Rettet den Käsegang!!!

    Der Käsegang ist eine wunderschöne Tradition, die überwiegend in der klassischen Sterne-Gastronomie gepflegt wird. Nach dem Hauptgang schwebt ein Kellner mit jeder Menge Sachverstand und einem Wagen voll bestens gereifter Käse herbei. Dann passiert das Unausweichliche: man nimmt sich vor, trotz der verführerischen Auswahl aufgrund des bereits eingetretenen Sättigungsgrades nur jeweils ein winziges Stück der attraktivsten Vertreter zu probieren. Und doch endet das Ganze wie es enden muss: man sucht viel zu viel aus, futtert den köstlichen Käse bis aufs letzte Fitzelchen auf und ist so satt, dass der anschließende Dessert- und ggfs. Pralinen-Gang im Prinzip ausfallen könnte.

    Dies ist übrigens auch ein Grund, warum das Konzept des Käsewagens, ähnlich wie das Brot, mit der fortschreitenden Modernisierung der Sterne-Gastronomie Stück für Stück ins Abseits gedrängt wird.

    Ich kann diese Entwicklung grundsätzlich verstehen, denn insbesondere in großen Menus ist der gehaltvolle Käsegang häufig schlicht ein Zuviel an Kalorien, zumal ein klassischer, prall mit dem Besten vom Besten bestückter Käsewagen Zurückhaltung bei der Auswahl nahezu unmöglich macht. Dennoch finde ich die Entwicklung schade. Denn wo hat man heute noch die Möglichkeit, bestens gereiften Käse in herausragender Qualität und – im Optimalfall – ideal temperiert zu probieren?

    Eine schöne Alternative bietet zum Abschaffen des Käses ist das Konzept, den Käsegang als eigenes Gericht zu servieren…

    Dieses Konzept hat vor einigen Jahren Einzug in die Gastronomie gehalten und ist eine wirklich tolle Idee. Denn sie hält den Käsegang am Leben, entschlackt ihn insbesondere hinsichtlich der Menge und etabliert ihn als kreative Spielwiese.

    Denn Kombinationsmöglichkeiten gibt es, selbst wenn man sich nur an die Klassiker hält, jede Menge:

    Trauben

    Fast banal, dennoch ungeheuer vielseitig. Man kann die Weintrauben roh kombinieren. Man kann sie aber auch backen, zu einem Eis verarbeiten, trocknen oder in Form von Wein oder Verjus verarbeiten.

    Senf

    Senf ist in dieser Auswahl mit Sicherheit die vielseitigste Zutat, umfasst das Thema Senf doch neben den bekannten Senfsorten incl. Wasabi auch die Gemüse der Kohlfamilie, die alle Senföle enthalten. Als da wären: alle Rettich-Spielarten, alle Kohl-Sorten, alle blättrigen Senf-Sorten.

    Früchte

    Es eignen sich nahezu alle Früchte. Grundsätzlich gilt jedoch: dem Käse tut Säure gut. Ananas, Himbeere & Co passen besonders gut.

    Roher Schinken

    Schinken und Käse ist nicht umsonst eine klassische Kombination. Besonders gut sind nussige Varianten.

    Nüsse

    Ebenfalls ein Klassiker. Die Auswahl ist riesig. Walnuss geht immer, mir fällt allerdings auch keine Nuss-Sorte eine, die nicht geeignet wäre.

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    Kleiner Exkurs

    Die Käse sind übrigens häufig deshalb bestens gereift, weil sie aus der Hand eines Affineurs stammen. Der geht dem beneidenswerten Beruf nach, Käse zu hegen und zu pflegen und mit viel Sachverstand und Erfahrung jeden einzelnen zur perfekten Reife zu bringen.

    Der große Mann der Affineurs-Zunft heißt Bernard Antony. Er betreibt sein Geschäft im Elsass unweit der französischen Grenze. Wenn Ihr dort mal in der Nähe seid oder – noch besser – um die Ecke wohnt, dann macht einen Umweg und fahrt bei ihm vorbei. Es lohnt sich. Monsieur Antony verfügt über ein goldenes Händchen und die einmalige Gabe, aus Käse das Beste herauszuholen. Er hat es zum Beispiel bei mir geschafft, aus dem vormals strikt abgelehnten Stilton einen Lieblingskäse zu machen. Und ganz nebenbei: die Preise sind erstaunlich fair kalkuliert.

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    Kurze Anmerkung zu Inspiration und Käse

    Die Idee zu diesem Gericht stammt nicht von mir sondern vom Team des Restaurant Agatas in Düsseldorf. Das Team um Jörg Wissmann verwendet für dieses Gericht als Käse Comté. Ich habe den Comté für dieses Gericht durch einen Bergkäse ersetzt, der in der Familie aufgrund seiner Intensität zu Diskussionsbedarf geführt hat. Ich fand den Bergkäse gut, meine Frau nicht. Der Harmonie des Gerichtes tut es vermutlich wirklich gut, wenn man den milderen Comté verwendet. Die Marinade für den Grünkohl sollte übrigens nicht zuviel Säure und gerne etwas mehr Süße haben, sonst hat es der Käse schwer. Mit den Weintrauben könnte man noch etwas großzügiger sein als auf dem Foto.

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    Zum Rezept

    Eingelegter Kohlrabi

    2 Kohlrabi
    120 ml Reisessig
    140 g Zucker
    120 ml trockener Weißwein

    Die Kohlrabi schälen und mit einem Spiralschneider Spaghetti-förmig schneiden. Alternativ kleine Kügelchen ausstechen. Alle Zutaten außer dem Kohlrabi aufkochen und den Sud über den Kohlrabi geben. Eine Stunde bei Zimmertemperatur ziehen lassen, dann den Sud abgießen.

    Man sollte den Kohlrabi nicht allzu lange im Voraus zubereiten – er wird bei zu langer Lagerung deutlich weich.

    Marinierter Grünkohl

    Grünkohl
    1 TL Mirin
    1 TL Sake
    ½ TL Senf
    Etwas Wasabi
    1 – 2 EL Reisessig
    3 – 4 EL neutrales Öl, z.B. Rapsöl
    1 – 2 TL Honig
    Salz
    Pfeffer

    Den Grünkohl vom Strunk schneiden und gut waschen und abtropfen lassen. Alle weiteren Zutaten zu einer Marinade verrühren. Die Marinade darf etwas ins Süße gehen. Bis zur Verwendung kalt stellen.

    Anrichten

    Alle Komponenten von oben
    Bergkäse, besser vielleicht Comté (s.o.)
    Scheiben von gutem Roggenmischbrot, ggfs. geröstet
    Eingelegte Senfkörner
    Radieschen-Kresse
    Rettich-Kresse
    Weintrauben, kernlos

    Den Kohlrabi wie Spaghetti auf einer Gabel aufrollen und in die Mitte eines großen runden Teller legen. Brot, Weintrauben, Kresse und Senfkörner darum anrichten, am Ende den Grünkohl kurz durch die Marinade ziehen, abtropfen lassen und oben auf den Kohlrabi geben.

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    Applaus ist das Brot des Künstlers!

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