Jute statt Plastik? Verpackungen sind in der Regel nur ein kleiner sichtbarer Teil eines komplizierten Systems von Stoffkreisläufen. Schauen wir uns das Problem anhand der Faustregel “reduce, reduce, recycle” näher an:
Waren, Produkte, Lebensmittel – alles ist verpackt. Verpackung schützt, macht lagerfähig, informiert und verführt. Irgendwann aber landen fast alle Verpackungen auf dem Müll, was in den meisten Ländern “Deponie” bedeutet. In Deutschland nimmt die Verpackungsverordnung die Hersteller für die Entsorgung ihrer Verpackungen in die Pflicht und war damit 1991 weltweit einzigartig. Die Hersteller, die nicht selbst einsammeln, zahlen an das Duale System Deutschland (DSD), das den „Grünen Punkt“ vergibt und die Sammlung übernimmt. Zu teuer und letztlich nur teilweise ökologisch sinnvoll sei das Experiment DSD, räumt inzwischen auch das Umweltbundesamt ein. Das DSD ist mittlerweile wegen besserer Mülltrennungs-Technologien eigentlich überflüssig und – was noch viel schlimmer ist – hat Einwegverpackungen fälschlich mit dem Siegel „grün“ versehen. Was kann man also tun?
Reduce – Reduzieren
Das Weglassen von übermäßiger Verpackung ist die nachhaltigste Verpackungsstrategie. Ein gutes Beispiel sind Getränkeverpackungen, die einen großen Teil des Müllaufkommens ausmachen – vor allem angesichts der Tatsache, dass Wasser aus dem Hahn keinerlei Ressourcen verschwendet! Doch der globale Trend ist gegenläufig: Der Absatz von Wasserflaschen ist in den letzten Jahren deutlich angestiegen. Bei jährlich 26,5 Milliarden produzierten 0,5l Flaschen (Euromonitor) wird klar, dass reine Recyclingstrategien keine Lösung des Problems darstellen.
Reuse – Wiederverwenden
Die umweltfreundlichsten Getränkeverpackungen sind Mehrwegflaschen (Umweltbundesamt). Als System ist das einfach, wirtschaftlich, ökologisch: Über 50-mal lässt sich eine Glasflasche verwenden (PET:25-mal). Ökologisch auch deshalb, weil die leeren Flaschen nicht weit transportiert werden müssen, wenn der nächstgelegene Abfüller sie befüllt. 1969 eingeführt, ist das deutsche Pfandsystem heute leider auf dem absteigenden Ast. Durch die Einführung individueller Marken-Flaschen wurde das Pfandsystem quasi unterwandert, nur noch knapp 50% des Mineralwassers wird in Glas- und PET-Mehrweg in den Handel gebracht. Für die Verbraucher ist der Unterschied zwischen Einweg- und echten Mehrwegverpackungen unklar, denn beide sind Pfandflaschen. Wenns also im Rückgabeautomat rappelt, hast Du Plastikmüll erzeugt.
Recycle – Wiederverwerten
Ein Nachteil des Recyclings ist, dass – bei vertretbarem Aufwand – das Material nicht mehr die ursprüngliche Qualität und Verarbeitbarkeit erreicht. Die Verfahren zur Rückgewinnung werden zwar immer besser, dennoch ist gerade PET, neben Verbundstoffen wie Tetrapaks, problematisch. Entgegen der Angaben der Einweg-Lobby gibt es eben nicht genug Anlagen, die den Papier-Alu-Kunststoff-Verbund der Tetrapaks wieder lösen. Und nur ca. 20% der PET-Flaschen werden wieder zu Flaschen – ein Großteil erfährt als Polyesterfaser ein Downcycling. Noch dazu werden die PET-Abfälle meist als Sekundärrohstoffe um die ganze Welt verschifft, bevor sie als bunte Fleece-Pullover wieder bei den uns, den Käufern landen. Auch Recyclingpapier macht zurzeit Schlagzeilen, weil gesundheitsschädliche Mineralöle aus den enthaltenen Druckfarben in die Lebensmittel gelangen. Recycling erfordert also Kontrolle über den gesamten Kreislauf, damit es auf allen Ebenen funktioniert.
Bioplastics – Fluch oder Segen?
Unter Bioplastics versteht man Kunstsoffe, die aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt werden – oder einfach nur biologisch abbaubar sind. “BIO” heißt hier aber nicht “ökologisch unbedenklich“, es gibt Bioplastik aus Pflanzenstärke oder -öl, das nicht kompostierbar ist, und andere die aus Erdöl bestehen und im Kompost verrotten. Bis zu 70% der heute verwendeten Kunststoffe könnten künftig durch Bioplastik ersetzt werden – daran wird angesichts der schwindenden Ölreserven gearbeitet.
Nachhaltige Botschaften
Verpackung transportiert Werte: Fairer Handel, biologische Erzeugung – all das soll über das Design der Verpackung kommuniziert werden. Denn nicht nur Aufopferung und Verzicht stehen für die heutigen Käufer auf dem Programm, sondern einfach der Wunsch, sich selbst und der Welt etwas Gutes zu tun. Design hat letzendlich geholfen den umweltbewussten Konsum zum Megatrend zu machen. Gar nicht so einfach, denn die Wahl der Verpackung rührt oft an Verbrauchsritualen. Beispiel Wein: Nach Stoffkreisläufen gerechnet ist nicht die traditionelle Glasflasche die nachhaltigste Verpackung für Wein, sondern der Kunststoffbeutel. Na, welcher Wein hat Dein Vertrauen?
weiterführende Links:
> Forum PET
> Biologisch abbaubare Kunststoffe / Umweltbundesamt
> NABU zum Thema Glasflaschen
(Birgit S. Bauer ist Autorin und Herausgeberin der Diskurs-Plattform designkritik,
die sich für die Vermittlung von Designtheorie und -kritik stark macht.)
> www.designkritik.dk