The Good, The Bad, The Weird" und "I Saw The Devil" schafften so direkt den Sprung zu uns und etablierten ihn als einen der Hoffnungsträger im Regiebereich. In diesem Jahr durfte er mit dem Arnie-Comeback-Streifen "The Last Stand" seine erste Regiearbeit in Hollywood ablegen. Die ernüchterte, zumindest wenn geglaubt wurde, Kim würde hier seinen eigenen Stil durchsetzen können. So weit ist er hier wohl noch nicht. Wer sehen möchte wie der aussieht, "A Tale of Two Sisters" ist ein Paradebeispiel für starke Regiearbeit.

 

Innige Geschwisterliebe.

Zunächst muss Kim generell gelobt werden, sich nicht auf ein Genre zu versteifen und übergreifend so stark aufzutischen. "A Bittersweet Life" war eine hochkarätiges Actionballett, "The Good, The Bad, The Weird" eine völlig durchgeknallte Western-Hommage, "I Saw The Devil" einer der kompromisslosesten Rache-Thriller der letzten Jahre. "A Tale of Two Sisters" scheint lange wie ein typischer Beitrag aus der asiatischen Gruselschmiede, für die vor allem die Japaner bekannt sind. Mit dieser Erwartungshaltung spielt Kim ausgiebig, füttert den Zuschauer immer wieder mit Vermutungen und Hinweisen an, lässt dennoch lange kaum einen Zweifel daran, wo wir uns befinden. Selbst wenn das alles nicht mehr zu bieten hätte, "A Tale of Two Sisters" wäre schon außerordentlich gut. 

 

Ein Sack voller Erkenntnis.

Die Kulisse des dunkle Geheimnisse bergenden Elternhauses wird mit enormer Finesse eingefangen, Kamera und Beleuchtung bilden eine starke Symphonie aus bedrohlichem Unbehagen. Kim legt extrem viel Wert auf ruhigen Suspense, bastelt mit fähiger Hand an der Stimmung, flüchtete sich nicht zu früh oder gar hektisch in Schockmomente für den kurzen Adrenalinkick. Ganz darauf verzichten mag er nicht, nur auf die ergiebige Laufzeit von fast zwei Stunden sind die verschwindend gering. Dafür dann so erschreckend und perfekt getimt in Szene gesetzt, dass selbst erfahrene Geisterjäger kurz der Schritt feucht wird. Der Film lebt von Details, von einem farblich wohl gewähltem und abgestimmten Design, seiner schwebenden Angst und seiner exzellenten Kameraführung. Hier wird so viel richtig und verdammt gut gemacht, dass der Unterschied zu schnell und (im Vergleich) planlos runtergekurbelten US-Pendants mehr als ersichtlich wird (überflüssig zu erwähnen, dass es natürlich schon ein US-Remake gibt). 

 
Was die Story um die traumatisierten Schwestern dann deutlich nach oben hebt ist sein letztes Drittel, das die Erwartungshaltungen entweder bricht oder bestätigt - je nach Sichtweise - ohne Zweifel jedoch fast magnetisch an den Bildschirm fesselt und wirklich erst bis zu den letzten Einstellungen mit der vollständigen Erklärung zögert. Das hat Kim natürlich nicht erfunden, setzt es dafür famos und wahnsinnig effektiv um. Der Film fordert praktisch zum erneuten Ansehen auf und wird vielleicht erst dann manche Zuschauer richtig begeistern. Das das hier so oder so ein wunderbares, handwerklich großartiges Werk ist, dürfte sich wohl sofort jedem erschließen. Wunderschön, traurig, ruhig und dabei mordsspannend. Wenn dem Mann jetzt noch im Land der (un)begrenzten Möglichkeiten freie Hand gelassen wird (was zu bezweifeln ist), dürfte noch einiges auf uns zukommen. Und wenn nicht, Korea ist inzwischen ja auch kein Film-Exot mehr.

 
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