Retrospektive: NPD und CSU

Von Hartstein

Wisst Ihr noch 1969:

Bundestagspräsident Kai-Uwe von Hassel: “Die NPD ist keine neonazistische Partei.”

Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger: “Wir aber wissen hier, daß die NPD nicht neonazistisch ist.”

„…Über Franz Josef Strauß und seine CSU ist die Union der Thadden-Partei ohnehin in vielem politisch verbunden. CSU und NPD sind sich zum Beispiel einig in ihrem Kampf

* gegen die “Kriegsschuldlüge” (Strauß: “Wir weisen die Behauptung der Alleinschuld oder Hauptschuld Deutschlands an den Weltkriegen entschieden zurück”);

* gegen die Verlängerung der Verjährungsfrist von NS-Verbrechen (“Bayernkurier”: “Wäre es nach der CSU gegangen, dann wäre diese viel mißbrauchte Art der Vergangenheitsbewältigung jetzt aus der Welt”);

* gegen die “Verzichtpolitiker” (Thadden) in SPD und FDP (CSU-MdB Richard Jaeger: “Wer die völkerrechtlich unangreifbare Position der Reichsgrenzen von 1937″ aufgebe, “verschleudert die Lebensrechte unseres Volks”);

* gegen die Annullierung des Münchner Abkommens von 1938 (CSU-MdB Walter Becher: “Wir lehnen es vor allem ab, mit dem Ruf nach Annullierung des Münchner Abkommens das Verbrechen der Vertreibung zu legalisieren”);

* gegen den Atomwaffen-Sperrvertrag (Strauß: “Ein Versailles von kosmischen Ausmaßen”);

* gegen die Innere Führung der Bundeswehr (“Bayernkurier”: “Zersetzung dar Disziplin”; NPD-Organ “Deutsche Nachrichten”: “Man muß unseren Soldaten das Vaterland wiedergeben”);

* gegen die Gewerkschaften (“Bayernkurier”: Die IG Metall stehe in Nachbarschaft zu “kommunistenfreundlichen Elementen”; Deutsche Nachrichten”: Die Gewerkschaften führen “geradewegs in die Arme der Machthaber Moskaus);

* gegen eine rechtliche Behandlung linker Studenten (Strauß: “Die Apo-Leute benehmen sich wie die Tiere, für welche die Anwendung der für Menschen gemachten Gesetze nicht möglich ist”; “Deutsche Nachrichten: “Typen, die eigentlich nur das Interesse der … Straßenreinigung erwecken sollten”);

* für ein atomar gerüstetes Europa (Strauß fordert wie die NPD eine “europäische Nuklearstreitmacht”);

* für eine Politik der Stärke (Strauß: “Man kann sich auf die Dauer nicht als wirtschaftlichen Riesen in Anspruch nehmen und als politischen Zwerg behandeln lassen”; “Deutsche Nachrichten”: “Wirtschaftlich ist die Bundesrepublik eine Weltmacht, doch politisch ist sie ein Nichts, ein Spielball der Interessen fremder Mächte”).
Wenn diese Interessengemeinschaft im Bundestag wirksam werden soll, muß freilich die NPD am 28. September die Fünf-Prozent-Hürde überspringen. Ihr dabei geholfen zu haben, wäre dann das zweifelhafte Verdienst von Parlamentspräsident und Bundeskanzler.

Adolf von Thadden weiß das zu würdigen: “Nun endlich befindet sich auch die Bundesregierung mit den wirklichen Gegebenheiten in Einklang.”“

aus DER SPIEGEL 32/1969

Quelle: http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-45740919.html